Christiane Leonard, Hauptgeschäftsführerin des BDO (Foto: BDO)
Christiane Leonard, Hauptgeschäftsführerin des BDO

Die Fernbusbranche wehrt sich gegen den Vorwurf, der Bahn Fahrgäste wegzuschnappen. Auf Dauer könnten die Busreisen dem Zug nicht gefährlich werden. Beide Beförderungsarten hätten einen gemeinsamen Konkurrenten.

Laut Statistik sind 98,7 Prozent der Fahrgäste im Nahverkehr mit Zügen, Straßenbahnen und Bussen unterwegs. Ein Blick auf die Summe der zurückgelegten Strecken ergibt jedoch eine andere Verteilung: Demnach entfallen ziemlich genau drei Viertel auf den Nahverkehr und ein Viertel auf den Fernverkehr. Um dieses eine Viertel ist seit Anfang 2013 ein heftiger Wettbewerb entbrannt.

Bis zur Liberalisierung des Fernbusmarktes hatte die Deutsche Bahn hier dominiert. Sie konkurrierte mit dem Privatauto und auf wenigen Strecken mit dem Flugzeug. Diese Situation hat sich entscheidend verändert. Fernbusse zählten im vergangenen Jahr 17 bis 19 Millionen Fahrgäste, wie aus vorläufigen Schätzungen des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Das entspricht einer Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahr. Dennoch beschwichtigen die Omnibusunternehmer: „Die Bahn muss keine Angst vor dem Fernbus haben", sagte BDO-Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonard. „Er wird ihr auf Dauer nicht gefährlich."

130 Millionen Euro wanderten von der Bahn zum Fernbus

Von zuletzt rund 145 Millionen werde die Zahl der Fahrgäste im Fernverkehr nach jüngsten Prognosen auf 170 Millionen steigen. Daran dürfte die Bahn mit dann mehr als 140 Millionen Fahrgästen den größten Anteil halten. „Die Fahrgäste steigen vor allem vom Auto auf Bus und Bahn um", argumentiert Leonard. Das mag sein, doch immerhin mindestens jeder dritte Fernbus-Kunde ist nach Studien ein bisheriger Bahn-Nutzer. Zwei Millionen weniger Fernreisende buchten 2014 bei der Bahn. Nach eigenen Berechnungen verlor das Bundesunternehmen 130 Millionen Euro an die Bus-Konkurrenz.

Deutsche Bahn: „Wir können den Fernbus nicht links liegen lassen"

Deshalb will die Deutsche Bahn in zweierlei Hinsicht in die Offensive gehen. Zum einen baut sie ihr eigenes Fernbusnetz - Marktanteil: neun Prozent - deutlich aus, greift die privaten Wettbewerber also direkt an. Wir können den Fernbusmarkt nicht einfach links liegen lassen", bemerkte dazu kürzlich der zuständige Bahn-Vorstand Ulrich Homburg. Zum anderen lässt die Bahn ihre Fernzüge künftig in mehr Städten halten. Insgesamt 25 Orte werden ins Netz der Intercitys aufgenommen und alle zwei Stunden angefahren, wie das Unternehmen am Mittwoch in Berlin mitteilte. Deutschlandweit werde es keine weißen Flecken im Fernverkehr" mehr geben, kündigte Homburg im März an. Der Haken an der Sache: Der Netzausbau wird nur schrittweise vorangehen und sich über 15 Jahre hinziehen. Vor allem der Mangel an Zügen hemmt die Bahn nach wie vor. Da sind die Fernbusse viel flexibler. Deren Betreiber mit den Marktführern Mein Fernbus und Flixbus können sich schnell an die Nachfrage anpassen, Buslinien neu ins Programm nehmen oder streichen. Und sie sind wegen geringerer Kosten zumeist in der Lage, ihre Fahrscheine günstiger anzubieten als die Bahn.