Lange Lebensdauer, beste Qualität, höchste Sicherheit und vor allem preiswert – die Anforderungen an die Batterien in E-Fahrzeugen sind groß. Inzwischen hört und liest man täglich über große Fortschritte in diesem Bereich. Doch was versteht man überhaupt von all dem, was man so hört und liest, wenn man nicht gerade als Diplom-Ingenieur an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen im Bereich Batteriespeichersysteme und Elektromobilität forscht? Jan Becker ist gerade einmal 30 Jahre jung und leitet seit 2015 die Abteilung Batteriesystemtechnik und Fahrzeugintegration am Lehrstuhl von Prof. Dr. Dirk Uwe Sauer. „Ich fühle mich langsam der Verantwortung gewachsen und habe das Gefühl, dass ich alles im Griff habe“, sagt Becker und ergänzt: „Das ist schon eine große Sache.“

In Aachen hat er zunächst einmal Elektrotechnik studiert und seine Diplomarbeit am Institut geschrieben. „Die Arbeitsinhalte und das Arbeitsumfeld haben mir so gut gefallen, dass ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter gleich eingestiegen bin“, erklärt er. Aktuell ist er 20 Mitarbeitern vorgesetzt und hat viel Personalverantwortung. Becker leitet eine Forschungsgruppe mit vielfältigen Projekten – nicht nur im Busbereich, sondern auch im Pkw-Bereich. Man forsche sehr industrienah, sagt er. Wenn man das Wort Forschung hört, schießen einem um ehrlich zu sein realitätsfremde Bilder durch den Kopf. Doch Jan Becker versichert, „wir sitzen nicht im stillen Kämmerlein und brüten irgendwelche Ideen vor uns hin.“ Getüftelt wird an Projekten sogar teilweise in direkter Kooperation mit Industrieunternehmen. Man erforsche nicht irgendwelche abgefahrenen Dinge für sich alleine, sondern „wirklich sehr praxisrelevant.“ Sowohl deutsche OEMs als auch Zulieferer seien daran mitbeteiligt und definierten auch die Anforderungen ganz klar mit.


Wie muss man sich diese Zusammenarbeit vorstellen? „Wir haben direkte Dienstleistungsverträge. Auch wir geben, ebenso wie die Industrie, ein Angebot auf eine bestimmte Ausschreibung ab. Oder aber die Hersteller kommen direkt auf uns zu, weil sie wissen, dass wir was liefern können“, erläutert Jan Becker. Dann laufe das im Grunde wie ein Industrieauftrag ab. In öffentlich geförderten Projekten herrsche eine relativ lockere Atmosphäre, sagt er. Hier würden die Industrieunternehmen für einen Teil ihrer Leistungen auch gefördert, weil sie Daten freigeben müssten, die sie normalerweise nicht offenlegen würden. Davon profitiere das Konsortium (andere Forschungspartner und die Industrie) ungemein, hebt Becker hervor. Jeder Partner forsche an einem Teilaspekt. Zu regelmäßigen Treffen komme man dann zusammen und bespreche den Forstschritt. „Bisher haben wir sehr gute Erfahrungen damit gemacht“, so Becker weiter.


Und woher kommt sein Interesse für die Batteriesystemtechnik? Elektrofahrzeuge hätten ihn während seines Studiums schon fasziniert. „Batteriespeicher sind eine der Schlüsselkomponenten für Elektrofahrzeuge und dementsprechend fand ich es auch sehr interessant in diesem Bereich zu forschen“. Auf die Frage welche Rolle der Bus für seine Forschungsarbeit spielt, antwortet der junge Ingenieur: „Busse sind ein sehr interessanter Sonderfall, weil Pkw ja kaum bewegt werden. Wenn man sich einen Durchschnitts-Pkw anschaut, fährt er vielleicht eine Stunde am Tag. Das heißt, die Batterie, die man installiert hat, altert einfach so vor sich hin, das ist eine Tatsache. Ein Bus hingegen wird einen Großteil des Tages bewegt. Da lohnt sich die Investition wesentlich mehr. Das heißt, hier kann die Elektromobilität schon deutlich früher wirtschaftlich werden, als im Pkw-Bereich.“


Also kann man behaupten, dass die Forschung im Batteriebereich auf den Bus bezogen, differenzierter zu betrachten ist, als im Pkw-Bereich? Die Grundlagen seien identisch, erklärt er. „Wir können auf die gleichen Methoden zurückgreifen und wenden viele unserer Batteriemodelle an, aber die Anforderungen sind andere“, betont Becker. Beim Bus habe man eine deutlich höhere Zyklenbelastung durch z.B. Schnellladekonzepte. Darauf greife man im Pkw-Bereich nicht so häufig zurück. Entsprechend seien die Anforderungen an die Batteriezellen in der Regel unterschiedlich. „Elektrofahrzeuge sind ja eigentlich nichts Neues. Man hat jahrzehntelang mit Bleibatterien geprobt. Das war dann aufgrund des Gewichts zum Scheitern verurteilt“, fasst Jan Becker zusammen. Dass es machbar ist, habe aber Tesla eindrucksvoll mit seinem Roadster gezeigt. Tesla habe dabei eine relativ bekannte Batteriezelle genutzt und zu tausenden verbaut. Damit habe das US-amerikanische Unternehmen seiner Meinung nach ein interessantes Konzept demonstriert. „Seitdem sehen auch die deutschen OEMs, dass man in dieser Richtung was machen muss“, stellt er fest.


Doch wenn es technisch machbar ist, wo liegt dann das Problem? „Technisch machbar ist es“, ist er sich sicher. Die Frage sei aber, welche Lösung man haben wolle. Ein Batteriepack zusammenzuschrauben, das ein Fahrzeug irgendwie zum Fahren bringt, sei eine sehr einfache Aufgabe. Das bekomme man mit Komponenten, die man im Internet bestellt, sehr schnell hin. „Aber das ist kein System, das man unters Volk bringen dürfte. Sei es hinsichtlich der nicht vorhandenen Sicherheitsanforderungen, Zuverlässigkeiten und Lebensdaueranforderungen. Deutscher Hersteller haben relativ hohe Anforderungen – berechtigterweise. Sie geben sich mit einer 95-prozentigen Lösung nicht zufrieden. Sie wollen etwas 100-prozentiges auf den Markt bringen, was auch allen Sicherheitsanforderungen genügt“, verrät Jan Becker.


Zu weiteren Hürden in diesem Bereich gehört auch ganz klar der hohe Kostenfaktor. Das sieht auch Jan Becker ein: „Noch liegen Elektrofahrzeuge kostentechnisch über den Verbrennern. Nach wie vor können wir aber Preissenkungen erwarten“, deutet er an. „Wir haben momentan im Batteriebereich das Problem, dass wir auf den großen Durchbruch warten“, sagt er ein wenig ironisch. Auch was die Ladeinfrastruktur angeht, werde gern gesagt, dass diese nicht verfügbar sei, vergleicht der Batterie-Experte. Auf der anderen Seite sei es aber doch so, dass nur sehr wenige Leute es nutzen würden.