Er sei auf jeden Fall weiterhin krank und deshalb möchte er seinen Urlaub für 2020 und 2021 ausgezahlt bekommen. Hat der Mitarbeiter einen derartigen Anspruch?

Nein, einen solchen Anspruch hat er nicht. Zunächst ist festzuhalten, dass der Arbeitnehmer auch in den Zeiten, in denen er arbeitsunfähig ist, Urlaubsansprüche erwirbt. Im vorliegenden Fall hat der Arbeitnehmer also seinen Urlaubsanspruch für das Jahr 2020 vollständig erworben, auch wenn er im Jahr 2020 nicht arbeiten war. Wäre er wegen Eltern- oder Pflegezeit freigestellt, könnte der Arbeitgeber die Anrechnung der Freistellung auf den Urlaubsanspruch erklären. Im Fall der Arbeitsunfähigkeit besteht eine solche Möglichkeit nicht.

Grundsätzlich soll der Urlaub der Erholung dienen. Im rechtlichen Sinne bedeutet Urlaubsgewährung bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht. Ist der Arbeitnehmer krankheitsbedingt arbeitsunfähig, so besteht schon aus diesem Grund keine Arbeitsverpflichtung. Daher kann kein Urlaub gewährt werden, wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist. Den „Urlaub auszahlen lassen“ ist nach dem Bundesurlaubsgesetz allerdings nicht möglich. Da das Bundesurlaubsgesetz nur den Mindesturlaub regelt, kann die Lage beim tariflichen oder vertraglichen Mehrurlaub natürlich eine ganz andere sein. Nach dem Bundesurlaubsgesetz ist ein „Auszahlen“ nur möglich, wenn am Ende eines Arbeitsverhältnisses noch Urlaubsansprüche bestehen, die entweder wegen lang anhaltender Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters oder aus betrieblichen Gründen nicht in natura gewährt werden konnten. Man spricht in den Fällen von Urlaubsabgeltung. In allen anderen Fällen ist eine Urlaubsabgeltung nicht möglich.

Natürlich könnte man dem Arbeitnehmer seinen Urlaub für 2020 und 2021 während fortbestehender Arbeitsunfähigkeit auszahlen, jedoch muss man wissen, dass diese Zahlung rechtlich betrachtet keine „erfüllende“ Wirkung entfalten würde. Endet das Arbeitsverhältnis beispielsweise in naher Zukunft, könnte der Arbeitnehmer den Urlaubsabgeltungsanspruch erneut verlangen und hätte ziemlich große Chancen, den Anspruch bei Gericht auch durchzubringen. Manch einer mag denken: „Sowas würde der Mitarbeiter nie tun…“ – ja, kann sein, muss aber nicht. Zumindest des bestehenden Risikos sollte sich der Arbeitgeber bewusst sein. *Name von der Redaktion geändert