Laut diesem Beschluss dürfen Bürger aus Orten mit sehr hohen Corona-Infektionszahlen bei Reisen innerhalb von Deutschland nur dann beherbergt werden, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test vorlegen können. „Das ist ein hübsch angezogenes Reiseverbot“, sagt Alexandra Berresheim, Reiseverkehrskauffrau bei HIN-Touristik & Reisebüro Növermann in Mettmann (NRW), in einem Gespräch mit dem Bus Blickpunkt. „Das Beherbergungsverbot ist mitnichten durchdacht und trifft bundesweit die ohnehin schon gebeutelte Tourismusbranche ins Mark“, bringt es die Touristikerin auf den Punkt. „Das Deutschlandgeschäft war noch das Einzige, was uns blieb – ein Lichtstrahl am Horizont, wenn auch ein kleiner. Doch das hat man uns jetzt auch weggenommen“, beklagt sie.

Viele Menschen hätten sich – auch auf Empfehlung des Bundesgesundheitsministers Spahn – in den Ferien für einen Urlaub in Deutschland entschieden. Berresheim mahnt an, dass sich mit dieser neuen Regelung „die ohnehin sehr zurückhaltende Buchungslage für Reisebüros, Hotels und Busunternehmen zu einem absoluten Fiasko“ entwickele. Sie kritisiert, dass sich die Politiker über die Umsetzung dieses Verbots keinerlei Gedanken gemacht haben und veranschaulicht die Problematik anhand des Beispiels Bayern. Denn für den kommenden Montag (19. Okt.) stehen zwei Gruppenreisen in den Freistaat an. So berichtet Berresheim, dass durch die 48-Stunden-Regel für Gruppen aus NRW montags keine Anreisen in Bayern mehr möglich seien, da der geforderte Coronatest am Freitag gemacht werden müsste. Sie skizziert die absurde Situation folgendermaßen: „Reise ich am Montagmorgen mit einem Reisebus aus NRW an, kann ich es vielleicht noch schaffen mit negativem Test in den Bus zu steigen, komme aber in Bayern an und bin über die 48 Stunden drüber. Also, kann ich wieder unverrichteter Dinge nach Hause fahren?! Vor Ort soll dann der Hotelier kontrollieren, ob der Coronatest vorliegt? Was kann der, was ein Fahrer eines touristischen Busses nicht kann? Oder glaubt irgendwer, es ist in NRW von Interesse, gegebenenfalls infizierte Menschen in einen Reisebus mit strengem Hygiene-Konzept einsteigen zu lassen?“

Berresheim geht nicht davon aus, dass dieses Beherbergungsverbot gekippt wird. Deshalb fordert sie eine Anpassung. „Ansonsten ist es quasi ein Berufsverbot für Hotellerie und Touristik, welches nur nicht so genannt wird, weil damit Haftungen und Schadensersatz einfach auf die Unternehmen abgewälzt werden“, sagt sie.

Axel Blankennagel: „Unkluge politische Handlungsweise“

Auch Axel Blankennagel (Foto: Mitte), Geschäftsführer von Rheingold Reisen in Wuppertal, ist verärgert. „Wir hatten uns gerade mühsam wieder an die Kunden herangearbeitet und die ersten zarten Pflänzchen an Aufträgen erhalten. Binnen 72 Stunden haben wir alle Aufträge wieder stornieren müssen“, sagt er fassungslos. Beinahe in Echtzeit hätten die Kunden ihre Aufträge storniert.

Axel Blankennagel (Mitte) und seine Söhne Tim (l.) und Jörn (r.)

Blankennagel hat sich zwar aus dem Reisegeschäft zurückgezogen, aber im Anmietgeschäft ist er nach wie vor erfolgreich tätig. Firmen- und Messetransfers, Schul- und Kindergartenausflüge, Behindertenfahrten etc. gehören zu seinem Portfolio. Doch momentan geht gar nichts mehr. Der Anmietverkehr liegt brach. „Dieser zweite Verlust im Anmietverkehr ist durch eine ganz unkluge politische Handlungsweise entstanden“, erklärt der Busunternehmer und meint damit das Beherbergungsverbot. „Wir haben jetzt nach dem Lockdown einen zweiten Zusammenbruch erlebt“, verdeutlicht Blankennagel.

„Die Menschen reagieren mittlerweile übersensibel“, erzählt er. Jede Ankündigung löse eine absolute Panik aus. „Das finde ich sehr bedauerlich für unsere Branche – sehr dramatisch“, beklagt er. Dabei sei die Auftragslage in den vergangenen Wochen vielversprechend gewesen. Man habe sich alles mühsam erarbeitet, in Desinfektionsmittel, Masken, etc. investiert. „Jetzt ist alles futsch!“

Die jetzige Lage sei dem Kunden nicht mehr zu vermitteln. „Mich ärgert es für die Branche, für mein Nebengeschäft. Und es ärgert mich auch, dass ich demnächst einen Reisebus für 300.000 Euro abnehmen muss, für den ich keine Verwendung habe“, so Blankennagel weiter. Was den Anmietverkehr angeht, rechnet er mit einer Erholung nicht vor 2022. Doch die große Katastrophe sehe er im kommenden Jahr auf die Branche zurollen – „wenn das Insolvenzrecht nicht mehr aufgeweicht ist“. Der Unternehmer könne sich nur selber helfen, „indem er Geschäfte macht“. Doch dazu fehle ihm momentan jegliche Grundlage, weil man nicht zulasse, dass der Unternehmer auch unternehmerisch tätig ist.