Neben anderen Restrukturierungs-Maßnahmen wird der Bus-Rohbau für die Werke Ligny-en-Barrois, Mannheim (rund 3.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in zentralen Funktionen) sowie in der Montage und Neu-Ulm (rund 3.600 Beschäftigte in zentralen Funktionen sowie in der Omnibusfertigung) ab dem Jahr 2028 vollständig am Standort Holýšov in Tschechien erbracht. „Im Gegenzug konnte der Gesamtbetriebsrat die Verlängerung der bestehenden Zukunftssicherung für die Beschäftigten der EvoBus GmbH in Deutschland von aktuell 2024 bis Ende 2033 erreichen,“ so eine Meldung von Daimler. Damit sind betriebsbedingte Kündigungen in diesem Zeitraum ausgeschlossen. Außerdem investiert Daimler Buses nach eigener Aussage bis Ende des Jahrzehnts rund 150 Millionen Euro in die beiden deutschen Standorte.

 

Am Standort Neu-Ulm werden weiterhin Setra Reisebusse entwickelt und endgefertigt.         Foto: Daimler Buses

 

„Wir sind und bleiben der einzige Hersteller, der weiterhin in Deutschland fertigt.“

Till Oberwörder, CEO von Daimler Buses: „Wir haben gemeinsam mit dem Betriebsrat in intensiven Gesprächen ein Zukunftsbild vereinbart, das unsere langfristige Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen soll. Damit schaffen wir für unsere Produktionsstandorte in Mannheim und Neu-Ulm eine langfristige Perspektive. Wir sind und bleiben der einzige Hersteller, der weiterhin in Deutschland Stadt- und Reisebusse fertigt.“

„Wir haben eine klare Roadmap für Fahrzeuge mit vollelektrischem Antrieb definiert. Es gibt jedoch viele neue Wettbewerber, die E-Busse anbieten. Diese verschärfte Marktsituation führt dazu, dass wir uns in der Produktion kostenseitig besser aufstellen müssen. Das betrifft insbesondere unsere deutschen Werke. Wir wollen unseren Kunden auch weiterhin die besten Produkte zu attraktiven Konditionen anbieten – und das Zukunftsbild macht genau dies möglich“, so Oberwörder weiter.

 

Gesamtbetriebsrat spricht von „tragfähigem Ergebnis“

Bruno Buschbacher, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der zu Daimler Buses gehörenden EvoBus GmbH: „Mit dem Zukunftsbild für EvoBus haben wir in Summe ein tragfähiges Ergebnis erreicht. Beide Seiten mussten sich in den Verhandlungen bewegen. Wir sichern die Traditionsstandorte Mannheim und Neu-Ulm langfristig ab und geben den Kolleginnen und Kollegen eine verlässliche Zukunftsperspektive. Beide Standorte haben nun eine führende Rolle bei der Entwicklung und Produktion künftiger Produkte. Ein solches Ergebnis war nur möglich, weil die Kolleginnen und Kollegen über beide Standorte hinweg geschlossen und solidarisch für ihre Interessen eingetreten sind.“

„Wir als Gesamtbetriebsrat von EvoBus müssen die Verlagerung des Rohbaus ins Ausland akzeptieren, weil das Unternehmen nur so die notwendige Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen kann. Eine Blockade hätte für EvoBus in den kommenden Jahren nur noch mehr Unsicherheit gebracht und letztlich ein Sterben auf Raten bedeutet. Wir bedauern diesen Schritt, müssen aber der Realität ins Auge sehen. Nun ist es die Aufgabe des Managements, die notwendigen Investitionen an den deutschen Standorten zu tätigen, für die vereinbarte Ersatzbeschäftigung zu sorgen und EvoBus in eine erfolgreiche Zukunft zu führen“, sagt Buschbacher.

Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) sprach von einem «sehr guten Resultat», das von der gemeinsam getragenen Verantwortung von Arbeitgeber und Arbeitnehmern zeuge. "Das sind gute Nachrichten für den Industriestandort Mannheim", teilten auch die Mannheimer SPD-Landtagsabgeordneten Stefan Fulst-Blei und Boris Weirauch laut dpa mit. "Es waren harte Verhandlungen und Auseinandersetzungen für die beiden Standorte, aber ich glaube, es hat sich gelohnt", teilte der Geschäftsführer der Gewerkschaft IG Metall in Mannheim, Thomas Hahl, mit. Die Verlagerung sei ein schmerzlicher Einschnitt, jedoch habe man einen "adäquaten Ersatz für die Beschäftigung am Standort" vereinbaren können.

 

Ausbau der Flexibilität im europäischen Produktionsverbund

Als Bestandteil des ausgehandelten „Zukunftsbilds“ will Daimler Buses die Zusammenarbeit im europäischen Produktionsverbund weiter ausbauen. So werden zukünftig in Abhängigkeit der Auftragslage Fahrzeugstückzahlen flexibel zwischen den Werken verteilt ­– gängige Praxis auch bei anderen Herstellern. Für die beiden Standorte Mannheim und Neu-Ulm ist die Mindestgröße der Stammbelegschaft in der Produktion auf jeweils 1.500 festgelegt. Eine Deckelung der Produktionsstückzahlen soll es in Deutschland nicht geben. Damit haben auch die Werke an den Hochlohn-Standorten Mannheim und Neu-Ulm die Chance, an künftigem Wachstum teilzuhaben.

 

Mannheim und Neu-Ulm: Kompetenzzentren im Produktionsverbund

Alle neuen Mercedes-Benz Stadt- und Setra Reisebusse für den europäischen Markt sollen zukünftig in den Daimler Buses Werken Mannheim und Neu-Ulm entwickelt werden und dort auch anlaufen. Dabei wird Mannheim das Kompetenzzentrum für E-Stadtbusse und sich ab 2024 vollständig auf die Produktion von elektrisch angetriebenen Stadtbussen fokussieren. Zusätzlich steigt das Werk stärker in die Komponentenfertigung ein. Neu-Ulm bleibt das Kompetenzzentrum für Reisebusse und wird weiterhin als einziger Standort Setra-Reisebusse fertigen, die gerade erst vor allem elektronisch erneuert wurden LINK. Ab der zweiten Hälfte des Jahrzehnts sollen in Neu-Ulm auch elektrisch angetriebene Überlandbusse (in kurzem wird der neue Setra S500 LE business vorgestellt) und „ab Ende der Dekade“ Reisebusse mit batterieelektrischem sowie wasserstoffbasiertem Brennstoffzellenantrieb vom Band laufen.

 

Elektrisch angetriebene Modelle für das gesamte Portfolio

Daimler Buses will bis zum Jahr 2030 in jedem Segment lokal CO2-neutrale Modelle auf der Basis von Batterie- oder Wasserstoffantrieb anbieten. Der Fokus liegt zunächst auf den Kernmärkten Europa und Lateinamerika. Bis 2039 sollen im Kernmarkt Europa nur noch lokal CO2-neutrale Neufahrzeuge vertrieben werden. Im Stadtbus-Segment soll dies bereits ab dem Jahr 2030 in Europa der Fall sein. Auf dem Weg zur weltweiten Elektrifizierung der Personenbeförderung plant Daimler Buses ab Mitte der Dekade mit dem Setra LE business den ersten vollelektrischen Überlandbus auf den Markt zu bringen. Ab Ende dieses Jahrzehnts sollen Reisebusse mit batterieelektrischen und wasserstoffbasierten Antrieben folgen. Daimler Buses setzt analog der Doppelstrategie des Mutterkonzerns Daimler Truck ebenso auf beide Technologien – denn nur so könnten maßgeschneiderte Zero-Emission-Lösungen für die vielfältigen Bedürfnisse der Kunden angeboten werden. Für die Wasserstoffaktivitäten wurde 2021 mit Volvo zusammen das Joint Venture Cellcentric gegründet.

 

In Mannheim sollen ab 2024 nur noch emissionsfreie Stadtbusse endgefertigt werden.            Foto: Daimler Buses