Das bereinigte Operative Ergebnis der Gruppe wuchs „trotz erheblicher Einflüsse aus Lieferengpässen“ sowie des Produktionsstillstands bei MAN Truck & Bus im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und der damit verbundenen geringeren Kapazitätsauslastung um 472 Mio. Euro auf 2,1 (2021: 1,6) Mrd. Euro. Die bereinigte Operative Rendite blieb mit 5,1 Prozent auf dem Niveau des Vorjahres (5,2 Prozent). Bei den Bussen konnte der weltweite Auftragseingang um 45 Prozent von 22.237 auf 32.274 Einheiten gesteigert werden, der Absatz stieg aufgrund der guten Zahlen in Nord- und Südamerika sogar um 57 Prozent auf 29.601 Busse. In Deutschland allerdings sank der Bus-Absatz um 29 Prozent auf 1.262 Busse, in den EU27-Ländern um acht Prozent auf 5.036. Der Auftragseingang wiederum ist positiv mit fünf Prozent in Deutschland und 28 Prozent in den EU27-Ländern.
Neuer Weltmotor im konzernweiten Rollout
Christian Levin, CEO der Traton Gruppe erläuterte: „Nach mittlerweile rund 30 Jahren in der Nutzfahrzeugbranche kann ich mich an kein Jahr erinnern, das durch so viele erhebliche Herausforderungen geprägt war wie das Jahr 2022 – von der Corona-Pandemie über massiv gestörte Lieferketten bis hin zum Krieg in der Ukraine, der Energiekrise in Europa und einer historisch hohen Inflation. Und doch ist es uns mit einem echten Kraftakt in einem starken Team gelungen, ein beachtliches Ergebnis zu liefern und Fortschritte in der Umsetzung unserer Strategie zu erzielen. Ich bin sehr dankbar, dass das Interesse der Kunden von Navistar an dem neuen integrierten 13-Liter-Antriebsstrang so groß ist, der auf unserer gemeinsam entwickelten Motorenplattform CBE basiert. Die Scania-Kunden, die den neuen Antriebsstrang bereits kaufen können, sind davon ebenso begeistert wie die Fachpresse. Auch MAN Truck & Bus und danach Volkswagen Truck & Bus werden den neuen Antrieb in den nächsten Jahren ins Portfolio nehmen“, so der Konzernchef.
Levin weiter: „Unsere Zusammenarbeit wird auch dank des modularen Baukastens und unserer neu aufgestellten Organisation effizienter und besser an den Wünschen unserer Kunden ausgerichtet. Das wird uns in den kommenden Jahren helfen, auch beim Hochlauf der E-Mobilität eine führende Rolle einzunehmen.“ Bisher sind die Zahlen im Elektrobusbereich für MAN mit einem europäischen Marktanteil von rund 5,5 Prozent in 2022 noch verbesserungsbedürftig, für Scania mit deutlich unter zwei Prozent weitgehend vernachlässigbar.
„2022 konnten wir bereits 1740 rein batterieelektrische Fahrzeuge verkaufen. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Und dies, obwohl die dringend benötigte Infrastruktur erst noch aufgebaut werden muss. 2023 wird ein herausforderndes Jahr sein: Noch immer haben die Lieferketten und die Rohstoffversorgung nicht ihre gewohnte Stabilität erreicht, zumal die Unsicherheiten durch den Krieg in der Ukraine hoch bleiben. Wir arbeiten in der Gruppe gemeinsam intensiv daran, unsere Kunden möglichst schnell mit nachhaltigen und effizienten Fahrzeugen zu beliefern und mit Serviceangeboten in ihrer Arbeit zu unterstützen.“
Annette Danielski, CFO der Traton Gruppe: „Wir haben 2022 gezeigt, wie gut wir in schwierigen Situationen zusammenarbeiten. Das stimmt mich optimistisch für die kommenden Jahre. Dass es MAN Truck & Bus trotz der sechswöchigen Produktionsunterbrechung gelungen ist, ein bereinigtes Operatives Ergebnis von 139 Mio. Euro zu erzielen, ist eine beachtliche Leistung. Navistar ist schnell zu einer tragenden Säule unserer Gruppe geworden. Volkswagen Truck & Bus hat mit 10,5 Prozent bereinigter Operativer Rendite in einem anspruchsvollen Jahr eine zweistellige Marge erarbeitet. Und Scania hat die Herausforderungen der angespannten Lieferkette im Jahresverlauf immer besser in den Griff bekommen und 2022 dadurch erfolgreich abgeschlossen.
