Not macht ja bekanntlich erfinderisch, vor allem wenn es um Geld geht. Große Not scheint zurzeit bei manchen Reiserücktrittskostenversicherern zu herrschen, die mittels Inkassofirmen Jagd auf Reiseunternehmen machen. Im Fokus der Inkassofirmen stehen Stornogebühren beim Reiserücktritt – eine neue Geldquelle. Dabei nehmen sie, was sie kriegen können. Aktuell betrifft es wohl vor allem große Touristikveranstalter, bei denen viele Storno-Fälle vorliegen. Aber auch Busreiseveranstalter sind vermehrt ins Visier geraten. Sie werden von Inkassounternehmen per Post angeschrieben und aufgefordert, die Stornokosten zurückzuzahlen, die zuvor nach Absage der Teilnahme von Reisegästen bezahlt worden sind. Busverbände rufen deshalb zu äußerster Vorsicht auf und empfehlen, dringend juristischen Rat einzuholen, wenn Busunternehmen eine solche Zahlungsaufforderung erhalten. Denn die Rechtslage dazu sei noch unklar, da es keine höchstrichterliche Entscheidung zu diesen Fällen gibt. Mittlerweile sind solche Ereignisse aus mehreren Bundesländern bekannt. Ein Busunternehmen aus Norddeutschland bspw. hat Post von einer Anwaltskanzlei in Österreich erhalten. Das Unternehmen wurde aufgefordert, im Auftrag eines deutschen Reiseversicherers, die Stornokosten, die der Busunternehmer gegenüber einem Kunden geltend gemacht hat, zurückzuzahlen, da diese nach Auffassung des Versicherers ungerechtfertigt gewesen seien. „Es werden Gründe angeführt, die haarsträubend und nicht nachvollziehbar sind“, erklärte mir Michael Kaiser, Geschäftsführer des Gesamtverbands Verkehrsgewerbe Niedersachsen Fachvereinigung Omnibus und Touristik, auf meine Anfrage hin. Zum Beispiel werde behauptet, es wären keine AGBs vereinbart gewesen und der Busunternehmer solle doch bitte nachweisen, dass so hohe Stornokosten überhaupt entstanden seien. Die Vorgehensweise von Versicherer und Anwaltskanzlei entzieht sich jeglicher Rechtsgrundlage“, so Kaiser weiter.

Auch Yvonne Hüneburg, stellv. Geschäftsführerin des Verbands Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer (WBO), bestätigte mir gegenüber, dass auch im Süden ein paar Fälle bekannt geworden sind, in denen Inkassounternehmen auf Busreiseveranstalter losgelassen wurden. In ihren Standardschreiben würden diese versuchen, mit ein paar Paragrafen Eindruck zu machen. Zu lesen sei z.B.: „Schauen Sie nochmal genauer hin und rechnen Sie nach. Sollten Sie auf einen geringeren Betrag kommen, der Ihnen als Schaden entstanden ist, dann überweisen Sie uns bitte den Differenzbetrag.“ „Es zeichnet sich ab, dass da noch einiges auf die Busunternehmen zukommen wird“, vermutet Hüneburg. Die Situation könne man derzeit noch nicht einschätzen. Sie rät den Busunternehmern so genau wie möglich hinzuschauen und zu versuchen, die Reise möglichst konkret und passend einer Stornostaffel zuzuordnen. Man solle so genau wie möglich die Stornopauschalen ansetzen, um Unstimmigkeiten zu vermeiden.

Busfeindliche Regelung
bedroht die Bustouristik

Wenn man sich anhört, was die Politiker auf EU-Ebene so alles verzapfen, schlägt man oft die Hände über dem Kopf zusammen. Es würde nicht schaden, wenn wieder mehr Praxisbezug in die Politik Einzug halten würde, dann würden wahrscheinlich auch bessere Entscheidungen getroffen werden. Denn diese werden oft von Menschen getroffen, die keine Ahnung von der Materie haben. Das beweist auch der Vorstoß des EU-Parlaments, im Rahmen des Mobility Packages die Regelungen zur Wochenruhezeiten zu verschärfen, so, dass der Bus wieder einmal mit dem Güterverkehr in einen Topf geworfen wird. „Das EU-Parlament hat eine busfeindliche Regelung beschlossen“, teilte vor Kurzem der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO) mit. Nach den Plänen der EU-Kommission und dem Beschluss des EU-Parlaments vom 04. April 2019 soll die wöchentliche Ruhezeit künftig innerhalb eines Zeitraums von vier aufeinanderfolgenden Wochen flexibler gehandhabt werden können, indem zwei reduzierte wöchentliche Ruhezeiten und zwei regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten in beliebiger Reihenfolge eingelegt werden können. Der Ausgleich für eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit (also die Nachholung der 21h (45-24=21) muss dann zwingend zusammen mit einer regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit innerhalb von drei Wochen erfolgen. Das ist fatal für die Bustouristik. Denn nach der neuen Regelung müssten künftig sehr lange Ruhezeiten von bis zu 87 Stunden en bloc eingelegt werden. Das zerschlägt die ganzen Muster der Fahrten, die nach der aktuellen Rechtslage konzipiert sind und verschlechtert die betrieblichen Abläufe in der Bustouristik. Nach der aktuellen Rechtslage kann der Ausgleich für eine reduzierte Wochenruhezeit an eine tägliche Ruhezeit von mindestens neun Stunden angehängt und damit in eine bestehende Reise integriert werden. Nach der von Kommission und Parlament favorisierten Regelung wäre dies nicht mehr möglich und ließe sich nicht mehr innerhalb einer Reise abbilden. Jetzt sind die Busunternehmer gefordert, zu handeln und Druck auf das Bundesverkehrsministerium auszuüben, damit dieses sich im EU-Rat stark macht für die Branche.