Ziel müsse deshalb sein, Qualität so weiterzuentwickeln, dass sie zugleich Wettbewerbsfähigkeit, gesellschaftliche Akzeptanz und nachhaltige Wertschöpfung ermögliche. Daher dürfe Qualität auch nicht als technischer Standard verstanden oder als reine Marketingfloskel verwendet werden. Qualität müsse vielmehr eine strategische Haltung sein, die alle Ebenen berühre. Sie beginne bei der Infrastruktur, reiche über die Mitarbeiterführung und bis hin zu Lebensqualität und gesellschaftlicher Verantwortung. „Qualität sollte mehr als nur ein Schlagwort sein. Wir sollten sie als eine Einstellung leben, bei der Gäste, Menschen aus der Region und Mitarbeitende sich wertgeschätzt fühlen können“, betonte Michaela Kaniber, Bayerische Staatsministerin für Tourismus, in ihrem Grußwort.

Der Tourismus müsse sich systemisch als vernetztes Gefüge aus ökonomischen, sozialen und ökologischen Beziehungen verstehen, so auch Harald Pechlaner vom Lehrstuhl Tourismus und School of Transformation and Sustainability der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. „Tourismus sollte mehr Haltung annehmen und als Agent of Change im Wandel von Gesellschaft und Wirtschaft auftreten.“ Die klassische Qualitätsdebatte sei geprägt von Sternen und Zertifikaten und greife damit zu kurz. Entscheidend sei, ob ein touristisches Angebot zur Lebensqualität beitrage. Nicht nur für den Gast, sondern auch für die Menschen, die dort leben und arbeiten.

 

„Ein funktionierendes Beziehungsnetzwerk ist die eigentliche Qualität.“

Aktuelle Studien des BZT unter Leitung der Themenmanagerinnen Kathrin John und Kristina Kastelan verdeutlichen, wie unterschiedlich Qualität im Tourismus wahrgenommen werde. Anbieter setzen vor allem auf Service und reibungslose Abläufe, Gäste hingegen verbinden Qualität zunehmend mit Atmosphäre und einem stimmigen Preis-Leistungs-Verhältnis. Klassifizierungen oder Zertifikate spielten für Reiseentscheidungen eine immer geringere Rolle. Persönlichen Empfehlungen und digitalen Bewertungen käme weit mehr Gewicht zu – mit steigender Tendenz. Für viele Reisende sei Qualität kein Luxusmerkmal, sondern Ausdruck von Verlässlichkeit, Herzlichkeit und Authentizität. Das sei ein Anspruch, der sowohl Betriebe als auch Destinationen vor neue Herausforderungen stelle, meinen die Macher der Studien.

In der Podiumsdiskussion sei deutlich geworden, dass Qualität nicht an fehlenden Konzepten scheitere, sondern an mangelnder Führung, fehlender Kooperation und einer auf kurzfristige Kostenreduktion fokussierten Betriebslogik. Qualität beginne deshalb bei der Haltung und damit verbunden bei den Basics: Sauberkeit, Verlässlichkeit und Freundlichkeit. „Wenn wir diese Grundlagen nicht ernst nehmen, braucht niemand über Innovationspreise sprechen“, so der Tenor auf dem Podium. Zugleich wurde vor einer sozialen Spaltung des Reisens gewarnt. „Wenn sich immer weniger Familien einen Urlaub leisten können, verliert der Tourismus seine gesellschaftliche Relevanz.“ Qualität müsse zugänglich bleiben, barrierefrei gedacht und inklusiv gestaltet – auch mit Blick auf den demografischen Wandel. Qualität ende demnach auch nicht an der Hoteltür. Sie beginne bei funktionierender Infrastruktur, verlässlicher Mobilität und digitaler Zugänglichkeit und reiche bis in die kommunale Verantwortung. „Was draußen versprochen wird, muss drinnen gelebt werden“, hieß es in Richtung Destinationsmarketing. Besonders hervorgehoben wurde die Rolle der Führung: Wer intern keine Qualitätskultur lebe, könne sie extern nicht glaubhaft vertreten.

 

Über das BZT

Das Bayerische Zentrum für Tourismus (BZT) ist ein An-Institut der Hochschule Kempten. Es wird vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus vorerst bis 2030 gefördert und versteht sich als ein unabhängiger wissenschaftlicher Thinktank.