„Wie in einem Zeitraffer hat sich die Lage für die Verkehrsunternehmen und -verbünde verändert“, so VDV-Präsident Ingo Wortmann. Während die Zeichen noch vor wenigen Jahren auf Angebotsausbau, massive Investitionen und finanzielle Unterstützung seitens der Bundes- und Landespolitik gestanden hätten, ginge es nun vielerorts nur noch darum, das Angebot aufrechtzuerhalten und am Markt zu bestehen. Der Ausbau- und Modernisierungspakt des ÖPNV liege brach. Die Herausforderungen könne die Branche nur gemeinsam meistern, was die derzeitige hohe Mitgliederzahl zeige. Sie beweise, dass es in schweren Zeiten keine Alternative zur Zusammenarbeit gebe, so Wortmann.

Wortmann fordert die Politik auf, sich den Problemen zu stellen. Innerhalb der Busbranche macht hier vor allem das Deutschlandticket unangenehm auf sich aufmerksam. Ein Jahr nach Einführung hat es bei den Fahrgästen große Erfolge gefeiert – auf der Einnahmenseite sieht die Sache jedoch gänzlich anders aus. Zwar seien die Fahrgastzahlen mit dem Deutschlandticket gestiegen. Doch laut VDV spitzt sich die Finanzierungssituation im ÖPNV zu. „Jeder Euro fließt in den Erhalt des Bestands-Angebots“, sagt Wortmann. „Das reicht nicht aus, um die Kostensteigerung bei Personal, Energie oder Instandhaltung aufzufangen.“ Für den notwendigen massiven Ausbau oder die Modernisierung des Systems fehlten die Mittel. Der ÖPNV sei nie weiter weg von den politisch vereinbarten Ausbauzielen gewesen als jetzt.

 

Die Branche braucht Verbindlichkeit

Nach Meinung von Wortmann brauche es mehr staatliche Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur und in den Betrieb rund um das Deutschlandticket. Eine nachhaltige Finanzierungsstrategie sei notwendig, um die Zukunft des Angebots zu sichern. „Die anfängliche Begeisterung für das Deutschlandticket wird durch den Rückzug des Bundes aus seiner Verantwortung für die Finanzierung und Steuerung des öffentlichen Verkehrs gedämpft“, kritisiert Wortmann. „Dieser Rückzug führt zu verschärften Rahmenbedingungen.“ Der VDV-Präsident fordert den Bund auf, bei der Verkehrspolitik für Bus und Bahn umzusteuern und sich zu seiner Verantwortung zu bekennen. „Der Bund muss jetzt handeln, lange vor der nächsten Wahl.“ Für die Zukunft des D-Tickets sei eine koordinierte Aktion der Bundes- und Landesfinanzministerien erforderlich. Das Bundesfinanzministerium müsse die finanzielle Unterstützung für das Deutschlandticket bis 2025 sicherstellen. Dazu müsse der Bund die geplante Regionalisierungsmittel-Kürzung von 350 Millionen Euro rückgängig machen und ab 2026 den gesetzlichen Einstieg gewährleisten. „Die Verkehrsministerien der Länder müssen mit entschiedener Unterstützung ihrer Finanzminister dafür sorgen, dass ihre Co-Finanzierung nicht wackelt“, fordert Wortmann. „Sie müssen auch ihre ÖPNV-Gesetze überarbeiten.“ Außerdem müsse ein Rahmen für die Aufteilung der Einnahmen in den Stufen zwei und drei geschaffen werden. Ohne diesen blieben die finanziellen Risiken unverhältnismäßig verteilt.

 

Schlüsselthema Fahrpersonalmangel

Eine Schlüsselstellung im Herausforderungsreigen hat nach wie vor das Thema Personalbedarf, Personalrekrutierung und Mitarbeiterbindung. „Es ist richtig, das Thema Personal ins Zentrum der Diskussionen bei der VDV-Jahrestagung zu stellen“, kündigt Wortmann an. „Wir wissen, was wir im Verband aneinander haben – wir lernen von den Vorreitern und unterstützen uns gegenseitig.“ Der VDV betont, dass gerade in Zeiten der Transformation der Wert der kontinuierlichen Sach- und Facharbeit im leistungsstarken Branchenverband nicht hoch genug bemessen werden kann. Nur so könnten eine wirkungsvolle Branchenkommunikation betrieben und Grundsatzentscheidungen herbeigeführt werden. Dies werde auch von der Politik anerkannt und zahle sich für die Mitgliedsunternehmen aus. „Wir müssen in schwierigen Zeiten als Branche eng zusammenstehen, um das Gespräch mit den politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern zu suchen.“