„Wir schlagen ein neues Kapitel in der über 125-jährigen Geschichte des öffentlichen Nahverkehrs in Kassel auf“, so KVG-Vorstand Olaf Hornfeck anlässlich der Vorstellung des neuen KVG-Verkehrskonzepts in der vergangenen Woche. „Mit unseren ersten vollelektrischen Bussen leiten wir den Technologiewechsel auch für unsere gesamte Busflotte ein.“ Diese Busse leisteten durch ihren emissionsfreien Antrieb einen wesentlichen Beitrag zur Verkehrswende der Stadt, die sich Klimaneutralität bis 2030 zum Ziel gesetzt habe.

Alle Mitarbeiter der KVG hätten in bewährter Teamarbeit an einem Strang gezogen, um das herausfordernde "Projekt Elektrobusse" gemeinsam zu realisieren. Nun liefen die Vorbereitungen für ihren Einsatz auf Hochtouren. Bis die Busse in den Fahrgastdienst gestellt werden könnten, läge noch viel Arbeit vor der KVG. „Ein vollelektrischer Bus ist nicht mit Dieselbussen vergleichbar“, erläutert Karten Kamutzki, Leiter des KVG-Bereichs Verkehr und Technik und KVG-Betriebsleiter. „E-Busse charakterisieren eine völlig andere Technikgeneration, vergleichbar mit dem Sprung vom ersten Handy zum Smartphone.“

Bei Testfahrten auf unterschiedlichen Strecken soll zunächst vor allem die Reichweite der Batterien geprüft werden. Nach Herstellerangaben beträgt diese mindestens 220 Kilometer bei den Solo- und 170 Kilometer bei den Schubgelenkbussen. Ein Elektrobusbetrieb in einer Stadt wie Kassel mit ihren starken Steigungs- und Gefällstrecken und langlaufenden Linien sei anspruchsvoll. Darüber hinaus will die KVG auch Erfahrungen über Einflüsse wie Witterung, Verkehrslage, unterschiedliche Auslastung mit Fahrgästen (anhand von Ersatzgewichten) sammeln. Die Zwischenladestation an der Endhaltestelle und Wendeschleife „Holländische Straße“ soll hier ins Gesamtsystem eingebunden werden. Auf Grundlage dieser Ergebnisse will die KVG das geplante Einsatzkonzept der Busse im Stadtgebiet Kassel verifizieren. Auf dem Programm stehen außerdem die Schulung der rund 200 KVG-Busfahrer und des Werkstattpersonals. Auch muss die künftige Abstellfläche der Busse auf dem neuen KVG-Gelände Sandershäuser Straße 59 (ehemals Gelände der Firma Hübner) noch fertiggestellt werden. Nach der Inbetriebnahme eines Prüfstandes für das Gesamtsystem Elektrobus, Pantograph und Ladevorgang wird in der KVG-Buswerkstatt noch ein neuer Dacharbeitsstand gebaut.

 

Von rechts: Karsten Kamutzki, Leiter des Bereichs Verkehr und Technik sowie
Betriebsleiter der KVG, sowie KVG-Vorstand Dr. Olaf Hornfeck mit Mitgliedern des
Projektteams, die die Beschaffung der zwölf neuen Solarisbusse vorbereitet hat und ihre
Inbetriebnahme begleitet                                                          KVV GmbH / Bernd Schoelzchen

 

Zum Hintergrund

Die von der KVG erworbenen Elektro-Schubgelenkbusse verfügen über je 38 Sitz- und 68 Stehplätze, Solofahrzeuge über 26 Sitz- und 45 Stehplätze, Ladebuchsen für Handys und Tablets sowie zwei Mehrzweckbereiche etwa für Rollstühle oder Kinderwagen. Die zwölf Busse sind der erste Schritt der KVG in Richtung Umstellung ihrer Dieselbusflotte mit aktuell 80 Fahrzeugen auf emissionsfreie Antriebe bis zum Jahr 2030. Anschließend will die KVG einen emissionsfreien Verkehr auf ihren acht Straßenbahn- und 16 Buslinien anbieten können. Im Vorfeld der Bestellung der Elektrobusse hatte die KVG in einer Machbarkeitsstudie untersucht, wie die Einführung des Elektrobussystems in der Stadt Kassel gelingen könne. Dabei hat sie unter anderem ermittelt, welche Anforderungen Elektrobusse für den Einsatz in der Stadt Kassel erfüllen müssen, auf welchen Linien sie verkehren können und wie das Ladekonzept einschließlich Lademöglichkeiten und Stromversorgung aussehen muss. Um die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie in der Praxis zu überprüfen, hatte die KVG im Jahr 2022 Elektrobusse verschiedener Hersteller getestet, ehe sie im Januar 2023 nach europaweiter Ausschreibung bei Solaris die ersten zwölf E-Busse bestellte.

Die stationäre Ladeinfrastruktur soll im Februar 2024 auf dem KVG-Gelände in der Sandershäuser Straße in Betrieb gehen. Zwölf Ladepunkte an sechs Doppellademasten mit jeweils maximal 150 kW Ladeleistung zum nächtlichen Laden sind geplant. Ein weiterer Mast mit bis zu 350 kW ist an der Wendeschleife Holländische Straße für das Laden von jeweils einem Elektrobus am Ende seiner Linie vorgesehen. Gebaut wird die gesamte Ladeinfrastruktur von dem Dinslakener Unternehmen SBRS GmbH. Geladen wird mittels Pantograph, auch im Depot. Die Akkus der Busse beruhen auf der gängigen NMC Chemie (Lithium Ionen mit Nickel-Mangan-Cobaltoxid). Bei den Solobussen befinden sich je zwei Batterien im Heck und auf dem Dach mit jeweils 88 kWh Kapazität, bei den Schubgelenkbussen sind zwei Batterien im Heck und vier auf dem Dach mit je 88 kWh untergebracht. Der Strom für die vollelektrischen Busse der KVG soll zu 100 Prozent aus europäischer Wasserkraft sowie Regionalstrom vom Windpark Stiftswald stammen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWI) fördert 80 Prozent der Mehrkosten eines neuen Elektrobusses gegenüber einem Dieselbus und 40 Prozent der Ladeinfrastruktur. Die zwölf E-Busse kosten insgesamt etwa zehn Millionen Euro, die Ladeinfrastruktur rund 2,3 Millionen Euro.