In das Reservierungsbüro von Olaf Otter kam eine Kundin und wollte für sich und ihre Tochter eine Busreise buchen. Schnell wurde klar, dass die Tochter am Down-Syndrom leidet, sonst aber in keiner Weise eingeschränkt ist. Olaf Otter schien diese Sache mit der Tochter nicht ganz geheuer. „Werden sich meine trendigen Kunden hieran stören?“ so sein erster Gedanke. Er überlegte dann, mit welcher Begründung er die Kundin abwimmeln könnte. Die Frage heißt: Darf Olaf Otter die Buchung mit Hinweis auf die Behinderung ablehnen?

Es ist schon schlimm, wenn sich Olaf Otter mit Rücksicht auf seine Stammkunden Kunden solche Gedanken machen muss. Würde die Tochter an einer Ess-Störung oder an einem Reizmagen leiden, würde sich für Olaf die Frage nicht stellen, ob er seinen Umsatz der Konkurrenz überlässt. Rechtlich betrachtet muss er mit der Kundin wohl keinen Vertrag abschließen, denn für Reisebüros und Reiseveranstalter gibt es grundsätzlich keine Verpflichtung zum Vertragsabschluss. Die Verpflichtung zum Vertragsschluss nennen die Juristen Kontrahierungszwang. Ein Kontrahierungszwang kann bestehen, wenn der Unternehmer eine Monopolstellung innehat oder Gefahr im Verzug ist. Auch im Bereich der Personenbeförderung besteht mitunter Kontrahierungszwang.

Von allem sind wir hier weit weg. Mit Hinweis auf die Behinderung sollte er den Wunsch allerdings nicht ablehnen, denn sonst droht im eine satte Entschädigungsforderung. In Deutschland gibt es das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), welches unter anderem Benachteiligungen – ohne sachlichen Grund – aufgrund einer Behinderung verbietet. Die Versagung der Buchung wegen der Behinderung stellt eine solche Benachteiligung dar, für die es keinen sachlichen Grund gibt, denn die Tochter ist nach dem Sachverhalt trotz Behinderung fit.

Vor längerer Zeit haben wir darüber berichtet, dass die Anwesenheit von Behinderten keinen Mangel darstellt, der Mitreisende zur Minderung oder gar zur Kündigung des Reisevertrages berechtigen würde. Hieran hat sich nichts geändert. Das heißt im Klartext: Es kann zwar sein, dass sich Mitreisende an der Behinderten stören, sie können deswegen aber nichts machen. Sicherlich befürchtet Olaf Otter nicht unbedingt eine Welle von Minderungsschreiben, sondern eher die Beeinträchtigung seines Rufes. Das ist allerdings kein Grund, der die Benachteiligung rechtfertigen könnte.