„Doch nicht in allen Bereichen – etwa als Fachkräfte – werden zugewanderte Menschen in den Unternehmen unmittelbar helfen können, doch sie werden zu einem Erfolgsfaktor bei so unterschiedlichen Arbeiten wie Fahrberufen oder Spezialisten-Tätigkeiten“, so VDV-Vizepräsident Werner Overkamp. Die VDV-Arbeitgeberinitiative und die VDV-Akademie reagieren gemeinsam darauf mit einer eigenen Schwerpunktpunktveranstaltung. 37 Verkehrsunternehmen nahmen teil.

„Angesichts des weiterhin steigenden Durchschnittsalters des Personals in unserer Branche wird der Handlungsbedarf immer drängender, denn bis 2030 müssen altersbedingt allein im ÖPNV 74.000 Mitarbeitende ersetzt werden. Hinzu kommen 110.000 Mitarbeitende, die für den Aufwuchs des Bus- und Bahn-Angebotes und damit für die angestrebte Mobilitätswende erforderlich sind“, so Overkamp.

 

Erwerbsttätigenzahl sinkt bis 2060 um bis zu einem Drittel

Fachleute sagen für Deutschland voraus, dass sich ohne Zuwanderung aus dem Ausland das Erwerbspersonenpotenzial bis 2060 um rund ein Drittel sinken wird. Bei einem Wandersaldo von etwa 400.000 Personen würde es konstant bleiben. „Wir wissen schon jetzt: Das Durchschnittsalter wird trotzdem weiter steigen – und der Anteil ausländicher Arbeitskräfte. Neben einem modernisierten FEG heißt das auch für den Erfolg der Branche, sich hierauf auf allen Ebenen vorzubereiten“, so VDV-Vizepräsident Overkamp.

Bei der VDV-Branchenumfrage „Rekrutierung aus dem Ausland“ haben sich 69 Verkehrsunternehmen beteiligt – 77 Prozent aus dem Bereich ÖPNV, zwölf Prozent aus dem Bereich der Güterbahnen und elf Prozent aus dem Schienenpersonenverkehr. „Die Zahl der offenen Stellen in Deutschland ist von 800.000 im Jahre 2010 auf 1,7 Millionen im letzten Jahr gestiegen – und steigt weiter. Wir suchen Frauen und Männer in allen Bereichen“, so Overkamp.

 

Vielfältige Hemmnisse bei Rekrutierung aus dem Ausland

Diejenigen Unternehmen, die bereits grenzüberschreitend aktiv sind, sorgen bereits eigeninitiativ für Integrationsmaßnahmen: Genannt werden „Sprachkurse“ von 60 Prozent, „Unterstützung bei Kinderbetreuung“ (25) „Paten- und Mentorenprogramme“ (21). Außerdem werden „Unterstützung bei der Wohnungssuche“ oder „Mitfinanzierung des Busführerscheins“ genannt. „Bei den Verkehrsunternehmen hat der Wandel bereits eingesetzt, sie wollen und müssen auch aus dem Ausland rekrutieren. Künftig können sie dazu auch vermehrt und gebündelt auf die VDV-Arbeitgeberinitiative zurückgreifen. „Dieses Umdenken brauchen wir auch seitens der staatlichen Stellen, bei den Behörden, bei Bund und Ländern: Wir brauchen dort qualifizierte Leute, Programme und auch finanzielle Mittel“, so Overkamp.

Das belegt auch die VDV-Branchenumfrage: Unter den dringlichsten Aufgaben rangieren: Feste Ansprechpersonen in den Arbeitsagenturen und finanzielle Entlastung bei Qualifikationsmaßnahmen (69 Prozent), Handreichungen, was wann zu erledigen ist (61) sowie die Befähigung des Personalbereichs zur Integrationskompetenz (37). Nahezu jedes Unternehmen – 85 Prozent – gibt folgende Hemmnisse an:

  • Kommunikation: Sprache, Kontaktaufnahme zu Fachkräften
  • Komplexität: Prüfung der Vermittlungsangebote
  • Ressourcen der Unternehmen: hoher Aufwand für Erreichen der Zielgruppe
  • Nachweisprüfung: Aufenthaltsgenehmigung, Anerkennung Bus-Führerschein
  • Qualifikation: Ausbau der notwendigen Sprachkompetenz, Einarbeitungszeit
  • Betreuung: Ämtergänge; sozialversicherungs-/arbeitsrechtlicher Aufwand,
  • persönliche Organisation: Unterstützung bei Wohnung, Umzug, Nachzug etc.
  • Integration: in Gesellschaft und zudem in Unternehmens- und Arbeitskultur
  • Risiken: Einstellung zu Arbeit und Werten, Gefahr des Arbeitsplatzwechsels

 

Bdo verweist auf Mindestverdienstgrenze

Der bdo verwies auf seiner Jahrestagung unlängst zudem noch auf ein weiteres Thema, das bei Arbeitern aus Drittstaaten zu beachten ist: Fachkräfte aus Drittstaaten benötigen für die Ausübung einer Beschäftigung in Deutschland einen Aufenthaltstitel. Ab dem 45. Lebensjahr wird ein erstmaliger Aufenthaltstitel nur erteilt, wenn das Gehalt mindestens 55 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung entspricht oder eine angemessene Altersvorsorge nachgewiesen wird. Dieses Mindestgehalt wird jährlich durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat festgelegt. Für das Jahr 2022 beträgt das Mindestgehalt in den alten Bundesländern 46.530 Euro und in den neuen Bundesländern 44.550 Euro. Zum Vergleich: Das bundesweite, durchschnittliche Bruttojahresgehalt lag in 2021 über alle Branchen bei 49.200 Euro. Um dem Fachkräftemangel in Deutschland beizukommen, müssten aus Sicht des bdo „über 45-Jährige Busfahrer/-innen aus Drittstaaten auch unterhalb dieser Gehaltsschwellen zu einer Tätigkeit in Deutschland zugelassen werden“.

Die aktuelle VDV-Arbeitgeberinitiative ist im Netz hier zu finden: www.in-dir-steckt-zukunft.de