Über die Forth Road Bridge im schottischen Edinburgh fahren autonome 12-Meter-Busse bereits im regulären Linienbetrieb. Die Busse vom Typ Enviro200 des Herstellers Alexander Dennis sind mit dem Automated Driving System (ADS) von Fusion Processing ausgerüstet, mit dem laut Hersteller das Fahren der Autonomiestufen Level 4 und 5 möglich ist. Die Strecke, die die Busse befahren ist rund 22 Kilometer lang und die Busse sind mit maximal 80 km/h unterwegs. Nach Angaben des Verkehrsunternehmens Stagecoach ist diese Linie AB1 die „wohl weltweit erste registrierte Busverbindung, auf der autonome Busse im öffentlichen Verkehr in voller Größe eingesetzt werden“. Der Pilotbetrieb soll bis 2025 laufen. Stagecoach verspricht sich von autonomen Bussen vor allem mehr Sicherheit im Straßenverkehr sowie auch mehr Effizienz.

In Deutschland will man ebenfalls autonom fahrende Fahrzeuge im ÖPNV auf die Straße bringen, die größenmäßig über die kleinen Shuttles hinausgehen sollen, in München beispielsweise im Forschungsprojekt „MINGA“. Geplant ist, einen Elektrobus mit Self-Driving-System (SDS) einzusetzen, der im regulären Betrieb getestet wird. Beteiligt an diesem Projekt ist der Hersteller MAN Trucks & Bus.

Der erste automatisierte Bus vom Typ Lion’s City E soll im Rahmen von „MINGA“ ab 2025 in Begleitung eines Sicherheitsfahrers automatisiert im Münchner Stadtverkehr unterwegs sein. Laut MAN hat Mobileye hat mit Mobileye DriveTM ein schlüsselfertiges Selbstfahrsystem entwickelt, das über ein ausgeklügeltes Sensorsystem verfügt. Man selbst werde parallel dazu die notwendige Fahrzeugarchitektur für die Anforderungen der Busautomatisierung. schaffen, so der Bushersteller

Die Automatisierung des Busses bedeute zudem mehr als die reine Fahrfunktion, so MAN: Man denke nur an weitere Tätigkeiten des Fahrpersonals wie die Kommunikation mit Fahrgästen inklusive Ticketverkauf, das Verhalten an der Haltestelle, die Deeskalation in Konfliktsituationen oder auch die Reaktion auf unerwartete Ereignisse wie Umleitungen oder Unfälle. Es bedürfe daher „intelligenter Lösungen, die sich vor allem durch die zunehmenden Möglichkeiten im Bereich der Digitalisierung finden lassen“.

Laut MAN sind die Treiber für automatisiertes Fahren im Stadtbusbereich „hauptsächlich TCO-Einsparungen und der Mangel an Fahrpersonal, dem dadurch begegnet werden kann“. Gleichzeitig würden immer mehr kleinere Transportmittel, angefangen beim Pkw, mit hochautomatisiertem Fahren in den Markt drängen.

In dem vom Mobilitätsreferat der Stadt München geführten und durch das Bundesverkehrsministerium geförderten Vorhabens geht es unter anderem auch um die Integration von automatisierten Fahrzeugen in das bestehende Mobilitätsökosystem. Man plane im Anschluss dann „weitere Pilotfahrzeuge im tatsächlichen Kundeneinsatz und perspektivisch eine vollständige Serienreife bis Ende des Jahrzehnts“, erklärte Hersteller MAN.

 

Projekte in Hannover und Berlin

Ein weiteres Projekt gibt es in der Region Hannover, wo man 2023 ankündigte, in zwei Jahren drei autonom fahrende Linienbusse (Level 4) auf die Straße zu bringen. „Der Bus fährt, bremst und lenkt zwar selbst – allerdings ist immer ein Fahrer dabei, um notfalls eingreifen zu können“, heißt es seitens der Region Hannover. Ziel sei aber, dass „irgendwann Busse auch ganz ohne Personal an Bord auskommen“.

Hintergrund auch hier der Fahrermangel, so ist man in Hannover der Ansicht, dass ein „flächendeckendes und bezahlbares Angebot im öffentlichen Nahverkehr zukünftig nur mit dem Einsatz fahrerloser Fahrzeuge möglich“, ist. Der große Fahrermangel bei Bussen und Bahnen mache „solche Technologien erforderlich“, so die Region Hannover.

In Berlin soll im Rahmen des Automatisierungsprojektes „BeIntelli“ ebenfalls ein autonom fahrender Linienbus erprobt werden. Der Start ist für das Frühjahr 2024 geplant, der Bus soll die City West und das Regierungsviertel verbinden und ist mit Level 4 unterwegs.

MAN realisiert das Projekt „BeIntelli“ gemeinsam mit dem DAI-Labor der Technischen Universität Berlin und der IAV Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr. Ziel ist es, ein intelligentes Verkehrssystem mit automatisierten Fahrzeugen erlebbar zu machen. Der MAN Lion’s City 12 E ist mit einem Automated Driving System (ADS) von ZEKI mit rund 50 Sensoren (Kameras, Ultraschall, Radar, 3D Lidar) ausgestattet, die den Verkehr und den Verkehrsraum überwachen. Auch wurden in dem „Erklärbus“ Bildschirme und weitere Kommunikationskomponenten eingebaut, damit Fahrfähigkeiten, -entscheidungen und Technologien visualisiert und den Fahrgästen erklärt werden können.

Derzeit absolviert der Bus noch Testfahrten auf nicht öffentlichem Gelände. Das urbane Testfeld, in dem sich der automatisierte Bus ab dem Frühjahr mit Sicherheitsfahrer an Bord bewegen soll, reicht vom Brandenburger Tor über den Ernst-Reuter-Platz, Gedächtniskirche bis zum Adenauerplatz.

Eine kurzfristige Lösung für den Fahrermangel bei den Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sieht man in der neue Technologie aber nicht. BVG-Betriebsvorstand Rolf Erfurt rechnet erst in „einer Dekade“ mit dem Einsatz der Technik im Linienbetrieb.

Den Elektrobus, der beim Projekt „BeIntelli“ zum Einsatz kommt, zeigt übrigens der Hersteller MAN bei der diesjährigen VDV-Messe „mobility move“, die vom 5. bis 7. März in Berlin stattfindet.

„Unser E-Bus, den wir auf der mobility move ausstellen, passt perfekt zur Veranstaltung. Schließlich präsentieren wir mit ihm gleich zwei strategische Zukunftsfelder in einem: Elektromobilität und Automatisierung“, sagte Darko Simeunovic, Leiter Vertrieb Bus bei MAN Truck & Bus Deutschland und ergänzt: „Schon bald wird der MAN Lion’s City E im Rahmen von BeIntelli automatisiert durch die Berliner Innenstadt fahren. Das Pilotprojekt wird deshalb sicherlich für reichlich Gesprächs- und Diskussionsstoff auf dem Event sorgen.“