Busunternehmer Hubert Hummel feierte im Dezember sein 30-jähriges Firmenjubiläum. Aus diesem Grund erhielt jeder Mitarbeiter eine Prämie. Dank seines Engagements im Fernbusmarkt konnte sich Hubert Hummel diese nette Geste leisten. Busfahrer Aribert Amsel, der seit 2012 dauerhaft erkrankt ist und keine Prämie erhielt, findet das ungerecht. Er meint, ihm müsse in gleicher Weise eine Prämie gezahlt werden, da er über 10 Jahre im Unternehmen tätig ist. Hat Aribert Amsel mit seiner Ansicht recht?

Menschlich gesehen kann man die Verärgerung durchaus nachvollziehen. Rechtlich ist der Fall aber wie folgt zu erklären: Auf Prämien haben Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Anspruch, es sei denn, sie wären im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag vereinbart. Wenn nahezu alle Mitarbeiter eine freiwillige Prämie erhalten und einer ausnahmsweise nicht, dann ist dies arbeitsrechtlich problematisch.

Die Juristen diskutieren das Ganze unter dem Begriff arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser Grundsatz besagt, dass ein Arbeitnehmer ohne sachlichen Grund nicht schlechter gestellt werden darf als eine Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer. Je nach Konstellation kann sich so für den ausgegrenzten Arbeitnehmer ein Zahlungsanspruch ergeben. Man könnte es sich vorliegend einfach machen und sagen, dass der Mitarbeiter mit der übrigen Belegschaft schon nicht vergleichbar ist, weil er als einziger krank ist. 
Damit begnügt sich die Rechtsprechung allerdings (noch) nicht. Zu hinterfragen ist vielmehr, ob es einen sachlichen Grund gibt, arbeitsunfähige Arbeitnehmer anders zu behandeln als arbeitsfähige Arbeitnehmer. Würde man mit der Sonderzahlung beispielsweise die langjährige Betriebszugehörigkeit honorieren wollen, so wäre kein Grund erkennbar, weshalb ein gesunder Mitarbeiter mit einer Betriebszugehörigkeit von einem Jahr eine Prämie erhält und der Fahrer, der vor seiner Erkrankung 10 Jahre lang zum Geschick des Unternehmens beigetragen hat, leer ausgeht.

Das Motiv von Busunternehmer Hubert Hummel, seinem Fahrer Aribert Amsel keine Prämie zu zahlen, ist nicht klar erkennbar. Nach dem Sachverhalt ist es aber so, dass sich die wirtschaftliche Situation des Unternehmens (erst) aufgrund des Fernbusgeschäfts als besonders gut darstellt. Naheliegend ist es daher, dass sich Hubert mit der Zahlung für den Arbeitseinsatz seiner Mannschaft in den letzten Monaten bedanken wollte. So betrachte würde – rein rechtlich gesehen – die Ausgrenzung des erkrankten Kollegen hinzunehmen sein.