Vor solchen unliebsamen Überraschungen will die Wettbewerbszentrale Verbraucher schützen. Sie hat das Fernbus-Unternehmen Flixbus durch alle Instanzen verklagt und hofft nun am Bundesgerichtshof (BGH) auf ein Grundsatz-Urteil. Am heutigen Donnerstag (10. Dezember 2020) wird in Karlsruhe verhandelt.

Worum geht es genau?

Um Zahlungen per Paypal oder Sofortüberweisung. Bei Flixbus war 2018 nur das Buchen mit Giro- oder Kreditkarte kostenlos. Wer mit Paypal oder Sofortüberweisung bezahlen wollte, bekam ein Extra-Entgelt aufgebrummt. Die Höhe war vom Fahrkartenpreis abhängig.

Wie funktionieren Zahlungen per Paypal?

Nutzer der Plattform können Geld elektronisch senden und empfangen. Dafür braucht es ein Paypal-Konto. Wenn das Guthaben nicht ausreicht, zieht Paypal den Betrag per Lastschrift beim Zahler ein oder belastet die Kreditkarte. Dann wird die Summe dem Empfänger gutgeschrieben.

Und was ist eine Sofortüberweisung?

Hier wird das Geld klassisch von Bankkonto zu Bankkonto überwiesen. Neu ist, dass nicht der Zahler die Überweisung auslöst, sondern ein zwischengeschalteter Dienstleister, die Sofort GmbH, der der Kunde seine PIN und TAN mitteilt. Die Sofort GmbH informiert den Empfänger über die Bonität des Kunden. So soll alles schneller gehen.

Was hat es mit den Gebühren auf sich?

Beide Dienste verdienen bei jeder Transaktion einen kleinen Teil mit. Bezahlen muss immer der Empfänger, also der Online-Händler oder im konkreten Fall Flixbus. Bei Paypal setzt sich die Gebühr aus einem Fixbetrag von 35 Cent und einem variablen Bestandteil (1,49 bis 2,49 Prozent) zusammen. Große Kunden können individuelle Konditionen beantragen. Teil der Gesamtkalkulation sind diese Kosten also immer, wie Peter Breun-Goerke von der Wettbewerbszentrale erläutert. Aber nur manche Händler gäben die Gebühr eins zu eins an den zahlenden Kunden weiter.

Warum findet die Wettbewerbszentrale das problematisch?

Die Wettbewerbsschützer stören die unklaren Verhältnisse. „Es geht vor allem um Transparenz und Chancengleichheit“, sagt Breun-Goerke. Der Kunde stoße erst am Ende auf die Zusatz-Gebühr und werde sich zwar ärgern, aber oft murrend bezahlen. „Die Unternehmer müssen wissen: Was darf ich und was nicht? Und dann machen es alle so.“

Wieso ist das Problem erst jetzt aufgetaucht?

Der deutsche Gesetzgeber hat 2018 eine EU-weite Vorgabe umgesetzt und Paragraf 270a ins Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt. Er verbietet es, Kunden für Zahlungen per Banküberweisung, Karte oder Lastschrift zur Kasse zu bitten. Ob das auch für Zahlungsarten wie Paypal und Sofortüberweisung gilt, ist bisher nicht höchstrichterlich geklärt.

Was spricht dafür, was dagegen?

Im Flixbus-Streit war das Landgericht München I der Ansicht, dass die Extra-Gebühren unzulässig sind. Beide Zahlverfahren liefen letztlich immer auf eine Lastschrift oder Kreditkarten-Abbuchung hinaus. Von der Bonitätsprüfung durch die Sofort GmbH profitiere außerdem hauptsächlich das Unternehmen und nicht der Kunde. Das Münchner Oberlandesgericht sah das ganz anders: Das Entgelt werde in beiden Fällen für die Einschaltung eines Dritten erhoben. Diese Konstellation habe der Gesetzgeber bewusst nicht in Paragraf 270a aufgenommen. Das letzte Wort haben jetzt die BGH-Richter. Ob sie ihr Urteil gleich am Donnerstag oder erst später verkünden, ist offen.

Welche Auswirkungen sind vorstellbar?

Flixbus erhebt nach eigenen Angaben inzwischen keine Gebühren mehr für Paypal-Zahlungen und Sofortüberweisungen. Paypal selbst hat im Januar 2018 seine Nutzungsbedingungen geändert und Zusatz-Entgelte untersagt. Verstöße könnten zur Beendigung der Geschäftsbeziehung führen, sagt Sprecherin Sabrina Winter. Paypal sei unabhängig von Paragraf 270a der Ansicht, „dass alle Verbraucher die Möglichkeit einer schnellen und sicheren Zahlung haben sollten – ohne jegliche Hürden“. Anders sieht es bei der Sofort GmbH aus: Hier hat man nach Auskunft eines Sprechers keinen Einfluss darauf, in welcher Form die Kosten bei den Unternehmen auf die Kunden umgelegt werden.