Sie bat um kostenlosen Rücktritt. Geduldig wurde ihr erklärt, dass die Reise gefahrenlos durchgeführt werden könne und daher ein kostenloser Rücktritt nicht möglich sei. Das Ganze ging dann hin und her, schließlich trat die Kundin Mitte August zurück. Da sich nunmehr laut der AGB die Stornokosten von 25 auf 65 Prozent erhöht haben, bahnt sich neuer Ärger an. Denn die Kundin hat schon erklärt, allenfalls Stornokosten von 25 Prozent tragen zu wollen. Wie ist die Rechtslage?

Bekanntlich kann der Reisende bis zum Antritt der Pauschalreise jederzeit vom Vertrag zurücktreten. Bei der Rücktrittserklärung handelt es sich um eine einseitige Willenserklärung. Der Reiseveranstalter muss dieser Erklärung nicht zustimmen. Einfach sind die Fälle, in denen der Reisende ausdrücklich den Rücktritt erklärt. Ist die Erklärung des Kunden mehrdeutig, muss diese – gegebenenfalls über den Wortlaut hinweg – ausgelegt werden. Kündigt beispielsweise ein Kunde den Vertrag vor Reisebeginn, so ist klar, dass er damit den Rücktritt meint.

Im vorliegenden Fall ist die Sache nicht eindeutig. Zu klären ist, ob der Wunsch der Kundin aus dem Juni nach einem kostenlosen Rücktritt schon als „kompromissloser Rücktritt im Hilfsfall“ zu verstehen war. Aus Sicht der Kundin ist es nachvollziehbar, dass sie ihre damalige Erklärung jetzt so verstanden haben will. Es kommt aber bei der Auslegung von Willenserklärungen nicht darauf an, was der Erklärende zum Ausdruck bringen will. Vielmehr sind Willenserklärungen so auszulegen, wie sie vom Empfänger in redlicher Weise zu verstehen sind (= objektiver Empfängerhorizont).

Aus der Praxis heraus wissen wir, dass Verbraucher mitunter dazu neigen, ihre Entscheidungen von den finanziellen Auswirkungen abhängig zu machen. So verliert sich manchmal die scheinbare Angst vor irgendwelchen Gefahren mit Zunahme der Stornogebühren. Vor diesem Hintergrund ist es aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt, jeden kostenlosen Rücktritts- oder Umbuchungswunsch pauschal in einen normalen Rücktrittswunsch umzudeuten. Wie der Wunsch der Kundin aus dem Juni letztlich auszulegen ist, erschließt sich im Zweifel erst unter Heranziehung des Schriftverkehrs. Hat die Kundin beispielsweise auch weiterhin auf ihr kostenloses Storno bestanden, wäre die Auslegung sachgerecht, dass die Kundin im Juni gerade nicht „auf jeden Fall“ zurücktreten wollte. In dem Fall wären die 65 Prozent in Ordnung.