Ein Jahr nach der Einführung des Deutschlandtickets hat das hessische Verkehrsministerium das Angebot als „großen Schritt in Richtung Mobilitätswende“ bezeichnet. Das Deutschlandticket sei eine Tarifrevolution, die zeige, wie erfolgreich einfache ÖPNV-Angebote sein können, teilte das Ministerium der Deutschen Presse-Agentur mit. Für die Zukunft des Angebots sei jedoch eine langfristige und tragfähige Finanzierung über das Jahr 2025 hinaus erforderlich. 

Allein im Gebiet des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) gibt es laut eigenen Angaben aktuell rund 430.000 aktive Deutschlandticket-Abos. „Das Deutschlandticket hat zweifelsohne erheblich dazu beigetragen, dass aktuell die Fahrgastnachfrage wieder etwa auf Vor-Corona-Niveau ist - trotz beispielsweise verstärktem Homeoffice“, teilte ein Sprecher mit. Besonders groß sei die Nachfrage nach Fahrten am Wochenende für die Freizeit und auf schnellen Linien, die über einzelne Regionen hinausgingen.

Wichtig für die Gewinnung weiterer Fahrgäste ist nach Einschätzung des RMV die finanzielle Sicherung des Angebots über mehrere Jahre hinweg, damit sich die Menschen mit ihren Mobilitätsgewohnheiten anpassen und die Nahverkehrsbranche eine einheitliche Vertriebsplattform realisieren kann. Zudem müssten mehr Linien und Fahrten angeboten werden.  

Im Gebiet des Nordhessischen Verkehrsverbunds liegt die aktuelle Zahl der Deutschlandticket-Abonnements nach NVV-Angaben bei rund 56.600. „Zwei Drittel der Deutschlandticket-Abonnentinnen und –Abonnenten sind Neukundinnen und -kunden, ein Drittel sind aus anderen Abo-Verträgen zum Deutschlandticket gewechselt“, teilte eine Sprecherin mit. Auch nach der Einführung des Deutschlandtickets nutzten weiterhin viele Fahrgäste das Schüler- oder das Seniorenticket. Diese Angebote seien hessenweit gültig und deutlich günstiger als das Deutschlandticket. Die Fahrgastzahlen im NVV-Gebiet sind nach Angaben des Verbunds in den vergangenen zwölf Monaten gestiegen und liegen wieder auf dem Vor-Corona-Niveau, teilweise auch deutlich darüber.

 

Unternehmerverband: Steuergeld besser in Sanierung des Netzes stecken

Die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) kritisierte, die Subvention des Tickets sei mit drei Milliarden Euro im Jahr viel zu hoch. Das Steuergeld sollte anders eingesetzt werden, forderte der VhU-Verkehrsexperte Christoph Schäfer. „Der ÖPNV muss größer, besser und zuverlässiger werden, nicht billiger. Das Deutschlandticket subventioniert überwiegend Bahnfahrer aus den Speckgürteln der Ballungsgebiete.“ Der unterstellte Zuwachs an Nutzern sowie die beabsichtigte CO2-Vermeidung durch Umsteiger blieben weitgehend aus. 

 

Steigender Preis beim Deutschlandticket erwartet

Sachsen-Anhalts Infrastrukturministerin Lydia Hüskens geht davon aus, dass der Preis beim Deutschlandticket bald nicht mehr bei 49 Euro im Monat liegen wird. „Die Preisentwicklung wird beim Deutschlandticket definitiv nicht Halt machen. Ich rechne damit, dass es im nächsten Jahr eine Preiserhöhung geben wird“, sagte die FDP-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. Hüskens plädiert dafür, den Preis für das Deutschlandticket künftig nicht politisch festzulegen, sondern an die allgemeine Preissteigerung zu koppeln. Nach Angaben des Infrastrukturministeriums nutzen in Sachsen-Anhalt mehr als 200.000 Fahrgäste das D-Ticket.

