„Die Logistikbranche wird seit Jahren sehr stark konsolidiert, es bleiben nur ein paar große Spieler übrig. Kein gutes Umfeld, um sich zu entwickeln. Auch im Tourismus gibt es eine Konsolidierung, aber es geht doch deutlich mehr um Menschen und internationale Zusammenarbeit, was den Bereich sehr spannend macht.“

Auf der gerade erfolgreich und optimistisch beendeten RDA Group Travel Expo in Köln thematisierte RDA-Präsident Benedikt Esser schon zum zweiten Mal auf der Bühne das Thema „Reisen nach Polen“, das wie alle Destinationen in Osteuropa schwer unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges in der Ukraine leidet: „Vor einem Jahr hat der RDA dazu aufgerufen, Polen in die Kataloge aufzunehmen und gezielt nach Polen zu
fahren. Die grenznahen Gebiete leiden unter der Kriegssituation“, was nicht nur, aber auch Spezialanbieter wie Wolff Ost Reisen betrifft. „Wir haben als RDA schon lange freundschaftliche Verbindungen und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der polnischen Tourismusbehörde.“ Zu den anwesenden Vertretern der polnischen Tourismusbehörden gehörte auch Konrad Guldon. Seine Delegation hatte eigens „ein Kontingent“ an polnischem Wein für die Group Expo Night in den Kölner Rheinterrassen mitgebracht – gewissermaßen als Einstimmung auf polnische Kultur und Lebensart. Als ebenso sichtbaren und nachhaltigen Beitrag zur Förderung Polens hat der RDA außerdem Krakau zum Austragungsort der nächsten RDA-Jahrestagung im Oktober 2023 bestimmt und Polen zum Partnerland der GTE 2024 gemacht – ein lange überfälliger Marketing-Schritt, den viele andere Messen schon länger gegangen sind. „Krakau ist ein touristisches Top-Ziel und hat sehr viel zu bieten, wir möchten damit ein Zeichen setzen – wir gehen dorthin, es ist sicher in Polen und man kann sehr gut dorthin reisen. Wir wollen nicht über Waffen sprechen, sondern über die deutsch-polnische Freundschaft – wir funken auf einer ganz anderen Frequenz“, so Esser auf der Bühne. Vieles spricht touristisch für die alte Königsstadt mit der Wawelburg.

 

Krakau ist „Zwillingsstadt“ von Kiew

 

Und tatsächlich ist Krakau sogar „Zwillingsstadt“ von Kiew, ebenso wie die von Nürnberg, das sogar ein Krakau-Haus beherbergt. Außerdem ist es eine Partnerstadt von Frankfurt am Main. „Es gibt zwei Hauptaufgaben des Büros in Berlin: zum einen die Information der Touristen über die polnischen Sehenswürdigkeiten und die Beantwortung von Fragen von Interessierten. Außerdem geht es um die Bespielung der diversen Medien, Print, Online oder auch immer mehr von Bloggern. Hochwertigen Content für die Weiterverarbeitung in den Redaktionen bereitzustellen ist für uns sehr wichtig, obwohl viele Menschen heute Werbung und Journalismus verwechseln, da hat sich viel geändert in der letzten Zeit“. Zu den Aufgaben von Guldon gehört es auch, die einzelnen Nationalitäten zielgruppengerecht anzusprechen. „Deutsche haben völlig andere Vorstellungen von Polen. So können Sie Amerikaner kaum nach Kolberg an der Ostsee locken, für Deutsche ist dies aufgrund der historischen Bedeutung ein wichtiges Ziel. Immerhin ist Polen schon seit Jahren in den Top 10 der beliebtesten Destinationen der Deutschen, was man nicht auf Anhieb vermutet. Bei der FUR-Studie liegen wir derzeit auf Platz 8 mit drei Prozent Marktanteil, und das trotz der schwierigen Situation. Bei den Deutschen liegen die Ostsee und Städte-reisen ganz vorne. Warschau zum Beispiel wurde im Februar 2023 vor Athen und Maribor mit Rekord-Abstand zur ‚European Best Destination‘ gewählt“, ist Gurdon sichtlich stolz. In Deutschland konnten nur Essen (Platz 6) und die BUGA-Stadt Mannheim (Platz 10) Platzierungen der renommierten Online-Tourismusseite einheimsen.

