Gab es danach direkt im Teambus eine erleichterte Party der Spieler? „Alles was im Bus und rund um den Bus der Mannschaft passiert, bleibt natürlich in der Mannschaft“, erstickt Martin Müller jegliche Neugier bereits im Keim. Der Bibliser Busunternehmer fährt bereits seit Jahren die deutsche Fußball-Nationalmannschaft und war auch während der EM im Einsatz.

Wenn man so will, fing mit der Mannschaftsbeförderung auch alles an im Hause Müller. Im Gründungsjahr 1951 startete Opa Martin Müller allerdings nicht mit Sportmannschaften in das Busbusiness, sondern mit der Beförderung der „Opelaner“, der bei dem Rüsselsheimer Autobauer beschäftigten Arbeiter aus dem Umkreis. Anders als die Nationalelf wurden diese dagegen nicht in einem hochkomfortablen Reisebus mit Top-Ausstattung an ihren Arbeitsplatz chauffiert, sondern mussten zunächst noch recht spartanisch auf einem Pritschen-Lkw, auf den einfach kurzerhand Bänke montiert wurden, Platz nehmen. Zwei Jahre später schaffte das Unternehmen schließlich seinen ersten modernen Reisebus an.

Inzwischen verfügt die Walter Müller Reise GmbH & Co. KG über einen Fuhrpark von 54 Fahrzeugen an den Standorten Biblis, Bürstadt, Alzey und Bad Vilbel. Dort hat das Unternehmen Anfang 2020 die Linien des insolventen Busunternehmens BRH Viabus übernommen. Was die Busausstattung betrifft, so legt man seither höchsten Wert auf Nachhaltigkeit und Sicherheit. „Wir waren so ziemlich die ersten in der Metropolregion Rhein-Neckar, die mit dem TÜV-Gütesiegel ‚Sicherheit im Busbetrieb‘ zertifiziert wurden“, berichtet Müller. Auch beim Thema Umweltschutz nahm man früh eine Vorreiterrolle ein und hat inzwischen ausschließlich Euro 6-Fahrzeuge im Bestand.

Im Gegensatz zu manch anderen Busunternehmer-Sprösslingen war für Martin Müller nicht von Anfang an klar, dass er einmal den elterlichen Betrieb übernehmen wird. Zunächst studierte er BWL und jobbte nebenher. „Irgendwann hat mein Vater gesagt, Schluss jetzt, du machst den Busführerschein, dann kannst du in den Ferien für mich fahren“, erinnert sich Müller zurück. Heute führt er gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Ludwig den Familienbetrieb, den er von seinen Eltern Gisela und Walter übernahm. Auch Schwester Anette ist mit an Bord und kümmert sich vor allem um die beiden Reisebüros in Biblis und Mannheim.

Mit dem Deutschen Fußballbund (DFB) arbeitet Walter Müller Reisen bereits seit 1985 zusammen. Wie kommt man denn als Busunternehmer zu dieser ehrenvollen Aufgabe? „Da gab es verschiedene Faktoren“, erklärt der 55-Jährige: „Zum einen die Nähe zum Daimler-Werk – damals war ja Mercedes noch Partner – außerdem unser Standort zwischen Mannheim und Frankfurt und dann war damals auch schon ein Busfahrer des DFB aus Biblis. Da haben wir auch immer mal ausgeholfen.“ So habe man den Kontakt zum DFB immer weiter ausbauen können. Gemeinsam mit Christian Hochfellner ist Martin Müller inzwischen exklusiver Stammfahrer der Nationalelf und auch die Teambusse stehen auf dem Betriebshof in Biblis und werden dort gemeinsam mit dem MAN Truck & Bus Service Hirschberg instand gehalten.
Mit dem Deutschen Handballbund arbeitet Walter Müller Reisen seit 2018 ebenfalls zusammen. Darüber hinaus ist man Teampartner der Bundesliga-Handballer „Rhein Neckar Löwen“ und Reisepartner des Fußball-Drittligisten „SV Waldhof Mannheim“.

Das Fahren der Fußball-Nationalmannschaft während der EM war für Martin Müller eine willkommene Abwechslung. Vor allem vor dem Hintergrund der unbefriedigenden Corona-Politik der Bundesregierung, mit der er sich in seinem Busunternehmer-Alltag nach wie vor auseinandersetzen muss. Natürlich hatten und haben auch die Müllers mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu kämpfen. Zwar habe man finanzielle Unterstützung durch die sogenannten „Scheuer-Hilfen“ erhalten. Dennoch musste auch das Bibliser Busunternehmen vorübergehend 17 Busse abmelden, teilweise Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken und sogar fünf Reisebusfahrer unter den insgesamt rund 110 Mitarbeitern entlassen.

Von dem Verhalten der Politiker ist Martin Müller extrem enttäuscht. „Die Bazooka von Herrn Scholz war noch nicht einmal ein Luftgewehr und wenn man sich die Darlehen genauer angesehen hat, die da vergeben wurden, waren die viermal teurer als das, was mir meine Hausbank angeboten hat“, macht er deutlich. Auch die zwischenzeitlich sehr unterschiedlichen Regelungen der Bundesländer bezüglich Busreisen seien eine einzige Farce. Grundsätzlich vermisst Müller vor allem die Anerkennung der Leistungen des Mittelstands seitens der Politik. „Eigentlich müssten die Politiker täglich in den mittelständischen Betrieben sein und uns dankbar über den Kopf streicheln. Wir sind diejenigen, die unter anderem Ökosteuer zahlen, obwohl wir das ökologischste Verkehrsmittel haben. Wir sind diejenigen, die Integration leben – bei uns sind Mitarbeiter aus 24 verschiedenen Nationen beschäftigt. Wir sponsern die Vereine und fördern das Gemeinwesen vor Ort. Aber wir sind für die Politiker vollkommen uninteressant“, kritisiert er.

Und während die Spieler der Fußball-Nationalmannschaft jetzt einige Wochen zu Hause zur Entspannung haben, fährt Martin Müller nach dem Achtelfinal-Aus wieder zurück ins heimische Biblis. Für ihn geht in diesen Zeiten der Kampf um die Existenz seines Unternehmens, den Erhalt von Arbeitsplätzen und nicht zuletzt auch um mehr Anerkennung für die mittelständischen Busunternehmen seitens der Politik weiter.
Anita Faltermann