Die Mitgliederversammlung des Bundesverbands Deutscher Omnibusunternehmen e. V. (bdo) hat heute bdo-Präsident Karl Hülsmann einstimmig wiedergewählt. Neben Hülsmann wurden auch die bisherigen Vorstandsmitglieder Mario König (MDO), Hans Gassert (LVS) und Karl-Reinhard Wissmüller (LHO) erneut in ihren Ämtern bestätigt.
Hülsmann, selbst mittelständischer Busunternehmer in Voltlage, weiß genau, um welche Belange er sich einzusetzen hat. Mehr als zwei desaströse Corona-Jahre mit Busreiseverboten liegen hinter ihm genau wie der gesamten Branche, Fahrpersonalmangel und dramatisch gestiegene Energiekosten in seiner neuen Amtszeit vor ihm. Dazu die schwierige Diskussion um ein mögliches „Klima- oder Deutschland-Ticket (geplantes Nachfolgeticket zum „9-Euro-Ticket“), welches wohl erhebliche Auswirkungen auf die bisherige Struktur des ÖPNV generell und auch der privaten Unternehmen haben wird.
Anlässlich seiner Wiederwahl sagte Hülsmann in Berlin: „Gemeinsam werden wir als Bundesverband in diesen schweren Zeiten die notwendigen Impulse setzen, um die politische Unterstützung und wirtschaftliche Stärkung des Busmittelstands sicherzustellen“. Er bedankte sich bei den rund Delegierten für den Vertrauensbeweis und freut sich auf eine weitere gemeinsame Amtszeit mit seinen Vorstandskolleg:innen.“
bdo-Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonard lobte anlässlich der Wiederwahl den unerschütterlichen und starken persönlichen Einsatz Hülsmanns, mit dem er immer wieder auch in schwersten Zeiten die Menschen für die Ziele der Busbranche überzeugt und begeistert.
Im öffentlichen Teil der Jahreshauptversammlung mit rund 200 Teilnehmern wurde gemeinsam mit dem Transport- und Logistik-Spitzenverband BGL vor allem der akute Fahrermangel in den beiden, ähnlich stark betroffenen Branchen auch im Rahmen einer ausführlichen Podiumsdiskussion thematisiert. Aber auch andere spannende Themen aus der Branche wie der Aufbau einer eigenen Wasserstoffinfrastruktur, Fortschritte und Vorteile der modernen Batterietechnologie oder der Sinn von digitalen Buchungsportalen kamen zur Sprache. Eine kleine, aber feine Ausstellung einiger unterstützenden Unternehmen rundete die Veranstaltung ab.
Parlamentarischer Herbst-Abend der Buswirtschaft
Am gleichen Abend konnte der bdo zu seinem traditionellen Parlamentarischen „Herbst-Abend der Buswirtschaft“ neben zahlreichen Busunternehmerinnen und Busunternehmern, Vertreter:innen aus Wirtschaft und Ministerien auch wieder über 30 Mitglieder des Deutschen Bundestages begrüßen. Im Vordergrund des politischen Austauschs standen drängende Branchenthemen - neben den Auswirkungen des Fahrpersonalmangels wurden mögliche Nachfolgemodelle des sogenannten, ausgelaufenen „9-Euro-Tickets“, die Sicherung der Bestandsverkehre, der Vorrang der eigenwirtschaftlichen Verkehre, eine faire Einnahmeaufteilung und der noch immer fehlende Energiekostenausgleich für viele Unternehmen diskutiert. bdo-Präsident Hülsmann versicherte den anwesenden Entscheidungsträger:innen, dass die private Busbranche „trotz der derzeitigen Krisensituation aktiv an der Umgestaltung des Mobilitätssektors mitarbeiten“ werde.
Seit dem Ende des landesweiten „9-Euro-Tickets“ sei in Bund und Ländern intensiv über mögliche Nachfolgmodelle diskutiert worden. Der Bund hat zudem eine mögliche Fortsetzung in Form eines „Klima- oder Deutschlandtickets“ zu einem deutlich höheren Preis für den Januar 2023 auf den Weg gebracht – teilweise gegen den Widerstand der Bundesländer. Diese Debatten dürften aber nicht die eigentlichen Probleme des ÖPNV überlagern, so Hülsmann: „Der auch von den Ländern geforderte Ausgleich für die gestiegenen Kosten fehlt noch immer. Bevor es mit der Weiterführung verbilligter Tickets weitergehen sollte, müssen sich Bund und Länder zuerst über die ausreichende Finanzierung der Bestandsverkehre einigen. Seit vielen Monaten ist bei dieser wichtigen Frage trotz höchster finanzieller Belastung der Unternehmen keine Einigung in Sicht. Außerdem muss bei jedem Nachfolgemodell ein Ausgleich der entgangenen Einnahmen durch verbilligte ÖPNV-Angebote für die Unternehmen garantiert sein, denn zahlreiche Busunternehmen haben keinen Ausgleich für die drei Monate des 9-Euro-Tickets erhalten“.
Plädoyer für faire Wettbewerbsbedingungen
Dementsprechend mahnte bdo-Präsident Karl Hülsmann in seiner Begrüßungsrede faire Wettbewerbsbedingungen und bessere Rahmenbedingungen für den Busmittelstand an: „Es kann nicht sein, dass Aufgabenträger in der größten Energie- und Wirtschaftskrise aller Zeiten Geld vom Bund für ein Nachfolge- 9-Euro-Ticket erhalten und dieses nicht an die Busbetriebe weiterleiten. Dies ist nicht nur moralisch verwerflich, weil es Existenzen vernichtet. Es ist auch europarechtswidrig, wie jüngst der EuGH in einem ähnlich gelagerten Fall aus Estland klar und deutlich entschieden hat. Der bdo mahnt Bund und Länder eindringlich, zunächst eine saubere beihilferechtliche Lösung zu erarbeiten, die auch für eigenwirtschaftliche Verkehre gilt, bevor weiter die Existenzen familiengeführter Betriebe aufs Spiel gesetzt werden."
Darüber hinaus stand an diesem Abend der Buswirtschaft noch ein besonderes Jubiläum auf dem Programm: Vor genau zehn Jahren wurde am 27.09.2012 durch Bundestagsbeschluss die Liberalisierung des Fernbusmarktes in Deutschland im Bundestag vollzogen, die durch ein Gesetz aus dem Jahr 1934 bis dato verhindert worden war. Seitdem hat sich der Fernbuslinienverkehr überaus erfolgreich als günstige und umweltverträgliche Alternative etabliert. Sollte 2023 tatsächlich ein „Klima-/Deutschlandticket“ kommen, müsse deshalb auch der Fernlinienverkehr mit Bussen einbezogen werden, so der bdo: „Alles andere wäre nicht nachvollziehbar, will man gerade in ländlichen Räumen, die über keinen Bahnanschluss verfügen, die bestehenden Verkehrsangebote erhalten. Darüber hinaus fordert der bdo für alle Busreisen einen reduzierten Mehrwertsteuersatz.“ Nicht zuletzt aus diesem Grund wurden die beiden Unternehmen Flixbus und Flixtrain vor kurzem auch Mitglied im ÖPNV-Verband VDV. Im bdo ist Flixbus bereits im Rahmen der 2016 gegründeten „IG Fernbus“ vertreten.