 

Warschau ist „European Best Destination 2023“

 

„Dieser Titel wurde in Deutschland sehr gut aufgenommen, was ein wenig verwunderlich ist, da es bisher in Deutschland nicht zu Top-Destinationen gehörte. Danzig, Breslau und Krakau standen hier mehr im
Fokus – aber das ändert sich jetzt deutlich. Dabei muss man sagen, dass das neue Interesse der Deutschen an polnischen Städten nicht mehr vor allem von Nostalgie, sondern von positiven Assoziationen genährt ist. Und das hat einen echten pekuniären Wert, der auch konkret erhoben werden kann.“ Zuerst hatte die polnische Seite auch eher Warschau oder Posen als Austragungsort des RDA präferiert, wie am Rande des RDA zu erfahren war, aber der RDA hat sich von der alten Königsstadt Krakau mehr angezogen gefühlt. Polen ist unter den Top 10 Reisezielen der Deutschen
„Der Bustourismus wurde in den letzten Jahren sehr stark gefördert durch den Ausbau der Infrastruktur, es gab hier hunderte Projekte in allen Bereichen. Diese Tatsache müssen viele Veranstalter vielleicht neu entdecken, denn es geht dabei nicht nur um die Infrastruktur. Trotzdem könnte man hier noch mehr tun, da Deutschland der einzige Markt neben dem heimischen ist, der viele Busse nach Polen bringt, aber wir sind hier noch nicht auf dem Vor-Corona-Niveau. Um dies zu erreichen, wollen wir natürlich auch die Zusammenarbeit mit dem RDA bestmöglich nutzen. Es ist sicher eine der positiven Folgen von Covid, dass viele Deutsche entdeckt haben, wie interessant Polen sein kann. Wir sind hier wirklich auf ein neues Niveau gekommen.“


„Der Ukraine-Krieg ist Teil des Erlebens in Polen, im März und April 2022 wurde der Tourismus auf Null heruntergefahren. Für Covid gab es Masken und Lösungen – für den Krieg eben nicht. Die Solidarität der Polen ist immer noch sehr stark mit der Ukraine, was sehr stark in der gemeinsamen Geschichte wurzelt. Wir haben viel Informationsarbeit geleistet, auch Minister Habeck und der DRV-Vorstand haben sich für uns eingesetzt. In diesem Jahr hat sich die Situation langsam verbessert, der Trend geht deutlich nach oben. Im nächsten Jahr erwarten wir, an die alten Zahlen anzuschließen. Vor allem durch die Maßnahmen des EU-Projekts „Fit for 55“ sehen wir deutliche Vorteile für den Bus bei Kurzstrecken vor allem gegenüber dem Flugzeug. Es gibt auch verschiedene Projekte, um den Tourismus in der Ukraine nach dem Krieg wiederaufzunehmen. Auch
unser Büro in Kiew bleibt weiterhin geöffnet, anders als das in Moskau, das geschlossen wurde.“ Konkrete Projekte für den Neustart des Tourismus in der Ukraine kennt Guldon jedoch derzeit noch keine.

 

Das polnische Büro in Kiew bleibt geöffnet

 

„Die Zusammenarbeit mit dem RDA ist seit vielen Jahren gut etabliert und wir wollen jetzt diese Kooperation stärken, um den Bustourismus wieder zurückzuholen ins Land. Die Idee mit der Jahrestagung kam bei einem Gespräch mit Herrn Esser Ende 2022 auf, wobei ich zuerst Posen oder Warschau empfohlen habe, das sehr nahe der Grenze liegt. Der RDA hat dann aber Krakau als touristisches Highlight präferiert, das zudem noch weit im Süd-Osten liegt. Und Krakau hat natürlich sehr viel zu bieten – auch an historischer Bausubstanz, weil es kaum Kriegszerstörungen im 20. Jahrhundert erlitten hat.“ Zusammen mit dem RDA erarbeitet Guldon mit seinem Team jetzt ein interessantes touristisches Begleitprogramm für diese Jahrestagung, womöglich auch mit einer zeitlichen Verlängerungsmöglichkeit. Die Botschaft dabei ist, dass man sicher in den Osten Europas reisen kann und es auch sehr viele neue touristische Attraktionen und Hotels gibt. Auch weniger bekannte Ziele im Land wie Lodz oder Posen will Guldon ebenfalls nach vorne bringen. „Auch hier auf dem RDA GTE gibt es gutes Feedback und die Touristiker haben einfach mehr Lust auf Polen“, ist er sicher. n