Dabei ging es u.a. auch um die Verteilung der vom Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer zugesagten staatlichen Hilfe in Höhe von 170 Millionen Euro. Nachdem die Zeitung erschienen war, erhielten wir Zuschriften und Anrufe aus der Busbranche. Es gab Zustimmung, aber auch Kritik an dem Artikel.

Eine differenzierte Meinung zum Thema „Verbände“ hat z.B. Erhard Kiesel, geschäftsführender Gesellschafter von Schlienz-Tours sowie Geschäftsführer von Schlienz Touristik: Kiesel beanstandet, dass man in der Krise sehr schnell dazu neige, einen Buhmann auszumachen, statt sein eigenes Handeln zu reflektieren und sich selbst zu hinterfragen. „Wie viel hat man selber zu der Situation beigetragen?“, diese Frage solle man sich zunächst stellen, bevor man mit dem Finger auf andere zeige, kritisiert er Unternehmerkollegen. Es sei einfacher, sich als Busunternehmer zurückzulehnen und von den Verbänden zu erwarten, dass sie alles regeln. Doch „in Zeiten, in denen es einem gut geht, will man von ihnen nichts wissen“, bemängelt Kiesel.

Der Schlienz-Chef unterteilt die Busbranche in aktive und passive Unternehmer. „Es gibt Unternehmer, die etwas unternehmen und es gibt Unterlasser, die eigentlich Unternehmer sein sollten. Während der Unternehmer Dinge selbst  anpackt, fleißig ist und etwas bewegt“, so Kiesel weiter, lehne sich der Unterlasser zurück und warte ab, dass ihm geholfen werde. Gemäß dem Ausspruch des italienischen Dichters und Politikers Dante Alighieri: „Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie kräftig an und handelt.“

Erhard Kiesel ist der Auffassung, dass aber gerade die fleißigen Unternehmer, die ihre Hausaufgaben gemacht haben, jetzt in der Krise für ihre Bemühungen bestraft werden. „Diejenigen, die den Kunden neue, moderne Fahrzeuge geboten haben und damit auch der Forderung nachkamen, umweltfreundliche Fahrzeuge in den Verkehr zu bringen, haben jetzt das Nachsehen“, führt er aus. Die staatlichen Hilfen orientierten sich nicht an der Wirtschaftsleistung der Unternehmen, „die sie in der Vergangenheit dem Allgemeinwohl in Form von Steuern haben zukommen lassen“, betont Kiesel. Vielmehr werde jetzt wohl auch den zuvor wirtschaftlich Notleidenden geholfen.

Das Unternehmen Schlienz ist in allen Bereichen der Mobilität, außer im Fernbusbereich, aktiv. Mischbetriebe wie Schlienz mit einem großen Anteil Linienverkehr haben es schwer, Hilfen abzurufen, obwohl auch die Reisebusflotte von Erhard Kiesel still stand. Denn selbst bei den Überbrückungshilfen, die im Konjunkturpaket II beschlossen wurden, ist der Umsatzrückgang entscheidend. Während im  Reisegeschäft bei den Hilfen der Nettoumsatz zugrunde gelegt werde – Stichwort Margenbesteuerung – werde im Linien-, Behinderten- und sonstigen Shuttleverkehren der Bruttoumsatz abgefragt. Dadurch könne der eigentliche Umsatzrückgang nicht dargelegt werden. Finanzielle Hilfe vom Staat bekommt letztlich derjenige, der einen Umsatzrückgang von mindestens 60 Prozent vorweisen kann. Mit seinem Mischbetrieb geht Erhard Kiesel höchstwahrscheinlich leer aus. Folglich: „Der Kollege, der die Füße auf den Tisch gelegt, sich zurückgelehnt, seinen Laden zugesperrt und nichts unternommen hat, hat jetzt einen größeren Umsatzrückgang. Und dafür soll er jetzt belohnt werden? Da lohnt sich auch mal darüber nachzudenken, ob das denn richtig ist. Ich mache ein großes Fragezeichen dahinter“, gibt Kiesel zu Bedenken.

Prima Klima im Bus: Hersteller sind jetzt gefragt

Ein weiteres Thema, das die Reisebusunternehmer in der Corona-Krise ordentlich auf Trab gehalten hat, ist die Klimatisierung der Reisebusse. Während Fluggesellschaften und die Deutsche Bahn mit stolz geschwellter Brust und voller Begeisterung die Qualität ihrer Belüftungssysteme öffentlichkeitswirksam anpriesen, hielt sich die Busindustrie diesbezüglich auffallend bedeckt. Warum diese Zurückhaltung? Ich sprach darüber u.a. mit Horst Bottenschein, Geschäftsführer von Bottenschein Reisen. „Es ist uns klar, dass die Frischluftklimaanlagen in unseren Reisebussen hervorragend sind, aber warum unterstützt uns eigentlich kein Hersteller dabei mit vernünftigen Stellungnahmen oder PR-Aktionen?“, wundert er sich. Die Aufklärungsarbeit fehle an dieser Stelle gänzlich. Auch von Politikern werde nur der Flieger als Paradebeispiel genannt. Dabei handele es sich in den Flugzeugen mittlerweile um Umluft- und nicht wie im Reisebus um Frischluftanlagen, erklärt Bottenschein. Skurril findet er auch, dass man in jedem Lokal – auch ohne Klimaanlage – ohne Maske sitzen darf, aber im Reisebus, wo alle zwei Minuten die komplette Luft ausgetauscht werde, die Leute alternativlos eine Maske tragen müssen.

Die Frage, warum die Bushersteller in Sachen Klimaanlage bisher nichts Medienwirksames unternommen haben, stellte ich Evobus und MAN. Von Evobus kam lediglich eine Erklärung zur Funktionsweise der Klimaanlagen in Reisebussen des Unternehmens.

MAN antwortete: „Wir bei MAN Truck & Bus beschäftigen uns intensiv mit diesem wichtigen Thema und haben in einer Pressemeldung am 20. Mai 2020 Handlungsempfehlungen für Busbetreiber und -fahrer veröffentlicht. Darüber hinaus sind wir in intensiven Gesprächen mit unseren Kunden und Branchenverbänden, wie dem Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO).“ In  Zusammenarbeit mit dem BDO beispielsweise engagiere sich MAN als Teil der Arbeitsgruppe „BDO-Expertenrunde Klimaanlage“.

Die Arbeitsgruppe arbeite an unterstützenden Kommunikationsmitteln für Busunternehmer, die diese als Informationen für Fahrgäste verwenden können. Dazu habe der Bushersteller dem BDO auch Unterlagen zur Verfügung gestellt, die die Funktionsweise der Klimasysteme in MAN-Reisebussen detailliert erläutern.