Aus ganz Deutschland werden rund 1.000 Busse mit deutlichen Botschaften auf ihren Karosserien in die Hauptstadt rollen und zum zweiten Aktionstag, zum dem die Branchenverbände RDA, BDO und GBK aufgerufen haben, für notwendige Nachbesserungen und die Zukunft klimafreundlicher Mobilität demonstrieren. Bei Kundgebungen um 12 Uhr am Brandenburger Tor sowie mit einer Bus-Karawane auf der gesamten Straße des 17. Juni soll der Politik erneut Druck gemacht und eine angemessene finanzielle Entschädigung eingefordert werden.

Mit dem Verbot von Busreisen ab dem 17. März hatte die Bundesregierung den Unternehmen die Geschäftsgrundlage entzogen. Inzwischen seien in den einzelnen Bundesländern zwar Neustarts erfolgt – allerdings mit drastischen Auflagen, die ein Arbeiten unmöglich machen würden, lautet es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Verbände. Bisher habe die Politik nicht angemessen auf die unermüdlichen Hilferufe der Busunternehmen, die für die Verbindung touristischer Wertschöpfungsketten und den Wiederaufbau eines europaweiten Reiseverkehrs nach der Corona-Krise unverzichtbar seien, reagiert.

„Das aktuelle Konjunkturpaket ist für die Busbranche eine große Enttäuschung: Statt der notwendigen Soforthilfe in Höhe von mindestens 170 Millionen Euro für das fast drei Monate währende Komplettverbot aller Reisebusfahrten, will man die Betroffenen mit Überbrückungshilfen abspeisen, die viel zu kurz und viel zu niedrig angesetzt wurden“, erklärt BDO-Präsident Karl Hülsmann zum drohenden Aus für hunderte Traditionsbetriebe in der Bustouristik und die Versäumnisse der bisherigen Rettungspolitik. Die Reisebusunternehmen seien schwerer und länger betroffen als fast alle anderen Wirtschaftszweige. „Sie müssen jetzt endlich gerettet werden. Dabei geht es auch um die fast 240.000 Arbeitsplätze, die direkt und indirekt vom Bustourismus abhängen“, so Hülsmann weiter.

Die drohende Pleitewelle in der Bustouristik könne auch nicht dadurch abgewendet werden, dass die Reisebeschränkungen in Europa nach und nach gelockert werden. Auch weil der Flickenteppich an Terminen und Auflagen den zeitnahen Start und die betriebswirtschaftlich sinnvolle Kalkulation von Busreisen verhindere.

Es ist schon fünf nach zwölf

Nach Auffassung von RDA-Präsident Benedikt Esser werde mit der Aufweichung der Insolvenzregeln nur die Statistik geschönt. „Für die Busunternehmer, die mit KfW-Krediten in die unverschuldete Überschuldung getrieben werden, ist es schon fünf nach zwölf“, macht Esser deutlich. Nach seiner Auffassung müsse nicht nur der Mittelstand die Versäumnisse der Politik ausbaden, mit dem Verschwinden traditioneller Familienbetriebe, von denen viele auf eine hundertjährige Geschichte zurückblicken können, gehe auch eine historisch gewachsene Reisekultur zugrunde. „Und das werden vor allem die ländlichen Regionen schmerzhaft zu spüren bekommen“, fürchtet Esser.

Die Ungleichbehandlung der Verkehrsmittel, die den Reisebus beim Neustart nach der Corona-Krise benachteilige, kritisiert der GBK-Vorsitzende Hermann Meyering. „Während Bahn und Flieger ihre Beförderungskapazitäten voll auslasten dürfen, werden die Betreiber von Reisebussen immer noch mit kleinlichen Abstandsregeln gegängelt“, ärgert er sich. „Diese Ungerechtigkeit gipfelt darin, dass die Deutsche Bahn und die Lufthansa mit milliardenschweren Hilfsprogrammen gesponsert werden. Dagegen muss die Bustouristik darum betteln, ihre Vorhaltekosten und die Fixkosten für abgesagte Busreisen erstattet zu bekommen.“ Die Regierung verspiele damit laut Meyering auch die Chance, nachhaltige Mobilität mit dem klimafreundlichen Reisebus nach vorne zu bringen. 

„Orientiert sich die Berliner Regierungskoalition bei der Verteilung von Hilfsgeldern endlich an der ökonomischen, ökologischen und sozialen Relevanz der Bustouristik? Darauf wollen die Demonstranten, die sich am Mittwoch vor dem Brandenburger Tor zu einer Kundgebung versammeln, von der Bundesregierung eine Antwort hören“, machen die drei Branchenverbände in ihrer Pressemitteilug weiter deutlich. Zum Dialog mit der Busbranche, die sich nicht mehr mit Floskeln und leeren Versprechungen zufrieden gibt, sei auch die Bundeskanzlerin eingeladen worden. Über den zweiten Aktionstag in Berlin hinaus unterstützen die Verbände auf Ebene der Bundesländer zudem Klagen auf Schadensersatz für die Einnahmeausfälle während des staatlich verordneten Busstillstands.