Inzwischen im Ruhestand, wobei „Unruhestand“ in seinem Falle wohl tatsächlich zutreffender wäre. Denn der 70-Jährige, der im thüringischen Heilbad Heiligenstadt zu Hause ist und im Betreuten Wohnen lebt, hält dort nicht nur regelmäßig die Gottesdienste in der Einrichtung, er ist auch im städtischen Seniorenbeirat aktiv und wird nach wie vor gebeten, Beerdigungen, Trauungen und Taufen abzuhalten. Einen großen Teil des Jahres verbringt Lothar Förster darüber hinaus auf Reisen. Diese Leidenschaft hat der Pfarrer im Ruhestand quasi zu seiner zweiten Berufung gemacht. Denn er ist bereits seit vielen Jahren für das Busunternehmen Döring Reisen in Geismar als Reiseleiter im Einsatz.

Der Kontakt kam 1992 zustande, nachdem Lothar Förster als Pfarrer in die Gemeinde wechselte und dort gebeten wurde, Busreisen mit der Pfarrgemeinde zu unternehmen. „Das hatte ich bis dato allerdings noch nicht gemacht und dachte mir aber, das musst du auch können“, berichtet er über seine „Ursprünge“ als Reiseleiter. Die Familie Döring sei ihm sofort durch ihre freundliche und sympathische Art aufgefallen und so habe man schließlich zusammen zahlreiche Gemeinde- und Krippenfahrten geplant und durchgeführt.

Seitdem ist Lothar Förster der Firma Döring Reisen verbunden. Nachdem er in eine andere Gemeinde versetzt wurde, kam Lucas Döring, der das Unternehmen 2013 in dritter Generation übernommen hat, auf ihn zu und fragte an, ob er nicht auch mal Katalogreisen begleiten wolle. Natürlich hat der Pfarrer begeistert zugesagt und kann inzwischen auf einige Studienreisen zurückblicken, die er als Reiseleiter begleitet hat. Dabei sei er aber nicht auf religiöse Reisen oder Pilgerreisen festgelegt, berichtet der 70-Jährige. „Aber wenn wir Reisen machen, dann habe ich schon auch immer einen kirchlichen Hintergrund zu den jeweiligen Gegenden in meinem Gedächtnis, den ich zu vermitteln versuche. Außerdem spreche ich an jedem Morgen ein Morgengebet. Also die Reisegäste wissen schon, dass mit ihnen ein Pfarrer im Bus ist – auch wenn es eine Katalogreise ist.“

Dieses Jahr habe er besonders Glück, erklärt Förster. Denn es geht unter anderem nach Irland, ins Veneto und sogar nach Israel. Die Reise nach Israel sei ruckzuck ausgebucht gewesen, erzählt er. „Die Dörings sagen schon immer: Herr Pfarrer, wenn Sie da als Reiseleiter stehen, ist alles ausgebucht“, freut er sich über das positive Feedback. „Mein Ziel ist eben immer, die Reisenden miteinander ins Gespräch zu bringen und eine gute Gemeinschaft zu bilden.“

Als Reiseleiter ist Pfarrer Lothar Förster ausschließlich für Döring Reisen aktiv. Er hat aber auch schon einmal eine Kreuzfahrt als Schiffspfarrer auf der MS Albatros, die durch die Fernsehsendung „Morten Hansens `Verrückt auf Meer´“ bekannt ist, begleitet. 14 Tage war er damals in Richtung Norwegen und Spitzbergen unterwegs und hat jeden zweiten Tag einen Gottesdienst gehalten. Als Schiffspfarrer eine Kreuzfahrt nach Australien und Neuseeland zu begleiten, hätte er sich auch sehr gut vorstellen können, schwärmt er. „Aber ich bin da zu spät eingestiegen. Das kann man nur bis 70 machen. Und wenn man Pfarrer einer kleinen Gemeinde ist, muss man ja auch für die Pfarrei da sein“, fügt er hinzu.
Dafür war er aber bereits in Boston, New York, San Francisco, Malta, Marokko und, gerade erst im vergangenen Jahr, auch Dubai und Abu Dhabi. „Dort habe ich mir unter anderem den Louvre angeschaut, der ja erst ein Jahr eröffnet ist, und die Formel 1-Rennstrecke“, erzählt Förster.

Er unternehme aber auch gerne „etwas Kleines“, wie beispielweise eine Fahrt an die Oberschwäbische Barockstraße oder einen Ausflug an sein Lieblingsreiseziel, den Bodensee. 20 Jahre lang hat Pfarrer Lothar Förster seinen Sommerurlaub auf der Insel Hiddensee verbracht. „Das war auch immer schön. Da konnte ich abschalten, das Vergangene überdenken und am Strand meditieren.“ In diesem Jahr führe es ihn im März privat an die polnische Ostseeküste.

Der Reiz an seiner Tätigkeit als Reiseleiter liegt für ihn vor allem darin, interessante Dinge weiterzugeben, die auch manchmal Geheimtipps sind. Im Vergleich zu seiner Tätigkeit als Pfarrer, habe er nun natürlich weniger Verantwortung und könne die Zeit genießen. „Ich habe jetzt eine Reisegruppe auf Zeit, da sind wir eine temporäre Gemeinschaft. Ich freue mich, wenn es den Gästen gut geht und sie am Ende sagen, das war aber schön. Ich bin nicht mehr dafür zuständig, ob der Kirchturm noch gerade oder das Dach gedeckt ist. Ich habe jetzt hier eigentlich nur die schönen Seiten“, resümiert er.

Pfarrer Lothar Förster freut sich, dass es noch so viele Menschen gibt, die Busreisen machen. Natürlich sei es wichtig, dass es gepflegt zugehe. „Wir machen ja keine Kaffeefahrten. Die Reisenden, die Geld für eine Fahrt ausgeben, die dürfen auch Qualität erwarten – ob das nun eine Studienfahrt oder eine Fahrt ins Blaue ist.“ Was die Digitalisierung angeht, so würde sich Förster, der selbst sehr internet- sowie technikaffin ist und unter anderem sowohl Facebook als auch über einen Firestick den Voice-Service Alexa nutzt, wünschen, dass es bald in jedem Bus einen USB-Anschluss gibt, an dem man sein Handy aufladen kann, und Wlan.

Bei aller Leidenschaft für das Reisen – stünde er erneut vor der Entscheidung, einen Beruf wählen zu müssen, er würde wieder Pfarrer werden, bekräftigt Förster, ohne jeglichen Anflug von Zweifeln. Einen Beruf in der Tourismusbranche würde er nicht ergreifen. „Das kann ich ja jetzt hier noch schön ausleben. Und wenn ich mal 90 werde, dann habe ich ja noch 20 Jahre vor mir.“