Die CDU im Landtag zweifelt mit Blick auf den Fachkräftemangel daran, dass Baden-Württemberg seine Klimaschutzziele im Verkehr erreichen kann. „Der Engpass werden die Busfahrer sein. Die Unternehmen schlagen jetzt schon Alarm, dass Tausende Fachkräfte fehlen“, sagte Thomas Dörflinger, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Die Grünen zeigten sich verwundert über den Vorstoß der CDU, die oppositionelle FDP frohlockte ob der Uneinigkeit in der Koalition.

Um die Klimaziele zu erreichen, will das Land möglichst viele Menschen zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel bewegen. Bis 2026 sollen alle Bürgerinnen und Bürger eine sogenannte Mobilitätsgarantie bekommen. Dann soll in Hauptverkehrszeiten auf dem Land mindestens alle 30 Minuten ein Bus fahren, in Ballungszentren mindestens alle 15 Minuten. Dafür müsste der Nahverkehr aber gegenüber dem Status Quo deutlich ausgebaut werden.

 

Keine Erkenntnisse über die Zahl des benötigten Personals
Wie viel Personal mehr zur Umsetzung der Garantie konkret gebraucht wird, ist noch unbekannt. Dazu lägen keine Erkenntnisse vor, heißt es in einer Antwort des Verkehrsministeriums auf eine Anfrage Dörflingers. Das hält der CDU-Abgeordnete für befremdlich. „Das Personal ist der zentrale Punkt, um eine Mobilitätsgarantie umsetzen zu können.“ Er fordert deswegen eine Neubewertung der Ziele, es brauche einen „Realitätscheck“. „Man sollte keine Erwartungen wecken, die man nicht erfüllen kann“, mahnte Dörflinger.

Schon heute fehlen im Südwesten etwa 2500 Busfahrerinnen und -fahrer, schätzt der Verband baden-württembergischer Omnibusunternehmen (WBO). „Perspektivisch dürfte die Zahl noch deutlich weiter ansteigen“, sagte eine Sprecherin. Das beeinflusst die Zuverlässigkeit des Nahverkehrs. Einschränkungen durch Personalengpässe „können zum jetzigen Zeitpunkt für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden“, gibt auch das Verkehrsministerium in seiner Antwort zu.

Es hält die Mobilitätsgarantie allerdings für umsetzbar. „Mit einer ausreichenden Finanzausstattung wird es möglich sein, die Mobilitätsgarantie bis 2026 zu gewährleisten“, sagte ein Sprecher von Minister Winfried Hermann (Grüne). Man brauche aber rasch Sicherheit bei der Finanzierung. Vor allem im ländlichen Raum gebe es starke Aktivitäten zum Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV).

Die Kritik des Koalitionspartners kann man im Ministerium deswegen nicht nachvollziehen. „Wir sind verwundert, weshalb die CDU-Fraktion jetzt Zweifel an der Umsetzung der Mobilitätsgarantie hegt“, sagte der Sprecher. Man gehe davon aus, dass die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Mobilitätsgarantie nicht infrage stehe.

 

Fahrermangel "bereits zur Chefsache gemacht"

Michael Joukov, der für die Grünen im Verkehrsausschuss des Landtags sitzt, erklärte am Wochenende: „Wir gehen fest davon aus, dass sich die CDU als verlässlicher Partner erweist und zur Umsetzung dieser gemeinsamen Koalitionsvereinbarung steht.“ Die Mobilitätsgarantie sei ein zentraler Baustein, die Klimaschutzziele im Verkehrssektor zu erreichen. Die Regierungsfraktionen hätten sich auf den Ausbau des Nahverkehrs geeinigt. „Wie auch Herrn Dörflinger bekannt sein sollte, haben wir den Fachkräftemangel bereits zur Chefsache gemacht.“

 

Den Ausbau des ÖPNV hatte die grün-schwarze Koalition bereits im Koalitionsvertrag vereinbart. Ziel sei, die Fahrgastzahlen bis zum Jahr 2030 zu verdoppeln. Dabei soll auch die Mobilitätsgarantie helfen. Sie soll in einem ersten Schritt während der Hauptverkehrszeiten greifen. Auf dem Land setzt das Verkehrsministerium dafür auch auf Kleinbusse oder Sammeltaxis, die Nutzer dann bei Bedarf rufen können („On Demand-Verkehr“).

 

FDP ätzt über „Ehe-Aus“ der Koalitionäre

Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Christian Jung, erklärte am Montag: „Das Ehe-Aus zwischen Grünen und CDU ist bemerkenswert. Denn die Zerrüttung ist nun in der Verkehrspolitik offen sichtbar.“ Im Haushalt seien in den kommenden Jahren keine Mittel für den „utopischen ÖPNV-Ausbau“ eingestellt. Die FDP hält eine flächendeckende ÖPNV-Versorgung von Baden-Württemberg zwischen 5.00 und 24.00 Uhr für unrealistisch, nicht finanzierbar, in vielen Fällen ökologisch und ökonomisch unsinnig und betont seit langem, sie sei wegen des Fahrermangels bei Bus und Bahnen nicht durchführbar.