Stark gelitten hatte auch der Fernbusbetreiber Flixbus, der unlängst seinen zehnten Geburtstag feierte, nachdem 2013 auf Betreiben des BMDV und des bdo die gesetzlichen Einschränkungen für innerdeutsche Fernlinien gekippt wurden – mit dem kleinen Goodie für die Politik, dass alle Busse barrierefrei zu betreiben seien. Eine Zeitvorgabe, die Bund und Kommunen beim ÖPNV 2022 selbst sechs Jahre später noch krachend gerissen haben. Zahlen mussten die teureren Busse allerdings die Buspartner - nicht Flixbus. Flixbus: damals noch ein kleines, hippes Startup mit ein paar schwergewichtigen Wettbewerbern wie ADAC und Postbus - heute ein quasimonopolistischer digitaler Weltkonzern. Trotzdem hat die Pandemie heftige Schneisen in die Bilanz geschlagen - alleine in Deutschland ist das Geschäft nach der letzten IGES-Studie von 25 Mio. Fahrten auf deutlich unter drei Mio. im Jahr 2021 abgestürzt, der Fernbus-Marktanteil hierzulande auf spektakulär schlechte 65 Prozent– in den Jahren vor der Pandemie hatte sich Flixbus gerade an Zahlen um die 90 Prozent gewöhnt. Die Jahrespressekonferenz verkündete natürlich nur die weltweiten Rekorde und kein klares Wort über dieses Desaster. Und als wäre das alles nicht schlimm genug, kam dann auch noch das Neun-Euro-Ticket als Politüberraschung um die Ecke und machte dem Konzern wie der gesamten Branche das Leben doppelt schwer…

 

Kein Wunder also, dass der CEO und Mitgründer André Schwämmlein hausintern und beim bdo die Maxime ausgab, dass man beim Nachfolgeprojekt des Deutschland-Tickets unbedingt an Bord sein müsse. Ebenso flott wie unerwartet traten die Münchener dem VDV bei, dem man die Einnahmeaufteilung am ehesten zutraute, schickte ein paar Studien in die Welt, und versuchte Verkehrsminister Wissing schon im vergangenen Sommer zu bezirzen, dass ein nachhaltiges Ticket nur mit dem inkludierten Fernbus möglich wäre. Der Prüfauftrag, den er intern anstieß, versandete aber wohl im ministerialen Referatedschungel. Sekundiert wurde diese Rochade bis zuletzt vom bdo auch im letzten Satz in der letzten Vorlage zur Anhörung des Verkehrsausschusses – obwohl viele Landesverbände das hinter vorgehaltener Hand ganz anders sahen. Im Positionspapier des bdo zur letzten Anhörung des Verkehrsausschusses heißt es: „Aufgrund der Neuartigkeit der Maßnahme war die Einbindung der Fernlinienbusse zur Einführung des Deutschlandtickets nicht möglich. Sie soll deshalb zeitnah zum 1. Juli 2023 nachgeholt werden.“ Was aber laut bdo nicht als „Terminankündigung der Politik“ misszuverstehen wäre. Letzte Woche war es dann soweit, die Entscheidung ist gefallen: die Gesetzesvorlage für das Regionalisierungsgesetz enthält nicht die von Flixbus und der CDU/CSU-Fraktion betriebene „Öffnungsklausel“, die eine Einbeziehung ab Juli 2023 dann noch nachträglich ermöglicht hätte. Schon auf dem Fastenfischessen des bdo wurde das finale Scheitern mit einem Wein in der Hand ventiliert, sehr zur Erleichterung auch einiger Berliner Verbandsgranden. Und das kurz vor dem angedachten und doch immer wieder verschobenen grünen Börsengang, der eine folgerichtige Expansionsstrategie sein dürfte.

 


Man muss es aber wohl unumwunden einräumen: die Menge der potenziellen Bahn-Nutzer des 49-Euro-Tickets, die den Profi-Bustouristikern abspenstig geworden wären, jemals gekonnt hätten. Das hört man nicht nur von Verkehrs-Politikern wie Hennig Rehbaum oder auch dem Verband der Paketer. Das einmalige Angebot, das die Branche aus einer Hand und mit Vertrauensvorteil anbietet, kann keine zusammengewürfelte Plattformreise toppen – hier solle man einfach etwas mehr Selbstvertrauen haben. Umgekehrt kann der Run auf die Regionalzüge dem Fernbus tatsächlich herbe Verluste zufügen. Verständlich ist der Aktionismus also allemal. Fragen wollte uns die Flixbus-Pressestelle zum Thema leider nicht beantworten. Die Münchener wollen sich jetzt dem Vernehmen nach hierzulande mehr auf die Flixtrains verlegen, um neue Kundengruppen zu generieren. Das Deutschland-Ticket gilt hier aber ebenso wenig wie in den grünen Bussen. Die sieht das Unternehmen zukünftig eher in Richtung Südosteuropa rollen– womöglich sogar in anderer Farbe. Deutschland ist für den grünen Weltkonzern scheinbar gerade nicht mehr der Nabel der Welt.