Von Thomas Burgert

Die Auswirkungen des Deutschlandtickets und die Umstellung der Busflotten auf alternative Antriebe waren zwei zentrale Themen auf dem ÖPNV-Kongress des Verbands Baden-Württembergischer Omnibusunternehmen (WBO) am Mittwoch, den 10. Mai, in Sindelfingen. Bei vielen der Vorträge sowie bei zwei Podiumsdiskussionen wurde zudem deutlich, dass die derzeitigen Herausforderungen für die Verkehrsunternehmen sowie auch die Aufgabenträger zu einer finanziellen Überforderung zu werden drohen.


Beim Deutschlandticket gehe die Tendenz zur Chipkarte, wurde bei der Podiumsdiskussion „Was bedeutet das Deutschlandticket für die Aufgabenverteilung im ÖPNV?“ deutlich. Auf etwa 80 Prozent Chipkarte und 20 Prozent Smartphone, bezifferte beispielsweise Bernd Hasenfratz, Prokurist beim Bodensee-Oberschwaben Verkehrsverbund (bodo) das Verhältnis. Auch Frank Mentrup, Oberbürgermeister von Karlsruhe und Aufsichtsratsvorsitzender des Karlsruher Verkehrsverbundes (KVV) wusste vom Trend zur Chipkarte zu berichten. Franz Schweizer, Geschäftsführer von Schweizer Reisen in Waldachtal (Schwarzwald) hingegen meinte, man habe bisher beim Deutschlandticket fast nur Bestandskunden umgestellt und kaum Neukunden zu verzeichnen.

Mit mehr Fahrgästen durch das Deutschlandticket müsse man gerade im Freizeitbereich rechnen, meinte Gerd Hickmann, Leiter Abteilung Öffentlicher Verkehr im Landesverkehrsministerium. Der Druck, die Angebote auszubauen, werde auch deswegen wachsen, sagte Hickmann. Das werde aber Geld kosten, welches fehlen könnte, weil man es bereits in das günstige Deutschlandticket gesteckt hat. „Wenn das Deutschlandticket nicht langfristig durch den Bund finanziert wird, bringt uns das in die Bredouille“, sagte Oberbürgermeister Mentrup.

Man habe mit dem Deutschlandticket leider das Pferd falsch aufgezäumt, sagte Franz Schweizer sogar. Die bessere Reihenfolge wäre Ausbau des Angebots, Qualitätssicherung und dann erst die eigentliche Tarifmaßnahme gewesen.


"The Länd" als Vorreiter auf einem Sonderweg

Das zweite große Thema war die Umsetzung der „Clean Vehicles Directive“ (CVD) der Europäischen Union in Baden-Württemberg. Ohne eine ausreichende Förderkulisse und eine passgenaue Förderung werde es keine erfolgreiche Transformation geben, warnte der WBO-Vorsitzende Klaus Sedelmeier. Baden-Württemberg habe sich bei der Umsetzung der CVD dazu entschieden, ein Landesgesetz in Form eines Landesmobilitätsgesetzes (LMG) zu erlassen ­- ein Weg, den sonst nur Berlin beschreitet, während alle anderen Bundesländer auf eine Branchenvereinbarung setzen. Hinzu kommt noch, dass man Stadt und Land gleich behandeln und auch noch die Mindest-Quotenziele der CVD übererfüllen will. So will das Verkehrsministerium den Termin, ab dem bei den Neuanschaffungen nur noch emissionsfreie Busse beschafft werden dürfen, von 2030 auf 2028 vorziehen.

Weder Aufgabenträger noch die Verkehrsunternehmen seien in der Lage, dies finanziell zu stemmen, warnten Vertreter des WBO sowie der Städte und Landkreise während des Kongresses in Sindelfingen unisono. Für viele private Busunternehmen könne ein Vorziehen auf 2028 praktisch das Aus bedeuten, mahnte Klaus Sedelmeier vor einem Strukturbruch durch das LMG – dies dann mit allen negativen Folgen für die mittelständisch geprägte ÖPNV-Struktur in Baden-Württemberg.

Nathalie Münz, Stellvertretende Geschäftsführerin des Landkreistages Baden-Württemberg, kritisierte, das LMG als eine „überschießende Umsetzung“. Zudem ging sie auch auf das Thema Vorreiterrolle ein, die das Verkehrsministerium bei der Umstellung der Busflotten im Vergleich der Bundesländer anstrebt. „Vorreiter sein zu wollen, muss man sich auch was kosten lassen“, sagte Münz. Auch die Tatsache, dass der Entwurf des LMG Stadt und Land gleichbehandele, kritisierte Nathalie Münz deutlich. Sie sprach von einer „Gleichmacherei“, mit der das Ministerium die unterschiedlichen Regionen des Landes alle „über einen Kamm schere“.

Busunternehmer und Busunternehmerinnen aus verschiedenen Regionen des Landes wiesen im Zuge der Diskussion darauf hin, dass mit der Umstellung nicht nur ein Austausch der Fahrzeuge verbunden sei. Der Einstieg in die Elektromobilität stelle die ganzen Betriebsläufe auf den Kopf, gab ein Busunternehmer zu bedenken. Bisher liegt das Landesmobilitätsgesetz nur als Entwurf vor, das Verkehrsministerium macht aber erkennbar Tempo. Der weitere Plan sehe vor, das LMG bis Ende des Jahres verabschiedet zu haben, sagte Christoph Erdmenger, Leiter der Abteilung nachhaltige Mobilität im Verkehrsministerium, auf dem Kongress.

 

Der ÖPNV-Kongress des WBO in Sindelfingen lockte viele Gäste an.  Foto: Burgert