Ein Bus hat oft mehrere Leben, meint René Junghans. Der Erzgebirger spürt ihnen mit der Kamera nach. Doch alle, meint er, kriegt er nie. Ganz langsam rollt ein Reisebus an die Haltestelle im Zentrum der Kleinstadt Schneeberg im Erzgebirge. René Junghans schnappt sich seine Kamera. „Klick“ - das dunkelblaue Gefährt von vorne. Von der Seite – „Klick“. „Ich bin Busfan“, stellt er sich dem Fahrer fast entschuldigend vor. Der kennt das schon. Steht der Bus denn optimal im Licht, fragt er. Soll die Tür besser zu fürs Foto? So freundlich seien nicht alle Fahrer, meint Junghans. Der 30 Jahre alte Erzgebirger ist ständig auf der Jagd nach neuen Bussen. Die Leidenschaft komme vom Vater und dessen Modelleisenbahn- Hobby. 2001 fotografierte Junghans erstmals Busse. Sein Archiv schätzt er auf 50.000 bis 60.000 Bilder.
„Üblicherweise fotografiere ich die Busse von allen vier Seiten“, sagt er. Bei besonderer Ausstattung wie Ledersitzen oder einer aufwendigen Dachrandverglasung bei Oldtimern lichte er allerdings auch mal mehr Details ab. Bussen hinterher zu jagen, ist für den Erzgebirger ein Ausgleich zum Beruf als Handformer in einer Gießerei.
„Jeder hat halt seinen Spleen“
Das Wort Bus- Spotter – angelehnt an die englische Bezeichnungen für Flugzeug- und Eisenbahnfans, die Plane- oder Trainspotter – mag der zweifache Familienvater nicht besonders. „Jeder hat halt seinen Spleen“, verteidigt er sein Hobby. Viele Busse hätten quasi mehrere Leben, erzählt er. Linienbusse würden häufig fabrikneu an kommunale Busbetriebe geliefert und wechselten nach einigen Jahren zu Subunternehmern. Die privaten Betreiber setzten ältere Fahrzeuge im Schülerverkehr oder auf Nebenstrecken ein.
Die Lackierung verrät die Herkunft eines Busses
Später würden sie nach Osteuropa verkauft. Oft verrät die alte Lackierung den Bus-Spottern die Herkunft der Fahrzeuge. Über Internetforen tauschen sie sich über Grenzen hinweg aus. In den Busbetrieben seiner erzgebirgischen Heimat kennt man Junghans inzwischen. Bekommen sie neue Busse, wird er informiert und ist oft schon bei der Jungfernfahrt dabei. Gute Reviere für Busfotografen seien der
Busbahnhöfe sind Fotografenstandorte
Zentrale Omnibusbahnhof in Berlin oder die Ostseite des Leipziger Hauptbahnhofs, erzählt Junghans. Da machten internationale Fernlinien- und Reisebusse ihre Stopps. Der 2013 liberalisierte Fernbusmarkt liefert den Fans neue Objekte der Begierde. „Alle bekommt man sowieso nicht vor die Linse, es ist ein Hobby und muss im Rahmen bleiben“, sagt der Erzgebirger. Er selbst mag besonders Busse der Marke Neoplan – „wegen deren besonderer Ästhetik“.
Die Busse seiner Kindheit kamen von Ikarus
Noch gut erinnert sich Junghans auch an die Ikarus-Busse aus seiner Kindheit. Die prägten zu DDR-Zeiten das Straßenbild vieler Ostblockländer. „Als Knirps bin ich kaum an die Haltewunschtaste hoch über der vierteiligen Drucklufttür gekommen“, erinnert sich der heute 30-Jährige. Inzwischen gibt es laut Kraftfahrt-Bundesamt nur noch 56 Ikarus-Busse in Deutschland. Junghans engagiert sich im „Freundeskreis Ikarus“, der sich regelmäßig trifft, unlängst im brandenburgischen Bad Belzig. Rundfahrten inklusive. Einen Busführerschein hat der Bus-Spotter selbst nicht, fährt aber zumindest einen Kleinbus. Das habe aber praktische Gründe und nichts mit dem Hobby zu tun, sagt der Familienvater schmunzelnd.