Einst war er mit nur 33 Jahren jüngster Zoodirektor Deutschlands. Heute ist er dienstältester Zoodirektor Deutschlands. Fast! Jedenfalls was die großen Zoos angeht. Die Rede ist von Prof. Jörg Junhold, Zoodirektor des Zoo Leipzig. Er leitet Leipzigs Traditionszoo inzwischen seit über 20 Jahren und hat ihn zu dem gemacht, was er heute ist: einer der schönsten Zoos der Welt, ein Highlight für Mensch und Tier, mit 1,7 Millionen Gästen im Jahr ein Besuchermagnet, 2.100 Gruppen im Jahr (entspricht 55.000 Gästen).

Dieses Jahr feiert der Zoo Leipzig sein 140-jähriges Bestehen. Jörg Junhold wurde 1964 in Ortrand, Brandenburg, als Sohn eines Tierarztes geboren. 1985-1990 studierte er Veterinärmedizin an der Uni Leipzig. Nachdem erfolgreichen Abschluss seines Studiums promovierte er an der Chirurgischen Tierklinik der Uni Leipzig. Danach standen ihm drei Optionen zur Auswahl: „Ich hätte an der Uni bleiben, in die freie Wirtschaft gehen, oder aber eine Tierarztpraxis übernehmen können“, fasst Junhold seine Chancen rückblickend zusammen. Doch er entschied sich überraschenderweise für die freie Wirtschaft und arbeitete in den 1990er Jahren zunächst als Marketingfachmann bei einem großen Tierfuttermittelhersteller. Diese Entscheidung habe er nie bereut – im Gegenteil, die Erfahrung habe zum einen seinem Lebenslauf zum anderen seiner persönlichen Entwicklung gut getan, erklärt der Zoodirektor. 

Doch dann bot sich ihm die Chance seines Lebens. Er wurde 1997 Geschäftsführer und Direktor des Zoo Leipzig. Junhold setzte sich damals gegen 55 Mitbewerber durch. Er war blutjung mit 33 Jahren und besaß keinerlei Berufserfahrung in einem Zoo. Doch er hatte eine Vision davon, wie der Zoo werden sollte – und diese Vision hieß „Zoo der Zukunft“. Dabei handelt es sich um ein Großprojekt, das Schritt für Schritt umgesetzt wird. Die Idee dahinter ist, artgerechte Tierhaltung mit einer Freizeit- und Erlebniswelt sowie globalem Engagement für den Artenschutz zu vereinen. Kurzum: Die richtige Mischung aus artgerechter Tierhaltung, Zuchtprogrammen und außergewöhnlichen Erlebnissen für die Besucher. 

„Ich wusste, dass ich vor einer großen Aufgabe stand, die sehr schwierig sein und viel Geld kosten wird“. Als er vor über 20 Jahren seinen Posten als Chef des Zoos antrat, übernahm er damit auch einen längst in die Jahre gekommenen Zoo mit veralteten Anlagen und dem klassischen Bild: Tier hinter Gittern. Die Tierhäuser seien Anfang der 90er zum Teil noch mit Kohleöfen geheizt worden. Verschuldet durch „riesigen Investitions- und Instandhaltungsstau“, beschreibt Junhold den damaligen Zustand des Zoos. Damals  hatte Zoo Leipzig 675.000  Besucher im Jahr, heute sind es 1,7 Millionen.  

In den ersten zwei bis drei Jahren musste er viele dicke Bretter bohren und Überzeugungsarbeit leisten für sein Vorhaben, den Zoo in großem Stil umzugestalten und weiterzuentwickeln, sodass auch die Stadt davon profitiert – angefangen beim Oberbürgermeister bis hin zu den politischen Entscheidungsträgern. „Wir haben uns mittlerweile von einem städtischen Betrieb hin zu einer eigenständigen GmbH entwickelt“, so der Zoo-Chef. Das Ziel von Junhold ist es, zu den führenden Zoos der Welt zu gehören. Laut einer internationalen Studie belegt Zoo Leipzig im europäischen Zooranking den zweiten Platz. Das größte Projekt, das er bisher im Rahmen des „Zoo der Zukunft“ verwirklicht hat, und auf das er besonders stolz ist, ist zweifelsohne die Eröffnung der Tropen-erlebniswelt Gondwanaland im Jahr 2011. Gekostet hat das Ganze 70 Millionen Euro.  

Was zeichnet einen guten Zoo seiner Meinung nach aus? „Ein guter Zoo sieht in den Tieren Botschafter für den Artenschutz und ihre freilebenden Artgenossen. Er beteiligt sich an Artenschutzprogrammen und nutzt seine Plattform, um den Zoobesuchern die Bedeutung des nachhaltigen Schutzes der Biodiversität der Natur aufzuzeigen“, erklärt er. Die Zoos seien heutzutage mehr denn je in der Verantwortung, die Gesellschaft für das Thema Natur- und Artenschutz zu sensibilisieren, „damit auch unsere Kinder und Enkel die Schönheit der Natur schätzen lernen“. Schließlich seien Zoos gleichermaßen Freizeitattraktion und Bildungseinrichtung.  

Im Zoo Leipzig arbeiten insgesamt 250 Menschen. Der Zoo ist auf eine Fläche von 26 Hektar angewachsen. Hier leben mehr als 3.500 Tiere, 850 verschiedene Arten. Das Besondere am Zoo Leipzig ist, dass er, soweit möglich, ein gitterloser Zoo ist. Will heißen: Die Tiere werden in ihren angestammten, naturnah gestalteten Lebensräumen gezeigt – eingebettet in verschiedene Themenwelten: Afrika, Asien, Pongoland, Gründer-Garten und Gondwanaland. Im Frühjahr 2018 kommt der neuentwickelte Themenbereich Südamerika 1 dazu und zwei Jahre später soll mit dem „Feuerland“ der zweite Teil des Themenbereichs Südamerika eröffnet werden. Dazu gehört eine große Wasserwelt. Hauptattraktion wird ein großes Robbenbecken mit einem 360-Grad-Tunnel sein, wo die Gäste von Robben umschwommen werden. Der letzte Schritt auf dem Weg zum „Zoo der Zukunft“ wird dann 2022/23 die Eröffnung der asiatischen Inselwelt sein. 

„Wir wollen auf alle Fälle Innovationsführer in der Zoowelt bleiben und auch immer wieder etwas Neues machen“, lautet das Ziel des passionierten und engagierten Zoo-Direktors. Junhold leitete von 2011 bis 2013 den Welt-Zooverband (WAZA). Heute ist er Vizepräsident des Verbands der Zoologischen Gärten (VdZ), der Vereinigung wissenschaftlich geleiteter Zoos im deutschsprachigen Raum. Insgesamt sind 71 Zoos Mitglied in diesem Verband. 2019 wird Junhold dem VdZ als Präsident vorstehen.