„Den Öffentlichen Personennahverkehr zu stärken, also mehr Menschen zum Umstieg auf den ÖPNV zu bewegen, ist das gemeinsame Ziel von Landesregierung und Stadt Frankfurt am Main. Um ein gut ausgebautes Netz mit modernen und komfortablen Fahrzeugen und Haltestellen bieten zu können, braucht es eine ausreichende, zuverlässige Finanzierung. Die Stadt Frankfurt am Main bezuschusst den ÖPNV mit über 200 Millionen Euro pro Jahr. Dennoch werden mehr Mittel von Bund und Land benötigt, oder es muss uns ermöglicht werden, alternative Mittel zu erschließen“, so Siefert bei der Vorstellung.

Untersucht wurden durch die mit der Studie beauftragte Unternehmensberatung „Civity“ sechs Instrumente der so genannten „Nutznießerfinanzierung“. Das bedeutet, dass auch Firmen oder Personen, die vom guten ÖPNV-Angebot in Frankfurt profitieren würden, ohne dass sie es selbst nutzen, einen Beitrag zum ÖPNV leisten. „Von den sechs Instrumenten, die wir zur Nutznießerfinanzierung des ÖPNV untersucht haben, können nach aktueller Abschätzung alle einen Beitrag zur Verkehrswende leisten. Zur Finanzierung des ÖPNV bieten jedoch die Instrumente Arbeitgeberbeitrag und City-Maut ein besonders hohes Potenzial. Dabei sticht der Arbeitgeberbeitrag durch die einfache Umsetzbarkeit mittels einer Gesetzesänderung auf Landesebene deutlich heraus. Hinzu kommt der Anreiz zur Nutzung eines Jobtickets durch die hiesigen Unternehmen“, fasst Studienleiter Friedemann Brockmeyer von Civity zusammen.

 

Der Arbeitgeberbeitrag würde 65 Mio. Euro in die Stadtkasse spülen

Konkret würde das dann so aussehen: Der Arbeitgeberbeitrag würde in Form einer monatlichen Abgabe der in der Stadt ansässigen Unternehmen erhoben. Er richtet sich nach der Anzahl der Beschäftigten des jeweiligen Betriebes. Stellt der Arbeitgeber seinen Mitarbeitenden ein Jobticket zur Verfügung, würde dies auf den neu fälligen Arbeitgeberbeitrag angerechnet. Die Studie sieht in den Berechnungen vor, einen Beitrag von zwei Euro pro Mitarbeitendem in der Woche zu erheben, also 104 Euro im Jahr. Für Firmen, die ihren Mitarbeitenden ein Jobticket zur Verfügung stellen, würde ein Euro pro Mitarbeitendem in der Woche fällig, also 52 Euro. Zusätzlich zum Anreiz zur Jobticket-Nutzung rechnet die Studie mit einem Erlös von rund 65 Millionen Euro pro Jahr. Die weiteren fünf untersuchten Instrumente sind die City-Maut nach dem Vorbild Londons, die nach der Studie rund 47,6 Millionen Euro jährlich einbringen würde. Eine Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung würde 7,7 Millionen Euro pro Jahr erlösen. Ein Gästebeitrag, der pro Übernachtung anfiele und mit einer Fahrberechtigung für den ÖPNV einhergehen würde, brächte 3,8 Millionen Euro jährlich. Über die Stellplatzablöse könnten 2,9 Millionen Euro pro Jahr generiert werden. Über städtebauliche Verträge, also der Beteiligung von Investoren oder Immobilieneigentümern im Umfeld von neuen Siedlungsgebieten an den Kosten eines direkten ÖPNV-Anschlusses, würden eine Million Euro jährlich einbringen.

„Der Arbeitgeberbeitrag ist eine Möglichkeit, die Herausforderungen der kommenden Jahre und Jahrzehnte im ÖPNV finanziell zu meistern. Genannt seien hier neben dem Kapazitäts- und Netzausbau, wie den Verlängerungen der U-Bahnlinien U4 und U5, der Ringstraßenbahn, die Netzverbesserung sowie die Steigerung der Attraktivität der Jobs im Fahrpersonal, um dem Fachkräftemangel zu begegnen“, fasst traffiQ-Geschäftsführer Tom Reinhold zusammen. Er betont bei der Präsentation: „Der Arbeitgeberbeitrag ist ein wirkungsvoller, leicht umzusetzender Hebel für eine gute Finanzierung des ÖPNV.“ Jedoch sei eine gesetzliche Grundlage auf Landesebene erforderlich, damit die Stadt Frankfurt am Main, aber auch andere hessische Städte, Gemeinden und Landkreise in die Lage versetzt würden, dieses Instrument mittels Satzung in die Tat umzusetzen und somit einen weiteren wichtigen Beitrag nicht nur zur Konsolidierung der ÖPNV-Finanzierung, sondern zum Ausbau des ÖPNV in Hessen zu leisten. „Der Arbeitgeberbeitrag kann ein wichtiger Beitrag durch diejenigen sein, die einen Nutzen von einem guten und zukunftsorientierten ÖPNV haben. Dieser kommt ihnen selber und allen anderen mit zugute. Wir fordern die kommende Landesregierung dazu auf, die gesetzliche Grundlage möglichst rasch umzusetzen“, schließt Siefert die Forderungen ab. Derzeit befinden sich die hessische CDU sowie wie SPD in fortgeschrittenen Koalitionsverhandlungen, die bis zum Jahresende abgeschlossen sein sollen. Schon vor Beginn ihrer Koalitionsverhandlungen kündigten sie laut FAZ an, dass sie Verkehrsverbünde und Kommunen künftig stärker mit Landesmitteln unterstützen möchten.

 

Gemischte Reaktionen auf die Konzepte

Laut Frankfurter Allgemeiner Zeitung (FAZ) stoßen die Vorschläge aus der Studie mehrheitlich auf Ablehnung. Der Landesrechnungshof, die Frankfurter Industrie- und Handelskammer (IHK), die Frankfurter Wirtschaftsdezernentin Stephanie Wüst (FDP) sowie die oppositionelle CDU im Rathaus Römer warnten davor, „die Unternehmen finanziell zu überfordern“. Lob für den Vorstoß Sieferts gab es lediglich von der Regionalgruppe Rhein-Main des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), der generell eher Grünen- und ÖPNV freundlich ist.

Walter Wallmann, der Präsident des hessischen Rechnungshofes, warnte laut FAZ am Dienstag vor einem Arbeitgeberbeitrag zur Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs. Eine solche Abgabe würde „wieder einmal“ eine Belastung der Wirtschaft bedeuten, sagte Wallmann anlässlich der Vorstellung des Kommunalberichts seiner Behörde auf Nachfragen. Damit wäre „ein Anstieg der Inflation verbunden, denn die Unternehmen würden die zusätzliche Belastung auf die Verbraucher umlegen“. Ein Arbeitgeberbeitrag bedeute außerdem mehr Bürokratie und einen höheren Verwaltungsaufwand. Die Körperschaften müssten Prioritäten setzen, um nicht immer neue Kosten auf die Bürger zu verlagern, sagt der Präsident des Rechnungshofes, so der FAZ Bericht.