Der „German Mittelstand“ ist zu einem internationalen Markenzeichen geworden. Dem „Motor der deutschen Wirtschaft“ wird u.a. eine besondere Innovationskraft zugesprochen. Die Politik wird nicht müde im In- und Ausland Lobeshymnen auf das von ihr viel zitierte „Rückgrat der deutschen Wirtschaft“ zu singen und seine besondere Bedeutung zu betonen und herauszustellen. Doch jetzt, wo es in der Corona-Krise um die Frage Sein oder Nichtsein geht, müssen sich die „Hidden Champions“, die als wichtiger Bestandteil des Erfolgsmodells der deutschen Wirtschaft gelten, ganz weit hinten anstellen. Denn im Fokus des Corona-Rettungsschirms für bedrohte Unternehmen – aufgespannt von Bund und Länder – stehen vor allem Großkonzerne und ganz kleine Unternehmen. Das birgt Zündstoff.

Der Mittelstand fühlt sich von Bundeshilfen ausgeschlossen. Die Rettungsmaßnahmen des Bundes und der Länder kommen im mittelständischen Busgewerbe (Stand Anfang April) nicht an. Das sorgt für großen Unmut. Es gibt eine erhebliche Lücke zwischen der direkten finanziellen Unterstützung von kleineren Unternehmen und Selbständigen sowie Großunternehmen. Der Mittelstand mit Beschäftigten zwischen elf und 249 Mitarbeitern und einstelligen Millionenumsätzen fällt durch das Raster. Neben dem Kurzarbeitergeld gibt es für diese nur noch die Kreditvergabe als Unterstützungsmöglichkeit. Das kommt aber für viele Busunternehmen nicht infrage. Die umfangreichen Vorschriften und Regularien, die den Unternehmen im Busgewerbe in den vergangenen Jahren auferlegt wurden, zwangen viele Mittelständler in großem Stil zu investieren – sei es in neue, emissionsarme Busse, in neue Technologien und Systeme oder u.a. durch das hohe Bürokratieaufkommen in Personal. Mit Krediten werden die Liquiditätsprobleme der Busunternehmen lediglich in die Zukunft verlagert. Das kann am Ende zu einer Überschuldung der Betriebe führen. Mal davon abgesehen, tun sich viele Hausbanken der Unternehmen bei den Kreditanträgen schwer, ein eigenes Risiko in die Bücher zu nehmen. Die KfW bürgt nur für bis zu 90 Prozent der Kreditsumme. Die von den Hausbanken verlangten Sicherheiten und Fortführungsprognosen können in der aktuellen Situation nicht erbracht werden. Wie auch? Keiner kann vorhersagen, wann ihre Busse wieder rollen dürfen und wie das Reisegeschäft anlaufen wird. Hinzu kommen zum Teil hohe Zinsforderungen.<

Eckhard Schwarzer, Präsident des Mittelstandsverbundes, forderte jüngst von der deutschen Politik: „Orientiert Euch am Schweizer Modell! Die Schweiz hat eine direkte, einfache und zu 100 Prozent vom Staat garantierte Haftungsübernahme eingerichtet – verbunden mit einer sofortigen Auszahlung durch die Hausbank des Mittelständlers vor Ort. In Deutschland könnten zudem die Verbundgruppen des kooperierenden Mittelstandes neben den Banken als zusätzliche Auszahlungsstelle zur Verfügung stehen und das System entlasten. Dies wäre für alle Beteiligten die schnellste und vor allem die beste Lösung im Sinne unserer Volkswirtschaft.“

„Wir werden Opfer mangelnder Liquidität“

Große Sorgen um sein gesundes Unternehmen macht sich Axel Blankennagel, geschäftsführender Gesellschafter bei Rheingold Reisen. „Wir sind ein kerngesundes Unternehmen werden aber Opfer mangelnder Liquidität“, beklagt der Wuppertaler Unternehmer. Die Liquidität werde das Kernproblem sein in den nächsten zwei bis drei Monaten. „Wenn kein Geld fließt, wird die Branche sterben – und zwar in großer Breite und Masse“, spricht er Klartext. Blankennagel appelliert an seine Busunternehmerkollegen: „Wir müssen es schaffen, unsere Relevanz für das System hinreichend darzustellen.“ Er selber ist aktiv, tauscht sich beinahe täglich mit Politikern, Busunternehmern, der Presse etc. aus. Betroffen zeigt er sich vor allem über die Situation der Bustouristik und dem freigestellten Schülerverkehr. Den Unternehmen in der Bustouristik und im freigestellten Schülerverkehr sei ein Großteil ihrer Existenz per Beschluss geraubt worden. Umso schneller und dringender müsse die Branche mit Liquidität versorgt werden, fordert er.
Axel Blankennagel beschäftigt rund 130 Menschen in seinem Betrieb. D.h. er fällt durchs Raster, wenn es um Corona-Soforthilfen geht. „Die Verwaltung, die angeblich den Mittelstand schützen soll auf Anweisung von oben, wehrt sich mit Kräften, das zu tun. Es ist zum Verzweifeln“, beschreibt Blankennagel. Im Schulbusverkehr bspw. sei die Einsicht der Aufgabenträger minimal. Erschwerend komme hinzu, dass der Flickenteppich unabgestimmter Maßnahmen nicht nur die Bundesländer betreffe, sondern auch die Landkreise innerhalb der Bundesländer. Der Ton werde immer härter. Für den Schulbusverkehr, den Rheingold Reisen seit über 14 Jahren betreibt, gebe es aktuell keine Krise. „Wir kriegen die Gelder aus Februar und zur Hälfte aus dem März. Unsere Krise beginnt ab 30. April, wenn für diesen Monat keine Rechnungen geschrieben werden. Und die Katastrophe beginnt am 31. Mai, wenn kein Geld mehr da ist. Das heißt dann konkret, wir sind aus dem Rennen“, verdeutlicht Blankennagel.

Corona zwingt ersten Paketer in die Knie

Über die Unternehmen in der Bus- und Gruppentouristik kreist der Pleitegeier und dieser hat sich nach Bus Blickpunkt-Recherche den ersten Paketreiseveranstalter geschnappt: Hart getroffen von der Corona-Krise hat die „Italweg Italienreisen GmbH“ am 26. März beim Amtsgericht Köln Insolvenz angemeldet. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Michael Wilbert von der Kanzlei GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB in Köln bestellt. Die Geschäftsführer Ricardo Busso und Franz-Josef Münchrath hatten Italweg vor über 35 Jahren gegründet.