Angesichts des Busunfalls mit 18 Toten auf der Autobahn 9 müssen sich Autofahrer auf höhere Strafen für das Blockieren von Rettungsgassen einstellen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will die Geldbuße von bisher 20 Euro verzehnfachen. Notgassen-Blockierern sollten mindestens 200 Euro und zwei Punkte in der Flensburger Verkehrssünderkartei drohen, in schweren Fällen zudem ein Monat Fahrverbot.

Der verunglückte Reisebus aus Sachsen stand am Montag lichterloh in Flammen, als die Feuerwehr am Unfallort eintraf. Die Ermittler in Bayern konzentrieren sich unterdessen auf den getöteten Busfahrer als möglichen Verursacher des Unfalls bei Münchberg.

Geprüft würden aber auch mögliche technische Fehler, sagte ein Polizeisprecher am Dienstag. Das hat eine Debatte über schärfere Sicherheitsvorgaben für Busse ausgelöst. Zudem könnte nach dem Busbrand zum ersten Mal die jüngste Gesetzesverschärfung gegen Gaffer angewandt werden.

Für Autofahrer, die im Stau keine Rettungsgasse bilden, hatte Dobrindt schon vor dem Inferno abschreckendere Geldbußen geplant - ursprünglich je nach Schwere von 55 Euro bis 115 Euro. So sieht es eine Verordnung vor, die für diesen Freitag auf der Tagesordnung des Bundesrats stand. „Wir werden die geplante Erhöhung der Bußgelder noch einmal deutlich verschärfen“, kündigte Dobrindt nun in der „Bild“-Zeitung (Mittwoch) an, die als erste über den Plan berichtete. Der Innenausschuss der Länderkammer hat sich dafür ausgesprochen, mindestens 105 Euro und maximal 165 Euro anzudrohen.

Büros der Busfirma

durchsucht

Bei Münchberg war ein Reisebus mit 48 Menschen an Bord auf einen Sattelzug aufgefahren und in Brand geraten. 18 Menschen starben in den Flammen, unter ihnen der 55 Jahre alte Fahrer. Die Büros der Busfirma in Sachsen seien durchsucht worden, teilten das Polizeipräsidium Oberfranken und die Staatsanwaltschaft Hof mit. Man habe Unterlagen zu dem Bus, dem Fahrer und seinem überlebenden Kollegen sichergestellt. „Deren Auswertung wird mit Nachdruck betrieben.“

Die Brandursache ist noch nicht geklärt. Zwei Sachverständige für Verkehrsunfälle und Brände hätten keine Hinweise darauf gefunden, dass der Reisebus schon vor dem Aufprall auf den Sattelzug gebrannt hat. „Vieles spricht dafür, dass bei dem Bus erst aufgrund der Kollision mit dem Anhänger Feuer ausgebrochen ist“, hieß es. Von den 30 Verletzten hätten 7 Leichtverletzte die Krankenhäuser wieder verlassen. Bei 3 der 23 Opfer, die noch in den Kliniken behandelt werden, bestehe weiterhin Lebensgefahr. Die meisten Fahrgäste kamen aus Sachsen. Angaben zur genauen Herkunft der Opfer machte die Polizei bislang nicht.

Diskussion über

Notbremssysteme

Noch am Montag hätten Patienten die Heimreise angetreten, zumeist mit Hilfe von Angehörigen, teilte das Sozialministerium in Dresden mit. Für Mittwoch stehe ein weiterer Rücktransport fest. Notfallseelsorger hatten die Polizei in Sachsen begleitet, als sie mehr als einem Dutzend Angehörigen Todesnachrichten überbrachte. Der Lastwagenfahrer war körperlich unverletzt geblieben, erlitt aber einen Schock. Um solche Unfälle zu vermeiden, seien nicht abschaltbare Notbremssysteme wichtig, die auf Stau-Enden reagierten, sagte Professor Hermann Winner, Experte für Autonomes Fahren an der TU Darmstadt. Baden-Württemberg denkt über eine Bundesratsinitiative zum obligatorischen Einsatz von Notbremssystemen für Busse nach. Zwar sei das System seit 2015 in Reisebussen und Lastwagen vorgeschrieben.

„Das Problem ist allerdings: Der Fahrer kann diesen Notbremsassistenten abschalten, was offenkundig häufig gemacht wird“, sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU). Die Verkehrsexpertin der SPD im Bundestag, Kirsten Lühmann, sagte der „Heilbronner Stimme“ (Mittwoch): „Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass auf EU-Ebene die vorgeschriebene Abbremswirkung nochmals verschärft werden könnte, denn technisch wäre ein Abbremsen um 40 km/h möglich, ab 2018 sind jedoch nur 20 km/h verpflichtend.“ Da bei der Brandkatastrophe Autofahrer die Zufahrt für die Rettungskräfte erschwert hatten, könnte laut Bundestags-SPD bei der strafrechtlichen Aufarbeitung erstmals der neue, am 30. Mai in Kraft getretene Straftatbestand gegen Gaffer zu einer härteren Bestrafung angewendet werden. Damit reicht schon das Behindern von Rettungskräften aus, um sich strafbar zu machen.