Die Finanzierungszusagen des Bundes gelten bislang nur bis einschließlich 2025. Eine Preisgarantie für Nutzerinnen und Nutzer gibt es nur noch für dieses Jahr. Verkehrspolitiker Kröber ist mit der Bilanz des ersten Jahres deshalb nicht zufrieden. Man habe viele Fragen bisher nicht klären können, sagte er. „Die Finanzierung in den nächsten Jahren ist offen.“

Zudem fordert der SPD-Abgeordnete einen besseren Nahverkehr auf dem Land. „Wenn ich nicht über einen ziemlich langen Zeitraum ein klares Angebot auf die Beine stelle, wird auch niemand überlegen, Bus und Bahn zu fahren - gerade im ländlichen Raum“, sagte Kröber. „In der Prignitz zum Beispiel hat man das Verkehrsangebot massiv nach oben geschraubt und nach einem halben Jahr waren die ganzen Diskussionen da: Da fährt doch keiner mit, haben viele gesagt.“ Zwei Jahre habe es gedauert, bis die Leute verstanden hätten, dass der Bus wirklich alle halbe Stunde komme. „Dann sind die Fahrgastzahlen gestiegen.“

 

Lob und Tadel aus Rheinland-Pfalz

Lob und Tadel in Sachen Deutschlandticket gab es auch in Rheinland-Pfalz. Nach Einschätzung des Fahrgastverbands Pro Bahn in Rheinland-Pfalz und dem Saarland kommt das Ticket grundsätzlich gut an. Es erfreue sich hoher Beliebtheit, sagte der Landesvorsitzende Noah Wand der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. Fragwürdige Verbundgrenzen seien so für Fahrgäste quasi verschwunden, ein „undurchschaubares Tarifsystem“ sei eliminiert worden. Insofern sei das Ticket ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. 

Doch mit dem Deutschlandticket seien nicht alle Probleme gelöst, betonte Wand. Noch wichtiger als ein einfacher Tarif sei ein attraktives Angebot. Besonders auf dem Land müsse das mit Blick auf Routenführung und Fahrtzeiten weiter optimiert werden. Pro Bahn appelliere außerdem an den Bundesverkehrsminister und die Länderminister, eine dauerhafte Finanzierung des Tickets zu gewährleisten. 

„Die sich aktuell immer wieder wiederholenden Debatten um die Finanzierung bieten Pendlerinnen und Pendlern keine Planungsgrundlage“, monierte Wand. Planungssicherheit sei für sie aber elementar, um über den Verkauf eines Autos, den Wohnort oder ähnliches zu entscheiden. „Ob sich der Preis halten kann, ist eine politische Entscheidung“, sagte Wand. Der Fahrgastverband halte eine Preiserhöhung durchaus für legitim. Wichtig sei jedoch, dabei soziale Komponenten zu berücksichtigen. 

 

Ticket hat Nachfrage nach Pandemie wieder nach oben getrieben

Auch der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV), dessen Gebiet bis nach Rheinland-Pfalz hineinreicht, findet die finanzielle Sicherung des Angebots über mehrere Jahre hinweg wichtig, um weitere Fahrgäste zu gewinnen, damit sich Menschen mit ihren Mobilitätsgewohnheiten anpassen und die Nahverkehrsbranche eine einheitliche Vertriebsplattform realisieren kann. Zudem müssten mehr Linien und Fahrten angeboten werden.  

Allein im RMV-Gebiet gibt es laut eigenen Angaben aktuell rund 430.000 aktive Deutschlandticket-Abos. „Das Deutschlandticket hat zweifelsohne erheblich dazu beigetragen, dass aktuell die Fahrgastnachfrage wieder etwa auf Vor-Corona-Niveau ist –  trotz beispielsweise verstärktem Homeoffice“, teilte ein Sprecher mit. Besonders groß sei die Nachfrage nach Fahrten am Wochenende für die Freizeit und auf schnellen Linien, die über einzelne Regionen hinausgingen.

Die rheinland-pfälzische Mobilitätsministerin Katrin Eder verbindet mit dem Deutschlandticket eine echte Entlastung für Bürgerinnen und Bürger. In Rheinland-Pfalz gebe es seit Einführung mit insgesamt vier Millionen Ticketkäufen so viele wie Einwohner, sagte die Grünen-Politikerin der dpa. Ein Viertel der Rheinland-Pfälzer sei mindestens einmal im Besitz des Deutschlandtickets gewesen und habe sich damit zum Einstieg in nachhaltige Mobilität bekannt.