In einem gemeinsam von 15 Verbänden verfassten Mitteilung äußert die Tourismusbranche ihre Skepsis gegenüber dem Konjunkturpaket. Es enthalte einige kleinere positive Elemente, sei aber nicht der angekündigte große Wurf, lautet die Kritik. Begrüßenswert sei, dass die lange geforderten direkten finanziellen Beihilfen für besonders betroffene Branchen und damit auch die Tourismuswirtschaft Einzug in das von der Bundesregierung geschnürte Konjunkturpaket gefunden haben, heißt es in der Mitteilung. Gleiches gelte für die temporäre Mehrwertsteuersenkung bis Ende des Jahres.

Zweifel haben die Branchenverbände allerdings daran, ob die Maßnahmen die gewünschte Wirkung entfalten. Viele Fragen müssten nach Ansicht der Verbände noch geklärt werden. Bemängelt wird vor allem auch, dass eine Lösung für die Kundengeldrückzahlungen der in der Coronakrise stornierten Veranstalterreisen fehle. Der Politik wird vorgeworfen, dass die dramatischen Auswirkungen der Pandemie auf den gesamten Tourismus verkannt werden. Unisono fordern die Verbände eine deutliche Nachbesserung von der Großen Koalition.

Tourismus in Deutschland habe über Wochen aufgrund der politischen Vorgaben still gestanden und tue es in vielen Segmenten immer noch, betonen die Verbände. Selbst in den Branchenteilen, die unter Auflagen nun wieder starten durften, seien die Umsatzausfälle aufgrund der Auflagen weiterhin immens. Die beschlossenen, nicht rückzahlbaren Überbrückungshilfen seien deshalb überfällig, um viele Unternehmen der Branche vor der fast sicheren Insolvenz und damit auch Arbeitsplätze zu retten.

„Politik sieht tatenlos zu, wie Unternehmen sehenden Auges gegen die Wand fahren“

Die geplanten Summen pro Betrieb reichten allerdings nicht aus. Überbrückungshilfen für drei Monate würden zudem in der besonders betroffenen Tourismusbranche deutlich zu kurz greifen. Hier bleibe eine Ausweitung auf sieben Monate zwingend notwendig. Wer genau alles auf die Gelder zugreifen dürfe, bleibe abzuwarten. Von entscheidender Bedeutung sei, so die Forderung, dass die Maßnahmen sehr schnell und unbürokratisch greifen und zur Auszahlung kommen, um Insolvenzen in diesem Stadium abzuwenden.

Begrüßt wird der der reduzierte Mehrwertsteuersatz. Dieser könne im zweiten Halbjahr wichtige Impulse auf Unternehmens- und Kundenseite setzen, heißt es in der Mitteilung. Im Tourismus werde er allerdings nur Wirkung entfalten, wenn die Unternehmen der Tourismuswirtschaft auch wieder Angebote und damit Umsätze im nennenswerten Umfang machen dürften. Erste wichtige Schritte des Wiederanfahrens seien getan, zuletzt auch mit der Ankündigung, die generelle Reisewarnung für Europa in differenzierte Reisehinweise umzuwandeln. Weitere müssten allerdings folgen. Auch die geltenden Auflagen für touristische Dienstleistungen und Veranstaltungen gelte es, immer wieder zu überprüfen und da, wo es der Gesundheitsschutz zulasse, zu reduzieren.

Scharfe Kritik üben die Verbände vor allem an der nicht vorhandenen Lösung für die im Zuge der Coronakrise stornierten Reisen. „Hier sieht die Politik tatenlos zu, wie von der Coronakrise massiv betroffene Unternehmen sehenden Auges gegen die Wand fahren“, lautet der Vorwurf. Gefordert wird von den touristischen Verbänden ein ergänzender kreditbasierter Rückzahlungsfonds für die geleisteten Kundengelder. „Sonst droht der Kollaps vieler touristischer Unternehmen und mit ihm aller vorgelagerten Dienstleistungen“, mahnt die Branche und erläutert: „Tourismus mit seinen komplexen Prozessen funktioniert nur als Einheit.“

Und so soll es vonstattengehen: Aus dem Fonds sollten Unternehmen vorübergehend Geld entnehmen können, um ihren Kunden bereits gezahlte Gelder für pandemiebedingt stornierte Reisen rück zu erstatten. Es gehe dabei um Reisen, die aufgrund der Reisewarnung abgesagt und rückabgewickelt werden mussten. Nur wenn den Unternehmen diese notwendige Liquidität garantiert werde, könne ihr Überleben nachhaltig gesichert werden, verdeutlichen die Verbände. Und deshalb werde man nicht nachlassen, einen solchen Kreditfonds einzufordern.

 

Die Unterzeichner des Schreibens sind:

 

Benedikt Esser 

RDA Internationaler Bustouristik Verband e. V.

Christiane Leonard

Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO)

Michael Rabe

Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft e.V. (BTW)

Jochen Szech

asr Allianz selbständiger Reiseunternehmen - Bundesverband e.V.

Christian Günther

Bundesverband der Campingwirtschaft in Deutschland e.V. (BVCD)

Sebastian Worel

Bundesverband der Deutschen Incoming-Unternehmen e. V. (BVDIU)

Ingrid Hartges

DEHOGA Bundesverband e.V.

Michelle Schwefel

Deutscher Ferienhausverband e. V

Dirk Inger

Deutscher Reiseverband e.V. (DRV)

Norbert Kunz

Deutscher Tourismusverband e.V. (DTV)

Timo Feuerbach

EVVC Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren e.V.

Petra Thomas

forum anders reisen e.V.

Georg Ziegler

HSMA Deutschland e.V.

Holger Seidel

Reisenetz - Deutscher Fachverband für Jugendreisen e.V.

Michael Buller

Verband Internet Reisevertrieb e.V. (VIR