Mehr als die Hälfte (54 Prozent) der rund 1.000 im vergangenen Oktober Befragten hatte angegeben, seltener mit Bus und Bahn zu fahren. Corona sei der vorherrschende Grund, den ÖPNV nicht zu nutzen, sagte Andreas Krämer, der Verfasser der Studie. „62 Prozent der Befragten, die erwogen hatten, Bus und Bahn zu nutzen, sich aber letztlich dagegen entschieden haben, nennen die Pandemie als Grund für die Nichtnutzung.“ Die Corona-Krise führe deutlich vor Aspekten wie Fahrtangebot, Preis oder Zuverlässigkeit, die üblicherweise als Grund gegen eine Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs genannt werden.

„Wie zu erwarten war, belegt die Studie eine markante Verringerung der ÖPNV-Nutzung“, stellt traffiQ-Geschäftsführer Tom Reinhold fest. „Wir sehen aber gute Chancen, die Kunden durch Attraktivitätssteigerungen bei Bahn und Bus, überzeugende Hygienekonzepte und konsequente Maskenkontrolle zurückgewinnen zu können.“

Die Gesamtmobilität der Befragten nahm laut Studie insgesamt deutlich ab. Beim öffentlichen Personennahverkehr (S-Bahn, U-Bahn, Straßenbahn und Bus) betrug der Rückgang je nach Verkehrsart zwischen 22 (Bus) und 30 Prozentpunkte (S-Bahn), beim Pkw (Selbst- oder Mitfahrer) 7 bzw. 8 Prozentpunkte.

Beim Vergleich der Nutzung vor und während der Pandemie gibt es demnach klare Gewinner und Verlierer: Während S-Bahnen und U-Bahnen insgesamt 16 Prozentpunkte als Hauptverkehrsmittel verloren, legte den Statistiken zufolge die Nutzung des Autos um 10 Prozentpunkte zu, Fahrradfahren um 4 und der Anteil derjenigen, die überwiegend zu Fuß unterwegs waren, um 5 Prozentpunkte.

Während bei denjenigen, die ihren Beruf wie bisher ausüben, die Anzahl der Fahrten „nur“ um 22 Prozent zurückging, waren es bei Menschen im Homeoffice oder in Kurzarbeit 46 Prozent.

Vor allem die Käufer von Einzelkarten aus Frankfurt und die Zeitkartennutzer aus dem Umland waren weniger mit Bus und Bahn in Frankfurt unterwegs. „Der Rückgang der ÖPNV-Fahrten in Frankfurt auf etwa 68 Prozent des Vorjahreswertes kann zu einem großen Teil auf diese beiden Nutzergruppen zurückgeführt werden, auf die etwa zwei Drittel der verloren gegangenen Fahrten entfallen“, sagte Tom Reinhold.

Zum Ausblick auf die Zeit nach Corona hieß es, es sei anzunehmen, dass nicht alle Veränderungen beim Mobilitätsverhalten wieder zurückgenommen würden: So erwarteten viele Befragte, dass Arbeit im Homeoffice auch in Zukunft eine stärkere Rolle spielen und Fahrten zum Arbeitsplatz überflüssig machen werde.

Die Fahrgastrückgänge in Frankfurt sind kein Einzelfall. So hatte der Rhein-Main Verkehrsverbund (RMV) vor wenigen Wochen von einer aktuellen Auslastung von nur 40 Prozent gesprochen, beim Nordhessischen Verkehrsverbund (NVV) waren es sogar nur 25 bis 35 Prozent. „Wir rechnen damit, dass die Zahlen steigen, wenn die Schulen wieder öffnen“, sagte eine NVV-Sprecherin.

Im laufenden Jahr hat sich der RMV auf ein Minus von 30 Prozent bei den Einnahmen im Vergleich zu 2019 eingestellt. Immerhin: Bisher haben erst fünf Prozent der Besitzer von Jahreskarten gekündigt.

Wie sich die Fahrgastzahlen langfristig entwickeln werden, sei nicht absehbar, hatte RMV-Geschäftsführer Knut Ringat Ende Januar bei der Jahrespressekonferenz betont. Gerade in der in Frankfurt stark vertretenen Banken- und Versicherungsbranche könne das Homeoffice auch nach Corona bestehen bleiben – und damit könnten Pendler wegbleiben. Doch vielleicht gebe es dann mehr Nachfrage nach Fahrten zu Freizeitzwecken, wenn etwa nach dem Ende der Pandemie die Menschen ins Kino oder Fußballstadion strömten.

Die Lage werde von einer eigenen Arbeitsgruppe eng verfolgt, sagte Ringat. Da viele Busse und Bahnen vor Corona überfüllt waren, müsse am Ausbau und an Innovationen festgehalten werden. Er setze darauf, dass auch die Politik dies weiter so sehe und trotz klammer Kassen in die Verkehrswende investiere.

„In der Gesamtschau werden sich ‚bleibende Auswirkungen‘ der Pandemie auf die Fahrgastzahlen im Nahverkehr nicht ausschließen lassen“, fasst Tom Reinhold zusammen. „Wenn die Angst vor Ansteckung mit Corona nicht mehr gegeben ist, werden wir aber verlorene Fahrten teilweise zurückgewinnen können. Wir werden daher verstärkt an der Attraktivitätssteigerung von Bahn und Bus arbeiten müssen. Langfristig stehen die Chancen gut, dass sich der Erfolgstrend des umweltfreundlichen öffentlichen Nahverkehrs fortsetzt.“