Der Busmittelstand sei der Verlierer der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus, heißt es in einem offenen Brief vom 04. Mai 2020, mit dem sich der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO) an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Olaf Scholz wendet.

Darin rufen BDO-Präsident Karl Hülsmann und Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonard dazu auf, endlich zu handeln und die mittelständischen Busunternehmen zu retten, bevor es zu spät ist. Gleichzeitig werden konkrete Vorschläge gemacht, wie die sich abzeichnenden Insolvenzen und Arbeitsplatzverluste vermieden werden können.

„Jeden Tag gehen Mitgliedsbetriebe durch das verhängte Reiseverbot und die fehlenden Soforthilfen in die unverschuldete Insolvenz“, schreibt der Verband. „Unsere Geduld ist am Ende.“ Statt Autogipfeln müsse es Hilfen für die Busbranche geben. Die Zeit der Lippenbekenntnisse sei vorbei.

Gefordert werden eine Freigabe für Busreisen und Lockerungen bei Hotels und Gaststätten, ein Soforthilfeprogramm für die Fahrzeugkosten, eine Gutscheinlösung für Stornokosten und ein Konjunkturprogramm, damit Menschen wieder Busreisen unternehmen. Zudem müsse beim Bus wie bei der Bahn ein reduzierter Mehrwertsteuersatz gelten.

Bereits Ende April hatte der BDO in einer Branchenumfrage wesentliche Kennzahlen der wirtschaftlichen Lage im Busgewerbe abgefragt. Dabei kam es bei den teilnehmenden Bustouristik-Unternehmen zu folgenden Kernergebnissen bezüglich der Folgen der Corona-Krise:

  • 85 Prozent geben an, dass sie bereits „starke“ wirtschaftliche bzw. „existenzbedrohende“ Folgen für Ihr Unternehmen spüren.
  • 24 Prozent der Unternehmen geben an, dass sie wirtschaftlich höchstens noch vier Wochen die derzeitige Lage ohne jegliche Einnahmen durchhalten.
  • Weitere 59 Prozent glauben, es bis zu drei Monaten überstehen zu können. Für zwei Prozent gilt dies jedoch nur noch bis zu sieben Tagen.
  • 96 Prozent der Unternehmen geben an, dass die bisherigen Rettungsmaßnahmen der Bundesregierung für eine Rettung der Busunternehmen nicht ausreichen.

Teilgenommen hatten 569 Unternehmen, die in den Bereichen Touristik und Fernlinienverkehr tätig sind. Die Befragung erfolgte im Zeitraum vom 21. April bis zum 23. April 2020.

Brief des BDO an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Olaf Scholz im Wortlaut:

Jetzt handeln und das mittelständische Busgewerbe retten!

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
sehr geehrter Herr Vizekanzler,

als offizielle Vertretung der rund 4.000 mittelständischen Busunternehmen in Deutschland wenden wir uns heute mit einer eindringlichen Bitte an Sie: Ergreifen Sie sofort konkrete Maßnahmen zum Schutz unserer Betriebe und damit zum Erhalt der Arbeitsplätze in der gesamten Busbranche. Der Busmittelstand ist DER Verlierer der durch die Bundesregierung getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus. Seit dem 17. März sind unsere Unternehmen aufgrund eines kompletten Verbotes von Busreisen von allen Einnahmemöglichkeiten abgeschnitten. Zudem gibt es für uns derzeit weder eine Perspektive auf Lockerungen noch werden direkte Hilfen für den Mittelstand diskutiert, wie es sie für große Konzerne bereits gibt.

Selbstverständlich hat auch für uns der Gesundheitsschutz der Bürgerinnen und Bürger Priorität. Aus diesem Grund haben wir uns über Wochen intensiv in Arbeitsgruppen und Videokonferenzen mit den zuständigen Bundesministerien eingebracht, um unseren Beitrag zur Überwindung der Krise zu leisten. Immer wieder haben wir dabei auf die dramatische Situation des Busgewerbes hingewiesen. Aber mit welchem Ergebnis? Sie diskutieren Lockerungen für die Bundesliga und Abwrackprämien für Autokonzerne, die Boni an ihre Vorstände zahlen und Dividenden an Aktionäre ausschütten. 

Vor einem Scherbenhaufen stehen aktuell tausende mittelständische Busunternehmen, die gemäß offizieller Zahlen des Umweltbundesamtes (UBA) das klimafreundlichste Verkehrsmittel betreiben. Grund für die niedrigen Treibhausgasemissionen sind die erheblichen Investitionen in moderne Fahrzeuge, die sich pro Bus auf 400.000 bis 500.000 Euro belaufen. Diese Fahrzeuge stehen alle still, verursachen aber weiter Kosten und verlieren zudem jeden Tag erheblich an Wert. Während andere betroffene Branchen wenigstens ihre Fixkosten z.B. durch digitale Angebote und Außerhausverkäufe ein Stück weit decken können, ist dies bei uns aufgrund des bestehenden Reisebusverbotes nicht möglich. Die bisherigen von der Bundesregierung getroffenen Hilfsmaßnahmen, wie Kurzarbeitergeld und KfW-Kredite schützen den Busmittelstand NICHT vor Insolvenz. Während große Konzerne darüber hinaus bereits vor Wochen Soforthilfen vom Bund erhalten haben und weiter von Konjunkturprogrammen profitieren sollen, verweist man uns auf Länderprogramme, die bislang ebenfalls nicht geeignet sind, die Unternehmen durch diese Krise zu führen. 

Unsere Geduld ist am Ende! Wann wird endlich wirklich gehandelt und etwas für uns getan? Den wievielten Autogipfel muss es noch geben, bis Sie die Sorgen von besonders betroffenen Unternehmen im Mittelstand ernst nehmen? Die Zeit der Lippenbekenntnisse ist vorbei. Jeden Tag gehen Mitgliedsbetriebe durch das verhängte Reiseverbot und die fehlenden Soforthilfen in die unverschuldete Insolvenz. Die Zeit drängt! 

Bitte handeln Sie jetzt und helfen dem Busmittelstand ganz konkret, durch

  1. eine klare Perspektive für die Branche. Eine Aufhebung des Busreiseverbotes muss zeitgleich mit den Lockerungen bei Hotel und Gastronomie erfolgen (der BDO legt Exit-Papier zur Wiederaufnahme von Busreisen unter Einhaltung der Hygieneregelungen vor). 
  1. ein bundesweites Soforthilfeprogramm zur Übernahme von fahrzeugbezogenen Fixkosten (dem BMVI liegt bereits ein entsprechender Vorschlag des BDO vor). 
  1. staatlich abgesicherte Gutscheinlösung (Fondlösung) zur Rückzahlung vor Stornokosten.
  1. ein Konjunkturprogramm zur Unterstützung der Wiederaufnahme von Busreisen. Korrigieren Sie jetzt die falsche Entscheidung des Klimakabinetts im letzten Jahr, die Mehrwertsteuer nur für den Schienenverkehr und nicht für den umweltfreundlichen Bus zu reduzieren! Der Weg aus der Corona-Krise muss klimafreundlich sein. Mit einer nachhaltigen Stärkung des Busses wird die richtige Richtung eingeschlagen. Beenden Sie die Ungleichbehandlung der Verkehrsträger und schaffen Sie keine neue Ungleichbehandlung zu Hotels und Gaststätten, die von der Corona-Krise ähnlich betroffen sind.

 Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO)

 Karl Hülsmann                                                           Christiane Leonard

Präsident                                                                    Hauptgeschäftsführerin