Seit dem 28. Oktober dieses Jahres ist die Metropole Ruhr um ein Kulturschatz reicher: Das neue Anneliese-Brost-Musikforum Ruhr wurde mit einem Festkonzert eröffnet. Damit erhalten die Bochumer Symphoniker endlich die lang ersehnte eigene Spiel- und Probenstätte.

Eine Schlüsselrolle in dieser Geschichte mit Happy End spielt Steven Sloane, langjähriger Generalmusikdirektors der Bochumer Symphoniker. Denn durch sein Engagement und sein Durchhaltevermögen hat das seit 1919 heimatlose Orchester endlich wieder eine Heimat. Bislang war es so, dass die Bochumer Symphoniker im Schauspielhaus mit staubtrockener Sprechtheater-Akustik oder im Audimax der Ruhr-Uni auftreten mussten.
Der Kampf um das neue Musikzentrum dauerte über 17 Jahre. Es gab zahlreiche Anläufe, dieses Musikforum auf die Beine zu stellen: Erst sollte es an die Bochumer Jahrhunderthalle angedockt werden, dann wurde der Plan auf Eis gelegt. Dann wurde eine Machbarkeitsstudie zu vier unterschiedlichen Orten in Auftrag gegeben. Doch immer wieder musste der Generalmusikdirektor Rückschläge hinnehmen. Widerstände gab es auch in Form von Bürgerbegehren, es wurden Unterschriften gesammelt gegen das Projekt. Außerdem stellten so manche, die Sinnhaftigkeit des Musikzentrums infrage, da ja mit dem Konzerthaus Dortmund und der Philharmonie Essen in unmittelbarer Nähe bereits zwei Konzerthäuser existieren. Doch Steven Sloane sieht das neue Musikforum in Bochum nicht als Konkurrenz zu Dortmund und Essen. Denn das neue Musikzentrum soll kein Gastspielhaus sein, sondern ist ausschließlich für die Bochumer Symphoniker, die Bochumer Musikschule und den Bürgern Bochums gedacht.

Der gebürtige Amerikaner gab aber nicht auf. Er glaubte stets an das Projekt und musste dafür im Laufe der Jahre viele Klinken putzen. Die ideelle Unterstützung hatte er bereits, aber es fehlten das nötige Geld und der Rückhalt in der Bürgerschaft. Die Wende kam dann durch den Lotto-Unternehmer Norman Faber, der für das Projekt überraschend fünf Millionen Euro in Aussicht stellte – allerdings geknüpft an strenge Bedingungen: Es sollten innerhalb von drei Monaten weitere zwei Millionen Euro an privaten Geldern aufgetrieben, der Musiksaal in die Innenstadt gebaut werden und auch die Stadt Bochum innerhalb dieser Zeit mit im Boot zu sitzen hatte. Daraufhin gründeten Steven Sloane und seine überzeugten Unterstützer die Stiftung Bochumer Symphonie. Geplant war: 10.000 Euro innerhalb von zehn Wochen zusammen zu bekommen. Steven Sloane hat eine ganz besondere Art, nicht nur mit seiner Musik, sondern auch mit seinen Ideen Menschen zu begeistern, so wird er von vielen Menschen in seinem Umfeld beschrieben. Das stellte er auch bei diesem Bauprojekt unter Beweis. Durch seine Aktion kamen über 14 Millionen Euro durch private Spenden zusammen. Gespendet durch 22.000 Bochumer. Das waren fast die Hälfte der Baukosten. Damit drehte sich rasch die Windrichtung. Steven Sloane sagt: „Dieses bürgerschaftliche Engagement konnte man einfach nicht mehr ignorieren.“

„Das war ein Abenteuer“, sagt Steven Sloane“. „Aber es hat sich gelohnt“, betont er. Er kann es immer noch nicht glauben, dass er nach unzähligen Aktionen und Benefizveranstaltungen – einem langwierigen Kampf – doch noch geschafft hat, seine Herzensangelegenheit zu realisieren. „Das war kein Ein-Mann-Projekt“, betont er. Daran waren Freunde, das Orchester, Förderer und viele andere Menschen beteiligt. Nicht umsonst wird das Projekt als „das Wunder von Bochum“ bezeichnet. Das Bauwerk wurde in etwa zweieinhalb Jahren fertiggestellt. Das Ganze hat rund 38 Millionen Euro gekostet – ein Peanut im Vergleich zu Elbphilharmonie Hamburg. Für Bochum ist das Musikforum eine große Chance, sich kulturell weiterzuentwickeln. Das Musikforum soll ein Ort der Begegnung, ein Ort des kulturellen Austausches für alle Bochumer Bürger sein. Von der Lesung bis zum Kammerkonzert, von der Ausstellung bis zum Poetry Slam, vom großen Symphoniekonzert bis zum offenen Singen – das Konzerthaus soll sich als kultureller Treffpunkt im Herzen der Stadt etablieren.

Nicht nur seine zentrale Lage mitten in Bochum macht das Musikforum interessant, sondern auch architektonisch ist das Bauwerk einzigartig: Denn es wurde um die baufällige und vom Abriss bedrohte St. Marien-Kirche herum gebaut. Im Zuge dessen wurde auch die Kirche saniert. Das neugotische Gotteshaus dient als Haupteingang und Foyer des Musikforums, das über zwei Säle verfügt. Der große Saal mit 960 Sitzen ist die Spiel- und Probenstätte der Bochumer Symphoniker. Im kleinen Saal werden die städtische Musikschule und diverse Chöre proben. Aus der Sicht von Steven Sloane fängt jetzt mit dem Musikforum eine ganz neue Ära für das Orchester an. All die Jahre habe man unter sehr schwierigen akustischen Bedingungen arbeiten müssen. Mit dem neuen Saal werde sich alles ändern.

Der amerikanisch-israelische Dirigent Steven Sloane stammt aus Los Angeles. In Bochum hat er eine neue Heimat gefunden und ist mit dieser Stadt mittlerweile verwurzelt. Er kam 1994 nach Bochum, um das Amt des Generalmusikdirektors der Bochumer Symphoniker (BoSy) anzutreten und hat die Arbeit mit diesem Orchester zu seiner Lebensaufgabe gemacht. Unter seiner Leitung avancierten die BoSy zu einem der führenden Orchester Deutschlands.
Er ist aber nicht nur leidenschaftlicher Dirigent, sondern auch leidenschaftlicher Baseball-Fan. Als Kind hat er Basketball gespielt. Sport spielt eine große Rolle in seinem Leben. Ein wichtiger Ausgleich zu seinem Job als Dirigent. Das sei wichtig, um abzuschalten, erklärt er. Askin Bulut