Mit Blick auf 2023 ist der Konzern weiterhin optimistisch: Für die Traton Gruppe erwartet man bei Absatz und Umsatz einen Zuwachs von je fünf bis 15 Prozent. Eine wichtige Basis sei der hohe Auftragsbestand, der die Jahresproduktion bereits zum großen Teil abdecke. Für die bereinigte Operative Rendite prognostiziert Traton daher eine Bandbreite von 6,0 bis 7,0 Prozent, einen Prozentpunkt mehr als für 2022. Den Netto-Cashflow des Geschäftsfelds „Traton Operations“ prognostiziert das Unternehmen in einer Bandbreite zwischen 1,3 und 1,8 Mrd. Euro – immer vorbehaltlich einer erneuten Verschärfung bei den Lieferengpässen von wichtigen Zulieferteilen sowie negativer Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine auf das Branchenwachstum und die Geschäftstätigkeit des Unternehmens.
Vorstand und Aufsichtsrat von TRATON schlagen der Hauptversammlung für das Geschäftsjahr 2022 eine Dividende von 0,70 Euro je Aktie vor. Damit liegt die Ausschüttungsquote am unteren Rand des Zielkorridors von 30 bis 40 Prozent des Nettoergebnisses. Der Kurs der Aktie (ISIN DE000TRATON7) mit einer Marktkapitalisierung von rund 8,5 Mrd. Euro, stieg nach Veröffentlichung des Ergebnisses um und 12 Prozent auf über 18 Euro, den höchsten Wert seit rund einem Jahr, das im September einen Tiefstand mit rund zwölf Euro verzeichnete.
MAN Truck & Bus mit hohen Restrukturierungskosten
Der Nutzfahrzeughersteller MAN Truck & Bus konnte im Geschäftsjahr 2022 trotz eines sechswöchigen Produktionsstopps im 1. Halbjahr als Folge des Ukrainekrieges und daraus folgenden Lieferengpässen einen leicht über Vorjahr liegenden Umsatz von 11,3 Mrd. Euro (2021: 10,9 Mrd. Euro) erzielen. Sinkende Neufahrzeugabsätze beim Lkw (-13 Prozent) konnten durch einen verbesserten Markt- und Produktmix, eine leichte Steigerung des Busabsatzes um vier Prozent auf 4.806 Einheiten, eine bessere Preisdurchsetzung bei Neu- und Gebrauchtfahrzeugen sowie ein deutlich gestiegenes Service-Geschäft ausgeglichen werden, so der Geschäftsbericht. Das bereinigte Operative Ergebnis belief sich auf 139 Mio. Euro, die operative Rendite lag bei 0,0 Prozent nach einem Minus von 4,1 Prozent 2021.
Die Bereinigungen des Operativen Ergebnisses von MAN beinhalteten Restrukturierungsaufwendungen für die laufende Neuaufstellung des Unternehmens (so werden mindestens 6.000 Stellen gestrichen) von 13 Mio. Euro (2021: 696 Mio. Euro). Zusätzlich fielen Belastungen in direktem Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine von 130 Mio Euro an. Darin sind Aufwendungen im Zusammenhang mit der Veräußerung der russischen Vertriebsgesellschaft von 92 Mio. Euro enthalten.
Scania bleibt weiter Renditekönig
Bei den schwedischen Kollegen von Scania konnte die operative Rendite nochmals von 6,5 auf 7,7 Prozent gesteigert werden, das absolute operative Ergebnis konnte von 903 Mio. Euro auf 1,75 Mrd. Euro mehr als verdoppelt werden. Auch hier litt der Lkw Absatz (minus 7 Prozent) bei einem deutlich gesteigerten Busabsatz (plus 13 Prozent auf 4.994 Einheiten). Positiv auf die Rendite hätten sich laut Traton-Geschäftsbericht Währungseffekte der schwedischen Krone ausgewirkt, negativ dagegen „höhere Entwicklungskosten aufgrund verstärkter Aktivitäten im Bereich der E-Mobilität.“ Die Elektrostadtbusse von Scania, die einen Marktanteil unter zwei Prozent in Europa haben, finden im Geschäftsbericht keine Erwähnung. Ausserdem fielen im Rahmen des EU-Kartellrechtsverfahrens, in dem sich Scania bis zuletzt gerichtlich gewehrt hatte, eine EU-Strafe von 880 Mio. Euro zu zahlen, 17 Mio. Euro an, sowie 123 Mio. Euro Kosten in direktem Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg und der Abwicklung des Russlandgeschäftes.
Das Traton-Ergebnis 2022 in einer groben Übersicht. Quelle: Traton Group