Und was wäre Bayern ohne Lederhos’n, Weißbierdusche und FC Bayern München? Schon sind wir beim eigentlichen Thema angekommen: Fußball. Anlass dazu bietet nicht nur die 21. Fußball-Weltmeisterschaft, die vom 14. Juni bis 15. Juli 2018 in Russland stattfindet, sondern auch der „ewige Jupp“ – ein Ausnahmetalent in der deutschen Fußballgeschichte.

Josef alias „Jupp“ Heynckes hat als Spieler wie als Trainer alles gewonnen, was es im Fußball zu gewinnen gibt. Er war einst der jüngste Trainer der Bundesliga, bis vor Kurzem war er Bayern-Trainer und mit 72 Jahren der älteste Coach der Ligageschichte. Sein erstes Engagement bei den Bayern trat Heynckes mit 42 Jahren an (1987), heute ist er 72 Jahre alt (Stand bei Redaktionsschluss) und zum vierten Mal Bayern-Coach. Für seinen guten Freund Uli Hoeneß unterbrach Jupp Heynckes überraschend seinen Ruhestand und kehrte zum FC Bayern München zurück, um wieder einmal für Ordnung zu sorgen. Ein Freundschaftsdienst, versteht sich. Älter bei ihrem letzten Spiel als Trainer waren nur Otto Rehhagel (73, Hertha BSC) und Fred Schulz (74, Werder Bremen). Als Jupp Heynckes im Sommer 1979 vom Spielfeld auf die Trainerbank von Borussia Mönchengladbach wechselte, war er gerade einmal 34 Jahre alt. Er war schon immer ein Wettkampftyp, schon als Stürmer der Gladbacher Fohlenelf in den sechziger und siebziger Jahren. Wenn er mal nicht getroffen hatte, schloss er sich vor Frust zu Hause ein und wollte niemanden sehen oder sprechen, berichtet der Tagesspiegel über Heynckes. Diese Besessenheit habe Heynckes auch gehabt, als er Trainer in Mönchengladbach wurde.

Herbert Laumen, der mit Heynckes bei Mönchengladbach zusammengespielt hatte, sagte einmal in einem Interview über Heynckes als Trainer: „Wenn da ein Spiel in die Hose gegangen ist, durfte keiner einen Mucks sagen oder lachen.“ Der inzwischen verstorbene Fußballspieler Wolfram „Wutti“ Wuttke, der von 1980 bis 1982 unter Heynckes gespielt hat, hatte Medienberichten zufolge Heynckes aus dieser Zeit als introvertierten Pedanten in Erinnerung behalten: „Der achtete auf jede Kleinigkeit und hatte seine Augen überall“, erzählte er dem Magazin „11Freunde“. Temperamentvoll wie Heynckes einst war, lief er öfter mal rot an. Sein roter Kopf brachte ihm in den Achtzigern den Spitznamen „Osram“ ein. „Der glüht ja wieder wie‘ne Osram-Birne“, dieser Satz stammt von „Wutti“.

Geboren wurde Heynckes als neuntes von zehn Kindern am 09. Mai 1945 in Mönchengladbach und wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Hier hat er damals rund um den Bökelberg für die Großen die Bälle aufgesammelt – für eine D-Mark die Stunde. Sein Vater war Schmied. Jupp Heynckes wollte eigentlich Architekt werden und begann seine berufliche Laufbahn als Stuckateur. Doch auch Fußball zählte zu seinen Leidenschaften. 1964 berief Hennes Weisweiler den damals 18-jährigen Heynckes in seine Fohlenelf, in der die späteren deutschen Fußballlegenden wie Günter Netzer, Berti Vogts, Henri Lefevre und Hacki Wimmer spielten.

Als Spieler war Heynckes zwischen 1965 und 1978 aktiv und gewann in dieser Zeit viermal mit Borussia Mönchengladbach die Deutsche Meisterschaft und 1975 mit den Fohlen den UEFA-Cup. 1979 ließ er das Spielfeld hinter sich und führte seine Karriere auf der Trainerbank der Gladbacher fort. Zu seinen weiteren Stationen gehörten unter anderem Athletic Bilbao, Real Madrid – mit den Königlichen gewann er 1998 die Champions League – Benfica Lissabon sowie in der Bundesliga Bayern München, Eintracht Frankfurt, Schalke 04 und Bayer Leverkusen. Der größte Erfolg in Heynckes langer Karriere war zweifellos im Jahr 2013, als er mit den Bayern das Triple aus Deutscher Meisterschaft, Pokal und Champions League gewann. Das war vorher noch keinem deutschen Verein gelungen. Am Ende der Triple-Saison war Heynckes 68 Jahre alt – er wurde damit zum ältesten Meistertrainer aller Zeiten. Kurz darauf trat er vom Beruf als Trainer zurück. Diesen Rekord hat er 2018 mit 72 Jahren noch einmal ausgebaut.

Heynckes ist einer von sechs Menschen, die die Deutsche Meisterschaft als Spieler und Trainer holten, ist auf der Website der Bundesliga.com zu lesen. Neben ihm waren das noch Felix Magath, Franz Beckenbauer, Matthias Sammer, Thomas Schaaf und Helmut Benthaus. Für den FC Bayern München war Heynckes am 34. Spieltag, dem letzten Bundesliga-Spieltag, zum 669. Mal als Cheftrainer verantwortlich.

Heynckes erzielte 196 Tore in seiner Bundesliga-Karriere. Mehrmals wurde er zum Torschützenkönig gekrönt. Zwischen 1967 und 1976 trug Jupp Heynckes 39 mal das Trikot der deutschen Nationalmannschaft und stand 1974 im eigenen Land als Weltmeister auf dem Treppchen. Laut Bundesliga.com kommt Jupp Heynckes auf insgesamt 1.034 Bundesliga-Spiele, an denen er aktiv als Spieler (369) und als Trainer (665) im Einsatz war. 1.038 Bundesliga-Einsätze als Spieler und Trainer werden am Saisonende für Jupp Heynckes zu Buche stehen. Damit hat er Otto Rehhagel überholt. Nur Heynckes und Rehhagel haben die Marke von 1.000 Bundesliga-Partien als Spieler und Trainer erreicht. Bemerkenswert ist zudem die Tatsache, dass Jupp Heynckes 2013 der erste Trainer wurde, der nach 23 Jahren Pause wieder die Deutsche Meisterschaft holte – 1990 holte er zuletzt den Titel mit dem FC Bayern. Eine so lange Pause zwischen zwei Meisterschaften hatte kein anderer Trainer.