Dabei könne die Bundesregierung mit einer „zeitnahen ambitionierten Klimapolitik für den Verkehrssektor“ sogar etwas sparen im Vergleich zu einem verkehrspolitischen „Weiter-so“. Die Agora Verkehrswende, eine „Organisation für wissenschaftliche Politikberatung“ wirft der Bundesregierung vor, dass die aktuellen Maßnahmen die mit der Verkehrswende verfolgten Ziele verfehle.

In der Studie nahmen die Macher drei verschiedene Szenarien mit unterschiedlich weitreichenden Klimaschutz-Maßnahmen im Verkehrssektor unter die Lupe. Als Referenzszenario diente die aktuelle Verkehrswende-Politik einschließlich geplanter, aber noch nicht beschlossener Maßnahmen. „In diesem Referenzszenario sinken die Treibhausgasemissionen des Verkehrs bis 2030 auf 111 Millionen Tonnen und bis 2045 auf rund 15 Millionen Tonnen“, schreiben die Autoren. Damit werde sowohl das Klimaziel für den Verkehrssektor für 2030 sowie das Nullemissionsziel für 2045 verfehlt. 

Zwei weitergehende Szenarien beruhen auf der Annahme, dass ambitioniertere Klimaschutz-Programme ab 2025 (Szenario „Wende 2025“) beziehungsweise ab 2030 („Wende 2030“) aufgelegt werden. In diesen beiden Varianten würde die Klimaneutralität im Verkehr bis 2045 erreicht. Das „Wende 2030“-Szenario wäre dabei allerdings mit deutlich höheren Ausgaben verbunden – auch im Vergleich zum Referenzszenario, in dem alles so bleibt, wie aktuell. Dort müssten in kürzerer Zeit noch mehr Anstrengungen unternommen werden, um die Klimaneutralität noch zu erreichen.

 

Ziel: Weniger Autoverkehr

Alle drei Szenarien gehen von der gleichen Menge an Mobilität aus. Doch diese verteilt sich je nach Variante unterschiedlich auf die einzelnen Verkehrsträger. Der ÖPNV mit Bus-, Bahn-, Fahrrad- und Fußverkehr spielt in den Szenarien 2025 und 2030 langfristig eine deutlich größere Rolle als beim Referenzszenario. Dort nehme die Bedeutung des Autoverkehrs bis 2045 sogar zu, weil im Vordergrund nicht die Reduzierung des Autoverkehrs stehe, sondern der Ersatz von Verbrennern durch Elektroantriebe.

Der Elektroanteil liege beim „Wende 2025“-Szenario deutlich höher als im Referenzszenario und am höchsten in der Variante „Wende 2030“. Beide Wege gehen von einer deutlichen Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs aus. 

Würde die Bundesregierung alles so weiterlaufen lassen wie bisher, müsste sie für die Verkehrswende bis 2045 – indirekte Kosten für Klimaschäden infolge des Weiteren CO2-Ausstoßes eingerechnet – rund 9,7 Billionen Euro ausgeben. Die Klimaziele würde sie dennoch verfehlen, so der Vorwurf von „Agora Verkehrswende“. Etwas günstiger käme die Bundesregierung weg, wenn sie spätestens ab 2025 Maßnahmen ergreife, mit denen sich das Nullemissionsziel im Verkehr innerhalb der nächsten 20 Jahre noch erreichen ließe. Aufgrund der geringeren Klimaschäden sparte die Regierung in diesem Szenario rund 60 Milliarden Euro. Wie das geschehen und finanziert werden soll, legt die „Agora Verkehrswende“ nicht offen – muss sie aber auch nicht, denn Lösungen anzubieten gehört nicht zum Aufgabenbereich der „Organisation“.

 

„Spätes Umlenken wird teuer“

Der krasseste Vorwurf der „Agora Verkehrswende“ besagt, dass ein Umlenken ab 2030 „deutlich teurer“ wäre. Zwar könnte auch dann noch das Klimaziel erreicht werden, allerdings bräuchte es dafür größere und vor allem teurere Anstrengungen. Mehr als eine halbe Billion Euro mehr müsste die Bundesregierung dafür aufbringen im Vergleich zu der Situation, in der sich nichts an der Planung ändere.

„Wenn wir schnell und entschlossen handeln, kann der Verkehrssektor bis 2045 klimaneutral werden“, so die stellvertretende Direktorin der Agora Verkehrswende, Wiebke Zimmer. „Das gelingt ohne Mehrkosten im Zeitraum bis 2045.“ Anfangs brauche es höhere Investitionen, in Summe aber nicht mehr Geld. „Vor allem braucht es mehr politischen Willen“, betonte Zimmer.