Jetzt habe er mal nach seinem Geld geschaut und nichts sei da. Der Chef habe telefonisch erklärt, er werde auch nichts bekommen. „Kann das sein?“ wurden wir gefragt.

Ja, das kann sein und Busunternehmen empfehlen wir in vergleichbaren Situationen auch dringend, tatsächlich keine Entgeltfortzahlung zu leisten. Wir empfehlen aber auch, die Beschäftigten frühzeitig auf die Sach- und Rechtslage hinzuweisen, um eventuelle Konflikte klein zu halten. Was ist der Hintergrund? Sind Arbeitnehmer (m/w/d) unverschuldet arbeitsunfähig, haben sie grundsätzlich für die Dauer von sechs Wochen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Das Ganze ist im Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) geregelt. Bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung gilt das so genannte modifizierte Lohnausfallprinzip. Etwas vereinfacht ausgedrückt besagt das im Wesentlichen, dass Arbeitnehmer das erhalten, was sie ohne Erkrankung erhalten hätten.


Das klingt im ersten Moment gut und ist auch richtig gut, jedoch hat das Prinzip auch eine Kehrseite. Arbeitnehmer erhalten nämlich keine Entgeltfortzahlung, wenn sie ohne Erkrankung auch keinen Anspruch auf Arbeitsvergütung hätten. Kranke Arbeitnehmer sollen nicht besser stehen als gesunde Arbeitnehmer. Der Entgeltfortzahlungsanspruch setzt also einen Leistungswillen voraus, ohne Erkrankung eigentlich arbeiten zu wollen. Der junge Mann, der in unserer Kanzlei erschien, hatte jedoch überhaupt nicht vor, zu arbeiten.


Der zu fordernde Leistungswille erstreckt sich nämlich nicht nur auf die tatsächliche Arbeitsleistung, sondern auch auf die Bereitschaft, die Arbeitsleistung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben erbringen zu wollen. Wir hatten vor längerer Zeit an der Stelle einmal über einen Fahrer berichtet, der sich weigerte, sein Hörgerät beim Fahren zu tragen. Was wollen Sie mit so einem Fahrer? Im vorliegenden Fall gilt nichts anderes. Ein Fahrer, der sich weigert, gesetzliche oder arbeitgeberseitig angeordnete Arbeitsschutzmaßnahmen zu befolgen, besitzt nicht den erforderlichen Leistungswillen, was beispielsweise das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz weit vor Corona bereits bestätigte.