Busunternehmer Klaus Kiebitz hat eine junge Frau, Elena Elster, als „Reisebusfahrerin“ eingestellt. Bei der Einstellung wies die Frau Elster darauf hin, dass sie schwerhörig sei, jedoch ein Hörgerät trage und ihre Behinderung damit restlos ausgeglichen werden könne. Nachdem die Fahrerin einige Monate für Klaus Kiebitz unterwegs war, stellte sich heraus, dass sie häufig das Hörgerät nicht trägt. Bei Nachfrage hatte sie stets eine andere Ausrede parat. Mal sollten es die Batterien sein, mal wäre das Ohr entzündet. Klaus Kibitz ist leicht genervt und möchte wissen, wie er auf die Situation reagieren soll. 

Für das Führen von Fahrzeugen zur Fahrgastbeförderung (Taxi, Omnibus) ist vom Fahrer ein Hörvermögen zu fordern, das eine gute, mündliche Verständigung mit den Fahrgästen ermöglicht. Im Allgemeinen wird hierfür eine Hörweite für Umgangssprache von etwa fünf Metern gefordert. Wenn die Busfahrerin ohne das Hörgerät dieses Hörvermögen nicht besitzt, dann ist sie ohne Hörgerät schlicht arbeitsunfähig, denn sie kann die vertraglich geschuldete Arbeit als Reisebusfahrerin nicht gefahrlos ausüben. Jeder Arbeitgeber kann ohne Wenn und Aber verlangen, dass der Arbeitnehmer alles unterlässt, was absichtlich zur Arbeitsunfähigkeit führt.

Das gehört ganz einfach zur Treuepflicht des Arbeitnehmers, ohne dass hierzu etwas im Arbeitsvertrag fixiert sein muss. Natürlich ist es immer besser, wenn im Arbeitsvertrag etwas geregelt ist. Verstößt der Arbeitnehmer gegen diese Treuepflicht, so kann er abgemahnt und im Wiederholungsfall gekündigt werden. In ganz krassen Fällen kann er auch gleich gekündigt werden. Wenn die Busfahrerin Elena Elster – wie von ihr behauptet - aus objektiven Gründen nicht in der Lage sein sollte, das Hörgerät zu tragen, stellt sich die Frage, ob sie hierüber unaufgefordert informieren muss. Da durch das eingeschränkte Hörvermögen die Sicherheit und das Wohl der Gäste beeinträchtigt sein können, wird man die Frage bejahen müssen. Die Arbeitsunfähigkeit ist eben nicht reine Privatsache der Arbeitnehmerin.

Offenbart sich die Fahrerin deshalb nicht von selbst, verstößt sie ebenfalls gegen ihre Treuepflicht. Klaus Kiebitz sollte der jungen Fahrerin mitteilen, dass sie gegen die Treuepflicht verstößt, wenn sie das Hörgerät weiterhin nicht oder nur unregelmäßig trägt. Ob er deswegen eine Abmahnung ausspricht oder es bei einer „deutlichen Ansage“ belässt, muss er selbst wissen. Hierzu gibt es kein Patentrezept.