MAN treibt seine Elektrifizierungsoffensive weiter voran, so heißt es aus freudig München. Quer durch Europa seien die E-Busse des Konzerns auf der Linie unterwegs, weit mehr als 1.000 Fahrzeuge seien bereits bestellt. „Unsere Kunden sind begeistert von der Zuverlässigkeit und dem Komfort unserer Lion’s City E Familie. Wir wollen noch deutlich mehr Elektrobusse auf die Straße bringen und so nachhaltige Mobilität vorantreiben", erklärt Robert Katzer, seit März Head of Sales & Product Bus bei MAN Truck & Bus. Ab sofort ergänzt der neue Midibus MAN Lion’s City 10 E die Familie der elektrischen Linienbusse (siehe unseren Bustest in Heft 2/23 auf S. 21). Erstmals konnten internationale Fachjournalisten den wendigen eBus pilotieren – auf kurviger Berg- und Talfahrt durch die Dolomiten. „Mit dem Praxistest in Südtirol zeigt unser Elektrobus erneut, dass man schon heute emissionsfrei, zuverlässig und effizient unterwegs sein kann. Und das in topografisch anspruchsvollem Gelände genauso, wie  auf den klassischen, oft flachen ÖPNV-Routen ", so Katzer.

 

Kurzer Radstand und kleiner Wendekreis

Mit 10,5 Metern Länge, 4,40 Metern Radstand und einem rekordverdächtigen Wendekreis von 17,2 Metern ist der Midibus wie geschaffen für die engen und kurvigen Straßen in der Südtiroler Bergwelt. Kleiner Wermutstropfen ist jedoch die von den großen Brüdern beibehaltene Breite von 2,55 Metern. Bergauf zieht der mit fünf Batteriepacks auf dem Dach bestückte Elektrobus dank sofort anstehendem vollem Drehmoment unnachgiebig nach vorn. Geht es bergab, fließt dank elektrischer Rekuperation (Energierückgewinnung) wieder jede Menge Energie zurück in die Akkus. Im MAN Lion’s City 10 E sind die bewährten Lithium-Ionen-Batterien mit NMC-Chemie aus dem VW-Konzern verbaut. Auf dem Dach des Busses finden vier oder fünf Batteriepacks Platz, je nach Kundenwunsch. Bei voller Bestückung stehen 400 Kilowattstunden Energie zur Verfügung, bei vier Modulen dann noch 320 kWh ­- jedoch deutlich mehr Stehplätze statt der 550 kg Gewicht. Der Bus schafft mit voller Bestückung bis zu 300 Kilometer Reichweite, liefert eine Spitzenleistung von 240 kW/326 PS und ein maximales Drehmoment von 3.500 Newtonmetern. Platz nehmen können in dem eBus maximal 33 Personen, insgesamt passen bis zu 80 Fahrgäste in den Innenraum. Angetrieben wird der neue Midibus vom gleichen elektrischen Zentralmotor nach Synchronprinzip wie die anderen Lion’s City E Modelle, der von Scania zugeliefert wird.

 

Zur echten "Bergziege" fehlt dem MAN Lion's City 10 E kaum etwas.          Foto: MAN Truck&Bus

 

„Gute Fahrwerksabstimmung, direktes Lenkverhalten"

Beim Praxistest geht es über unzählige Serpentinen hinein ins Grödnertal, hoch aufs Grödnerjoch, weiter zum Passo Valparola, ins malerische Meransen und nach einem kurzen Abstecher über den Brenner wieder zurück zum Ausgangspunkt nach Klausen. Zur Wendigkeit des MAN Lion’s City 10 E trägt neben dem kurzen Radstand und dem kleinen Wendekreis auch das ausgereifte Fahrwerk mit Einzelradaufhängung und 56 Grad großem Einschlagwinkel bei. „Die gute Fahrwerksabstimmung, ein schönes und direktes Lenkverhalten sowie verkürzte Achsabstände bringen auf dieser anspruchsvollen Strecke große Vorteile. Der Bus ist sehr wendig, das Gewicht der Batterien von rund drei Tonnen macht sich in den Kurvensituationen dank adaptiver PCV-Dämpfer kaum bemerkbar," erklärt Fahrexperte Heinrich Degenhart von MAN ProfiDrive. Und wenn es mal besonders eng und kurvig wird, helfen beim kleinen Elektrobus moderne Sicherheitssysteme wie ESP, der aktiv warnende Abbiegeassistent von Mobileye, taghelle LED-Scheinwerfer oder das optionale kamerabasierte MAN OptiView Spiegelersatzsystem. Die Abwesenheit von ausladenden Spiegelarmen trägt ebenso zur Wendigkeit in engen Bergdörfern bei, die der „Bergziege“ nachgesagt wird.

 

Rekuperation bergab bringt große Mengen Energie zurück

Die Strecke hinauf zum Grödnerjoch (2.121 Meter über Normal Null) ist besonders kurvig, hier zeigt der Midibus sein ganzes Können und nimmt jede Haarnadelkurve mit Bravour. Auf der nachfolgenden neun Kilometer langen Abfahrt nach Corvara rekuperiert der Bus große Mengen Energie, sodass seine Batterie fast wieder voll ist – mit Spitzenwerten von über 200 Kilowatt Aufladung (der Fahrer sieht diese auch im Powermeter des Dashboards). Nach dreitägigem Praxistest und insgesamt 531 Kilometer Strecke mit unzähligen Kurven – der tiefste Punkt liegt auf 523 Metern (Klausen), der höchste auf 2.168 Metern (Passo Valparola) – zeigt sich auf dieser Berg- und Talfahrt im Vergleich zu einer klassischen ÖPNV-Runde auf ebener Strecke fast kein Unterschied beim Energieverbrauch: Er liegt im Ziel bei durchschnittlich 0,77 Kilowatt pro Kilometer. Die neuralgische Rekuperationsrate, also die Energie, die im Vergleich zur Antriebsenergie beim Bremsen zurückgewonnen wurde, betrug annähernd 50 Prozent. Ein sehr guter Wert, rechnet man in flachem Geläuf doch in etwa mit 20 Prozent. „Ein herausragender Wert und auch die Kombination aus kompaktem Fahrzeug und Performance hat mich voll überzeugt. Unser MAN Lion’s City 10 E ist die perfekte Lösung für enge und herausfordernde Linien, bei gleichzeitigem Komfort für die Fahrgäste", sagt Stephan Rudnitzky, Launch Manager MAN Lion’s City 10 E. „Nach dieser anspruchsvollen Dolomitentour bin ich voll und ganz zufrieden mit unserem neuen MAN Lion’s City 10 E. Der Bus erfüllt alle Kriterien, die wir uns bei der Entwicklung vorgestellt haben. Er ist effizient, komfortabel, extrem wendig und somit der perfekte Begleiter auf anspruchsvollen Strecken", resümiert Heinz Kiess, Head of Product Marketing Bus bei MAN Truck & Bus.

 

Die anspruchsvolle Streckenführung überwindet insgesamt über 10.000 Höhenmeter.   Grafik: MAN Truck&Bus