Busunternehmer Karl Kranich möchte altersbedingt seinen Betrieb zum 31.Oktober aufgeben. Leider hat er in den letzten Jahren keinen Nachfolger gefunden. Er beschäftigt im Moment noch drei Fahrer und stundenweise eine Reinigungskraft. Den Angestellten hat Karl noch nichts erzählt. Er fürchtet, dass die Arbeitnehmer, wenn sie von der bevorstehenden Betriebsschließung erfahren, vorschnell von Bord gehen und der Betrieb dann bis zur endgültigen Schließung im Chaos versinken könnte. Nun rückt der 31. Oktober mit jedem Tag näher und der Steuerberater rät Karl Kranich, den Konflikt zu lösen. Aber wie?

 

Tatsache ist zunächst, dass die von Karl Kranich beabsichtigte Betriebsaufgabe zum 31.10. nicht automatisch zur Beendigung der Arbeitsverhältnisse führt. Karl muss also unbedingt tätig werden. Er hat die Arbeitsverhältnisse zu kündigen bzw. entsprechende Aufhebungsvereinbarungen zu treffen und muss somit die Arbeitnehmer unweigerlich von der eigentlichen Betriebsaufgabe informieren. Nach allgemeiner Ansicht rechtfertigt die Betriebsaufgabe im Regelfall auch keine fristlose Kündigung. Karl Kranich kann also mit der Kündigung nicht bis zum 31.10. zuwarten. Das leuchtet ein, da der Entschluss, seinen Betrieb aufzugeben, offensichtlich schon länger besteht. Denn nur im Fall der unverhofften Betriebsaufgabe, bspw. wegen Krankheit, könnte etwas anderes gelten. Karl Kranich muss daher die vorhandenen Arbeitsverhältnisse ordentlich kündigen. Ordentlich heißt, dass er die jeweiligen Kündigungsfristen zu beachten hat. Diese richten sich nach der Betriebszugehörigkeit der Arbeitnehmer und sind daher im Zweifel unterschiedlich lang. Würde er allen Arbeitnehmern ohne Rücksicht auf die Kündigungsfrist kündigen, dann wären zwar die Kündigungen nicht gleich unwirksam, sie würden jedoch erst nach Ablauf der der jeweiligen (=individuellen) Kündigungsfrist greifen. Das würde dazu führen, dass Karl Kranich für Zeiten Lohn schuldet, in denen der Betrieb bereits aufgegeben wurde. Diesen Aspekt muss er in jedem Fall berücksichtigen. Allerdings ist seine Angst, die Arbeitnehmer könnten selbst die Initiative ergreifen und vorschnell von Bord gehen, nicht unbegründet. Die Rechtsprechung hat hier keine Lösung parat und meint nur, dass dies in das betriebliche Risiko des Unternehmers fällt. Er kann daher nur versuchen, mit den Arbeitnehmern entsprechende Gespräche zu führen, um sie bis zuletzt bei der Stange zu halten. Eventuell kann er ja die Betriebstreue bis zum Schluss auch in besonderer Weise honorieren.