Der erste Batterie-Elektrobus mit brandneuen Foresee-Batterien soll 2024 an die Kunden gehen, ein Wasserstoff-Low Entry ist ebenfalls schon in der Pipeline, auch ein Elektro-Gelenkbus. Für den Vertrieb in Deutschland wird gerade mit Hochdruck eine neue Gesellschaft im Sauerland etabliert und aufgebaut. So weit so spannend – wir bleiben dran.


Zu den Verlierern auf dem deutschen Markt gehört nach eigenem Bekunden Volvo Buses, die kurz vor der Elekbu in Berlin die völlige Einstellung der eigenen Busproduktion im polnischen Wroclaw verkündete und auch gleich den gebuchten Stand stornierte (ebenso wie den auf der Busworld in Brüssel). Der Geschäftsbereich sei schon seit Jahren unprofitabel gewesen und man wolle sich nun auch in Europa auf das weltweit sehr erfolgreiche Chassisgeschaft konzentrieren: „Wir müssen die Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit verbessern, und werden uns auf die Märkte konzentrieren, in denen wir das erreichen können. In Deutschland werden wir keine aktiven Vertriebstätigkeiten mehr fortsetzen,“ heißt es auf Anfrage aus Göteborg. Folgerichtig wurden alle Vertriebsmitarbeiter von Volvo Deutschland in Heilbronn (außer dem Chef Gerd Schneider, der seit Ende 2020 die Geschicke des Importeursgesellschaft leitete) zum Jahresende entlassen.


Der geneigte deutsche Kunde erfuhr dies mithin nicht von Volvo selbst, sondern aus der Presse – mit einer dezenten Voravisierung der Meldung – was wenig Wertschätzung verrät („Wir stehen in dauerndem Kontakt mit unseren Kunden“, sagt Volvo Schweden). Die Reaktionen dieser Kunden sind denn aaber teilweise stark: Unternehmer Sascha Meurer aus Rösrath, der einen gelben Volvo 9900 besitzt und der Marke sehr gewogen war, sagt uns: „Der abrupte Rückzug vom deutschen Markt war unerwartet und enttäuschend. Zudem wäre eine schriftliche Information der Kunden durch Volvo Schweden oder Deutschland noch vor der Presseinformation nur anständig gewesen.“ Seinen Bus will er trotzdem vorerst behalten, eine Neubestellung käme aber für ihn nicht mehr in Frage - falls die möglich wäre. Auch die wenigen Volvo-Stadtbuskunden, wie die Stuttgarter SSB, scheinen sich von ihren Volvos trennen zu wollen: ein Elektrobus wurde bereits dezent auf dem Gebrauchtmarkt angeboten, wie wir hören.


Letzte Woche nun verkündeten die Schweden zwei neue und einen alten Aufbauer der eigenen Busse: MCV für elektrische Stadtbusse, Sunsundegui für Reisebusse und Carrus Delta in Finnland soll weiterhin den neuen Doppeldecker 9700 DD bauen – wenn der auch die höchsten Produktionskosten aller drei haben dürfte. Wer aber dachte, diese breite Kommunikation beziehe sich auf alle bisherigen europäischen Märkte, der sieht sich auf Nachfrage getäuscht. Für den Stadtbus will Volvo nach informierten Kreisen nur in Skandinavien, Benelux, UK und Spanien aktiv bleiben, beim Reisebus dürfte noch Frankreich dazu kommen – eine offizielle Bestätigung aus Göteborg für diese Liste gibt es nicht, „aus Wettbewerbsgründen“. Deutschland als anspruchsvollster Markt Europas gehört also nicht mehr dazu Jetzt könnte man auf den ersten Blick denken, dass MCV als neuer Player von der neuen Sachlage durchaus profitieren könne. Immerhin kann das junge Unternehmen den Welt-konzern Volvo als etablierten Partner zu den Referenzen nehmen – für England produzieren die Ägypter bereits Elektrobusse auf Volvo Chassis. Aber halt! So einfach ist es nicht, und es tun sich allerhand Fragen auf, an denen gerade im Hintergrund heftig gewerkelt wird: Wird MCV das neue Ebus-Konzept weiter verfolgen für Europa? Werden irgendwann Volvo-Chassis auch bei MCV Deutschland Einzug halten (was in Deutschland wohl für viele Kunden ein „Knock out“-Kriterium wäre)? Wird MCV auch für After Sales und Entwicklung der Volvo Busse verantwortlich sein und so sein eigenes junges Ebus-Pflänzchen kannibalisieren? Und vor allem: Wird MCV nur deshalb mit eigenem Produkt in Deutschland tätig, weil Volvo das gerade nicht tun will?


Eigenartig ist zudem die sehr knappe und einseitige Kommunikation von Volvo bei gleichzeitig beredtem Schweigen der neuen Aufbau-Partner. Auch die Strategen in Kairo rund um Firmenchef Karim Ghabbour und dem globalen Vertriebschef Rafik Nabil Mikhail halten sich gerade in Richtung Deutschland bedeckt. Gleichzeitig geben sich Vertreter von Daimler am Nil dem Vernehmen nach die Klinke in die Hand: schließlich möchte man auf alle Fälle seine lukrativen Chassis-Verträge mit MCV nicht an den goßen Konkurrenten aus Schweden (mit dem die Stuttgarter wiederum im Joint Venture „Cellcentric“ gemeinsam Brennstoffzellen entwickeln und bauen wollen) verlieren. Viel Untergrund-Bewegung bei wenig offener Kommunikation! So ist es bei den großen
Weichenstellungen ja oft.