Und der Imageschaden für das Unternehmen ist immens – egal was schließlich bei den zumeist langwierigen Ermittlungen herauskommt. Besonders pikant ist es, wenn Verbandsvorstände der Busbranche von einem solchen „Sturm“ erfasst werden. So ist es Anfang Mai bereits dem 1. Vorsitzenden des Verbandes Nordrhein-Westfälischer Omnibusunternehmen e.V. (NWO), Jürgen Weinzierl, ergangen. Wie der Kölner WDR zuerst am 1. Juni berichtete, hätten Staatsanwaltschaft und Zoll das Privathaus und die Firmenräume in Köln-Zollstock durchsucht. Der Unternehmer „stehe im Verdacht, seinen Mitarbeitern Löhne vorenthalten und veruntreut zu haben“, so der massive Vorwurf. Weiter heißt es: „Mitarbeiter von Weinzierl berichteten, das ein Großaufgebot des Zolls das Firmengelände in Köln-Zollstock abgeriegelt hätten und alle Beschäftigten zu den Arbeitsbedingungen in dem Busunternehmen befragt hätten. Ein Kleintransporter hätte gerade noch ausgereicht, um die kistenweisen Unterlagen abzutransportieren.“ So das Szenario, wie es sich im Nachhinein von außen darstellt. Nun ist Jürgen Weinzierl nicht irgendein Unternehmer, der rein zufällig NWO-Präsident geworden ist. Sein in den 60er Jahren von Vater Elmar gegründetes Unternehmen mit Dependance in Düsseldorf (02elf Travel GmbH) ist seit Jahren das erste Unternehmen am Platz, wenn es um Politik, Sport und Kultur geht. CDU-Kandidaten im Wahlkampf verlassen sich ebenso auf seine Dienste wie der ESC-Veranstalter, die Eishockey-EM oder der ehemalige Toyota Formel 1-Rennstall in Köln, der mit einem spektakulären Starliner 2 chauffiert wurde.

 

Und jetzt sowas! Was steckt dahinter? Der NWO ließ sich nach der Veröffentlichung durch WDR und anderen Medien knapp ein, wie es in solchen Fällen immer angeraten ist. Der Sachverhalt nach Paragraf 266a StGB („Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt“) wird bestätigt, das Ermittlungsverfahren gehe auf eine Strafanzeige eines im Jahr 2020 ausgeschiedenen Mitarbeiters zurück, der „von Hass zerfressen sei“ – so Weinzierl gegenüber Bus Blickpunkt. Weiter heißt es vom Verband: „Die juristische Prüfung seitens der Behörden ist noch im Gange, welche Vorwürfe im Detail erhoben werden, wissen auch Herr Weinzierl und seine Anwälte bisher nicht.“ Mit den Behörden arbeite man selbstverständlich zusammen, eine übliche aber unabdingbare Floskel. Wichtiger: „Aktuell besteht aus Sicht des NWO-Vorstands keine Grundlage für Konsequenzen innerhalb des Verbandes, Herr Weinzierl übt sein Amt als 1. Vorsitzender weiter aus.“ Wenn man etwas tiefer bohrt, kommt ans Licht, dass es wahrscheinlich um eine Sozialversicherungsnachzahlung für einen mutmaßlich Scheinselbstständigen gehen könnte, der als Freiberufler für das Unternehmen bis 2020 tätig gewesen sei - die mutmaßliche „Lohnveruntreuung“ bestünde also maximal im Nichtzahlen von Sozialabgaben. Jürgen Weinzierl gegenüber Bus Blickpunkt über den aus seiner Sicht „unverhältnismäßigen Einsatz“: „Auslöser ist die Anzeige eines ehemaligen Mitarbeiters, dessen Arbeitsverhältnis durch Beschluss des Arbeitsgerichts Köln zum 31.3.2020 aufgelöst wurde.

 

Dieser Mitarbeiter war mehrfach auffällig, so hatte er einem Kunden, der sich berechtigterweise über ihn beschwert hatte, mit Klagen und Schadenersatzforderungen gedroht.“ Und weiter: „Im vorliegenden Verfahren gegen mich geht es vorrangig darum, die Vorwürfe dieses ehemaligen Mitarbeiters bezüglich der angeblichen Scheinselbständigkeit freier Mitarbeiter zu entkräften.“ Starker Tobak, das riecht tatsächlich nach Rache eines geprellten Mitarbeiters, der auf der medialen Klaviatur eines Rollkommandoeinsatzes zu spielen weiß. Nun dürfte auch jedem Unternehmer bewusst sein, welches Minenfeld die Scheinselbstständigkeit ist, in dem man sich tunlichst nur mit schusssicherer Weste bewegen sollte. Und tatsächlich ist es eine rechtliche Grauzone, Fahrpersonal freiberuflich zu beschäftigen, wie Verbandsjuristen bestätigen. Wie geht es weiter? Weinzierl: „Wir warten die Ermittlungsergebnisse ab. Das wird vermutlich dauern.“ Die Akte aus 2020 schlummerte immerhin rund drei Jahre in amtlichen Schubladen.