„Der Omnibusmarkt wurde durch die Pandemie stark in Mitleidenschaft gezogen, und obwohl sich der Markt allmählich erholt hat, geht die Erholung nur langsam voran. Der Wettbewerb nimmt zu, und die kommende Gesetzgebung erfordert erhebliche Investitionen in neue Technologien, jetzt und in Zukunft“, so heißt es in einer Mitteilung.

Scania biete seinen Kunden weiterhin komplette Omnibusse an, ein Angebot, das sich „zunehmend auf unsere Stärken stützt“, so die Schweden: das modulare System, ein umfangreiches Servicenetz und starke globale und lokale Partnerschaften mit Aufbauherstellern wie Irizar im Reisebusbereich, die nach einer jahrelangen Pause erst vor zwei Jahren wieder deutlich intensiviert wurde. Was genau dies für den deutschen Markt bedeutet, wurde zuerst nicht mitgeteilt, man sei jedoch hier in einer genauen Prüfung aller Märkte begriffen. Auf Anfrage äußerte sich Scania Deutschland in Koblenz so: "Nach dem derzeitigen Stand sind keine Veränderung im Vertrieb geplant. Scania Deutschland & Österreich wird weiterhin seine Reise – und Linienbusskunden betreuen und unterstützen."

 

Johanna Lind löst Anna Carmo e Silva ab
„Wir sind davon überzeugt, dass das Omnibusgeschäft auch in Zukunft ein wichtiger Teil des Angebots von Scania sein wird, aber wir brauchen eine aktualisierte Strategie, die uns in die Lage versetzt, unser Kundenversprechen zu erfüllen und ein profitables Geschäft weltweit zu sichern“, sagt Stefano Fedel, Head of Sales & Marketing bei Scania. Ungewöhnlich ist es, dass kein hochrangiger Vertreter der Vertriebsorganisation zum Thema zitiert wird, die seit 2019 amtierende Chefin von Scania Bus & Coach, Anna Carmo e Silva, wechselte bereits im November 2022 in die Position als „Senior Vice President Strategy and Corporate Management“, und wurde bis Januar 2023 von ihrer engen Mitarbeiterin und Produktstrategiechefin Karolina Wennerblom in Ihrer alten Funktion ersetzt. Seitdem leitet nun  Johanna Lind (35) den Bereich, die seit 2011 bei Scania im Busbereich tätig ist und mit einer „Expat(riate)“-Phase von 2 Jahren und 6 Monaten bei Scania Tansania für die neue Position ertüchtigt wurde – eine gängige Praxis in Großkonzernen.

Diese aktualisierte Strategie werde das Kundenversprechen von Scania unterstützen, „ein globaler vertrauenswürdiger Partner für Komplettlösungen zu sein, indem sie die Stärken des modularen Systems, des Servicenetzes von Scania und der globalen und lokalen Partnerschaften nutzt. Indem wir die Erfahrung von Scania und die breite Palette an Antriebsstrangoptionen nutzen, werden wir unseren Kunden Komplettlösungen anbieten, einschließlich Service, Finanzierung, Ladelösungen und intelligente Transportsysteme", sagt Stefano Fedel. Und Johanna Lind fügt in einem persönlichen Interview mit Bus Blickpunkt, das im nächsten Heft zu lesen sein wird, hinzu: "Was wir langfristig erreichen wollen ist, wettbewerbsfähig zu bleiben und unser Geschäftsmodell darauf zu fokussieren, worin wir besonders gut sind. Unglücklicherweise haben wir deshalb die Entscheidung getroffen - und die ist uns beileibe nicht leichtgefallen - einige unserer Busmodelle und -chassis einzustellen."

 

Die Ökonomin Johanna Lind (35) ist die neue Chefin des Scania Busbereiches und arbeitet seit 2011 bei Scania. Foto: Scania/Dan Broman

 

Die Ex-Leiterin des Scania-Busgeschäfts Anna Carmo e Silva zum Juni 2022 vor der neuesten autonomen Busstudie in Södertälje.   Foto: Wagner

 

Fokussierte Produkt-Roadmap und eine schlankere, flexiblere Struktur

Um das Kundenversprechen von Scania zu erfüllen und sicherzustellen, dass die Anforderungen des Marktes und die Wünsche der Kunden besser erfüllt werden können, werde das Omnibusgeschäft „eine schlankere Struktur erhalten, um Geschwindigkeit und Flexibilität zu verbessern.“ Dieser fokussierte Ansatz für das Produktportfolio von Scania und die weitere Entwicklung bedeute hierbei, dass das Unternehmen weiterhin Fahrgestelle mit Heck- und Frontmotor und einer breiten Auswahl an Antriebssträngen herstellen wird, aber die Produktion der eigenen, europäischen Modelle Scania Citywide, Scania Interlink sowie Niederflur-Fahrgestellen komplett einstellen wird. Diese waren vor allem in Deutschland in den letzten Jahren wenig erfolgreich, auch wegen einer zuletzt eher undurchsichtigen Modellpolitik. Die Elektrobusse des Typs CityWide BEV rangierten in den Zulassungslisten des Branchenexperten Wim Chatrou bis zuletzt weit unter der 1-Prozent-Marke und waren somit weitgehend unbedeutend.

 

Besonders glücklos waren die Scania CityWide Elektrobusse bisher in Europa.   Foto: Wagner

 

Infolgedessen hat Scania beschlossen, den Teil des Werks in Słupsk, Polen, zu schließen, in dem Aufbauten für Scania-Fahrgestelle hergestellt werden ­– ein Schritt, den auch Volvo mit seinem Werk in Wrocław (Breslau) so ähnlich angekündigt hat. Die Karosserieproduktion (und nur diese) werde schrittweise bis zum ersten Quartal 2024 eingestellt. Diese Entscheidung habe aber keine Auswirkungen auf die fortgesetzte Fahrgestellproduktion in Słupsk oder andere Scania-Einheiten in Polen.

 

Komplette, nachhaltige Lösungen mit verstärkter Zusammenarbeit

„Der Großteil des Omnibusgeschäfts von Scania wird seit jeher in Zusammenarbeit mit Aufbauherstellern abgewickelt, die mit lokalen Niederlassungen ein hohes Serviceniveau und eine starke globale Präsenz erreicht haben. Dieser erfolgreiche Ansatz wird weiter ausgebaut, jetzt in noch engerer Zusammenarbeit mit unseren Aufbauherstellern und Partnern, um unseren Kunden Komplettlösungen anbieten zu können“, sagt Stefano Fedel.

Mit der aktualisierten Strategie will Scania weiterhin komplette Omnibusse in verstärkter Zusammenarbeit mit ausgewählten Aufbauherstellern und Partnern aus der Branche anbieten. Man darf gespannt sein, wie sich diese Partnerschaften entwickeln, und ob eventuell auch Konzernschwester MAN in München, Ankara und Polen als solcher in Frage käme. Bisher geht die Zuneigung beider Konzerne noch nicht sehr weit in Sachen produktbezogener Kooperationen.

 

Dieser Artikel wird ständig aktualisiert und zeitnah um ein Interview mit Johanna Lind ergänzt. Die letzte Aktualisierung erfolgte am 31. Mai um 15:45 Uhr.