Tuschen wird eine Position als „Executive Vice President Global Business Development, Sales & International Operations“ übernehmen. Als solcher wird er der siebenköpfigen Geschäftsführung angehören und direkt an den AVL-Vorstandsvorsitzenden Helmut List berichten. In der AVL Meldung heisste es: „Mit Tuschen wechselt einer der renommiertesten Führungspersönlichkeiten der internationalen Nutzfahrzeugbranche zu AVL List. Für seine Aufgaben bei dem Grazer Entwicklungsdienstleister bringt Tuschen neben seiner langjährigen Erfahrung im Nutzfahrzeugsegment auch eine umfangreiche Expertise für die gegenwärtigen Transformationsprozesse in Bezug auf emissionsfreies Fahren, aktive Sicherheit und Digitalisierung mit.“ Mit der Berufung von Tuschen in die Geschäftsführung verstärke sich die AVL List GmbH nach einer Mitteilung zudem mit „einem Fachmann für wichtige politische und strategische Weichenstellungen“. Das Unternehmen treibe damit den von Helmut List eingeschlagenen Technologiekurs weiter voran und trägt den sich rasch wandelnden Anforderungen des Marktes Rechnung.

 

„Nach mehr als drei Jahrzehnten auf der Herstellerseite, freue ich mich nun auf meine neuen Aufgaben bei dem Entwicklungsdienstleister AVL. Das Unternehmen gehört zu den technologischen Vorreitern der Mobilität von morgen. Ich freue mich darauf, die Transformation im Nutzfahrzeugbereich als auch im industriellen Energiesektor mitzugestalten - und so, einen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit dieser Branchen leisten zu dürfen,“ so Gustav Tuschen.

Helmut List, Vorsitzender der Geschäftsführung, ergänzt von seiner Seite: „Wir freuen uns sehr, Gustav Tuschen als neues Mitglied der Geschäftsführung begrüßen zu können. Er ist ein anerkannter Experte, der langjährige Branchenerfahrung, technisches Know-how und strategische Kompetenz in sich vereint. Unser Ziel ist es, unsere Nutzfahrzeugsparte unter seiner Leitung weiter auszubauen. Mein Dank gilt Rolf Dreisbach, der nach über 20 Jahren bei AVL in den wohlverdienten Ruhestand geht.“

 

Tuschen war 33 Jahre bei Daimler tätig, wechselnd zwischen dem Lkw- und Busbereich. Zuletzt war er 12 Jahre bei der Evobus GmbH und Daimler Buses für die Entwicklung von Modellen wie dem vollelektrischen eCitaro und der neuen Setra Reisebus-Generation zuständig. Bei AVL wird er sich um den Bereich „Nutzfahrzeuge“, „Wasserstoff & Brennstoffzelle“, „Hochleistungsantriebe“ sowie das Produktportfolio-Management kümmern.

 

Als globaler Technologieanbieter reicht das Angebot der AVL von Simulation, Virtualisierung und Testautomatisierung bis hin zu ADAS/AD und Fahrzeugsoftware. Weltweit arbeiten rund 10.700 Mitarbeiter an mehr als 90 Standorten für das Unternehmen, der deutsche Hauptsitz befindet sich in Mainz-Kastel.

 

 

Drei Fragen an Gustav Tuschen....

 

Herr Tuschen, gab es für Ihre Karriere eine Art Masterplan?

Für eine Karriere gibt es aus meiner Sicht keinen „Masterplan“. Ich habe Ende 1989 in Stuttgart als junger Ingenieur mit ganz großen Augen auf eine neue, interessante Nutzfahrzeug-Welt geschaut und dann gab es eine ganz lange Zeit, in der nie das Gefühl hatte, unterfordert zu sein – manchmal vielleicht ein bisschen das Gegenteil. Dabei gibt es im Laufe einer Karriere immer wieder neuralgische Weichenstellungen bei denen es ganz wichtig ist, wohin man abbiegt, und welche Förderer man hat, die den entscheidenden Impuls geben.

 

Wie kam es am Anfang Ihrer Karriere zur klaren Fokussierung auf die Nutzfahrzeuge?

Als junger Ingenieur gab es vor allem eine Automotive-Begeisterung. Bei Mercedes kam dann einfach das interessantere Angebot vom Nutzfahrzeugbereich, weil mir dort genau der Job im Bereich Simulation und Berechnung angeboten wurde, den ich gesucht hatte. Im Nachhinein habe ich dann gemerkt, wie spannend die Nutzfahrzeugwelt ist und ich habe mir früh gesagt: „Gott sei Dank bin ich hier rechts und nichts links abgebogen!“ Das liegt sicher auch an der etwas kleineren Organisationsgröße, was zu einer höheren Verantwortung führt. Zudem hat das Nutzfahrzeug einen echten, zielgerichteten „Purpose“ wie es heute so schön heißt. Daraus entsteht dann eine hohe Spezialisierung und eine sehr große Kundennähe. Last but not least sprechen wir ja von einer Menge an Technik die wir in den Truck reinstecken und nochmal deutlich mehr in einen Bus! Für technikaffine Menschen wie mich ist das eine total spannende Aufgabe. Es ist eine andere Faszination als die für Pkw, für die ich mich in Form von Sportwagen auch persönlich sehr begeistern kann. Es ist eben eine etwas andere Perspektive, nicht zuletzt eine international diversifizierte.

 

Das Thema Wasserstoff hat sie lange begleitet und wird es weiterhin tun. Wie sehen sie die Zukunft für den Kraftstoff? Ist das Thema überbewertet?

Nein auf keinen Fall. Ich persönlich habe eine sehr schöne, erste Erfahrung mit Wasserstoff, als wir auf der UITP 1997 in Stuttgart neben dem neuen Citaro C1 im Außenbereich einen O 405 N Wasserstoffbus gezeigt und den Besuchern vorgeführt. Das ist ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde. Die Frage ist doch, ob die Technologieoffenheit, die wir uns als Konzern leisten, gerechtfertigt ist. Und ich sage ganz klar ja, weil Wasserstoff deutliche Vorteile bei Energiespeicherung und Reichweiten hat. Gerade ein Reisebus, der bis zu 1.000 Kilometer Tagesreichweite benötigt, muss als Tool auch funktionieren für den Kunden. Zweitens denke ich ans spezifische Gewicht der Energiespeicher. Das Gesamtgewicht eines Batteriesystems wird bei aller Entwicklung immer deutlich höher sein als das eines Brennstoffzellenantriebs. Daher macht dieser Antrieb weniger im Stadtbus, aber im Reisebus und Fernverkehrs-Lkw am meisten Sinn. Das was es jetzt braucht ist das Vertrauen in die Technologie, denn es gibt so ein gewisses Henne-Ei-Problem: die potenziellen Investoren für die Infrastruktur warten auf die Fahrzeughersteller und umgekehrt. Da braucht es einfach den Schulterschluss.

 

Das Gespräch führte Thorsten Wagner am 30. März 2022 in Mannheim als Abschiedsinterview von Daimler Buses.