Wir hatten an dieser Stelle in der Januar-Ausgabe unter dem Titel „Wird kommunaler Reiseverkehr zum Verlustgeschäft?“ u.a. über das Verkehrsunternehmen Wartburgmobil (VUW) gkAöR berichtet. Nach der Veröffentlichung meldete sich VUW-Vorstand Horst Schauerte per E-Mail in der Redaktion und beanstandete die Berichterstattung. Die Behauptungen würden nicht der Wahrheit entsprechen lautete der Hauptvorwurf. Die gkAöR Wartburgmobil habe kein ähnliches Geschäftsmodell wie die Reisering Hamburg GmbH, denn Wartburgmobil führe „nur Mietomnibusverkehr durch“, fasst Schauerte in einem Schreiben an die Redaktion zusammen. Außerdem sei die Behauptung, dass Wartburgmobil seit 2017 verstärkt Anmiet- und Gelegenheitsverkehr durchführe, nicht richtig. Die Umsätze seien strikt zurückgefahren worden und mittlerweile sei kein Reisebus mehr im Einsatz, sagt der VUW-Vorstand. Doch die von uns recherchierten Zahlen sprechen eine andere Sprache. Denn betrachtet man die Wirtschaftspläne von Wartburgmobil, die für jedermann einsehbar sind, so geht daraus hervor: Im Jahr 2017 wurden 671.282,80 Euro, im darauffolgenden Jahr 660.810,33 Euro und in 2019 insgesamt 596.801,24 Euro im Gelegenheitsverkehr erwirtschaftet. Ein Einbruch fand erst mit Beginn der Corona-Pandemie in 2020 statt. Doch nach „strikt zurückgefahren“ sieht das Ganze trotzdem nicht aus.

 

Darüber hinaus kritisiert Schauerte die Aussage, Wartburgmobil habe den Anmiet- und Gelegenheitsverkehr offensiv beworben. Richtig sei, so seine Auffassung, „dass für den Anmiet- und Gelegenheitsverkehr keinerlei Marketingaufwendungen entstehen.“ Doch ob für den Marketingaufwand Kosten entstehen, ist hier nicht die Frage. Uns liegt Recherchematerial vor, das u.a. Busse zeigt, die mit dem Aufkleber „Ausflug geplant – Bus mieten“ durch Eisenach fahren.

 

In seinem Schreiben beanstandet der VUW-Vorstand zudem, dass die von der Redaktion recherchierten Umsätze nicht korrekt seien und „mittlerweile am Nullniveau liegen“. Doch wie bereits oben ausgeführt, sprechen die Wartburgmobil-eigenen Zahlen eine andere Sprache. Von Nullniveau kann da keine Rede sein. Des Weiteren erklärt Schauerte, dass der „Umsatz der GuV-Positionen aus mehreren Unterpunkten bestehen und nicht allein aus Anmiet- und Gelegenheitsverkehr. Wer sich faktisch auskennt, wird schnell feststellen, dass es faktisch quasi unmöglich ist, mit einem damals noch aktiven Reisebus 600.000 Euro zu erwirtschaften.“ Das mit den Unterpunkten mag ja sein, aber im Wirtschaftsplan ist die Rede von „Gelegenheitsverkehr“. Und dass man mit einem einzigen Reisebus keine 600.000 Euro erwirtschaften kann, ist ebenfalls klar. Aber dann stellt sich die Frage, mit welchen Fahrzeugen wird denn dieser Umsatz generiert? Angebote für Ausflugsfahrten wurden nachweislich (der Redaktion liegen diese vor) im Jahr 2021 noch erstellt. Da sind wir wieder bei den Hochbodenbussen, die bei einer kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts (gkAöR) entgegen der Behauptung von Horst Schauerte sehr wohl aus Steuermitteln finanziert werden. Das hat nichts mit einer expliziten Förderung zu tun. In unserem vorausgegangenen Beitrag ist in keiner Weise die Rede von förderfähigen Hochbodenbussen, wie der VUW-Vorstand in seinem Schreiben behauptet.

 

Des Weiteren betont Schauerte in seinem Schreiben an die Redaktion, dass eine saubere Trennungsrechnung nach EU VO 1370/2007 zwischen Linien- und Anmietverehr fehlen würde, nicht der Wahrheit entspreche, weil Wartburgmobil eine Spartenrechnung durchführe. Eine Spartenrechnung ist aber keine Trennungsrechnung.

 

Fakt ist, dass die Durchführung des gewerblichen Gelegenheits- und Anmietverkehrs kein Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge ist. Warum greifen also kommunale Verkehrsunternehmen in die Wirtschaftskreisläufe ein und treten damit in Konkurrenz zu privaten Unternehmen? Die Durchführung des Gelegenheits- und Anmietverkehrs ist nach dem Personenbeförderungsgesetz eine wirtschaftliche Betätigung, die von privaten Unternehmen mit Absicht der Gewinnerzielung erbracht wird.

 

Bus-Chaos im
Kreis Mayen-Koblenz

 

Seit Mitte Dezember 2021 herrscht im Kreis Mayen-Koblenz Chaos im Schulbusverkehr. Dieses Beispiel zeigt wieder einmal deutlich, dass die EU-Vergabepraxis und die damit einhergehende „Geiz-ist-geil-Mentalität“, also das billigste Angebot macht das Rennen, zum Scheitern verurteilt ist. Seitdem der Verkehrsverbund Rhein-Mosel (VRM), eine Tochter des französischen Verkehrsunternehmen Transdev, insgesamt 76 Buslinien übernommen hat, spielen sich Medienberichten zufolge dramatische Szenen im Schulbusverkehr ab. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) berichtet von Bussen, die im Nirgendwo enden, Fahrer ohne Ortskenntnis, geschlossene Schranken, die umfahren werden. Zudem bestätigt die Polizei vermehrt Unfälle, bei denen Schulbusse involviert sind.

 

„Das Bus-Chaos im Kreis Mayen-Koblenz ist peinlich für alle – für das Unternehmen Transdev und auch für die Beschäftigten. Busfahrer stehen in der Kritik und müssen das Versagen der Unternehmensführung ausbaden“, heißt es in einer EVG-Erklärung. „Wir lassen uns das Berufsbild der Busfahrenden nicht durch Dilettantismus und Sparwahn kaputtmachen. Der ÖPNV ist kein Spielfeld für Experimente. Er wird nur dann ein Motor für die Verkehrswende sein, wenn er verlässlich ist und das Vertrauen der Menschen hat“, so die EVG weiter.

 

Medienberichten zufolge lasse der Landkreis Mayen-Koblenz über einen Rechtsanwalt nun prüfen, ob man aus den Verträgen mit Transdev rauskommt. Zudem habe der Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz, der für die Sicherheit im Personennahverkehr zuständig ist, ein Bußgeldverfahren eingeleitet.