Trifft das tatsächlich zu? Das erklärt Jürgen Wolf vom Ingenieurbüro Wolf und Fachabteilungsleiter Kraftfahrzeugtechnik und Verkehr im Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger Landesverband Hessen e.V. im Interview.

Herr Wolf, Elektrofahrzeuge stehen zunehmend in der Kritik, dass sie leicht brennen und die Brände für Feuerwehrleute nahezu unlöschbar sind. Aktuell sorgte der Großbrand im Busdepot der Stuttgarter SSB für Schlagzeilen und ließ die Busbranche aufhorchen. Geht von Elektrobussen tatsächlich eine größere Brandgefahr aus?
Gemäß Aussagen einer großen Versicherungsgesellschaft im Rahmen einer Weiterbildungsveranstaltung sollen heute elektrische Antriebe im Vergleich nicht unsicherer sein als konventionelle Antriebe. Die Brandgefahr besteht bei Verbrennern (Diesel- und Gasbussen) ebenso wie bei Elektrofahrzeugen. Kritisch ist allerdings, dass die Umstellung von „Verbrennern“ auf Elektrofahrzeuge zu schnell realisiert wird, obwohl die notwendige Infrastruktur noch nicht ausreichend und vollständig ausgebaut ist. Beim Vergleich der Brandgefahren zwischen diesel- und elektrobetriebenem Kraftomnibus (KOM) ist insbesondere der Zeitpunkt des Brandausbruchs zu betrachten. Die größte Brandgefahr beim dieselbetriebenen KOM besteht in der Regel während des Betriebs und des anschließenden Parkvorganges, solange das Fahrzeug noch heiß ist, d.h. mit zunehmender Standzeit verringert sich beim dieselbetriebenen KOM die Brandgefahr.

Und bei E-Bussen?
Bei elektrisch betriebenen KOM verhält sich die Gefahr eines Brandeintritts etwas anders. Ein elektrisch betriebener KOM ist insbesondere während des Landevorganges besonders stark gefährdet, in Brand zu geraten. Dies liegt insbesondere an der Ladezeit; je schneller ein KOM geladen wird, umso höhere Ströme fließen und umso wärmer wird das gesamte System und entsprechend schneller kann ein Busbrand aufgrund des Ladevorganges entstehen.
Betrachtet man die Busdepots, die in den vergangenen Jahren abgebrannt sind, unabhängig vom Antriebssystem der Fahrzeuge, dann stellt man fest, dass es sich bei allen Depots um Abstellhallen handelt, in denen eine große Anzahl von Kraftomnibussen mit sehr geringem Abstand zueinander, untergebracht waren. Bereits aufgrund der baulichen Gegebenheiten in Busdepots besteht für alle Energiearten (Diesel, Gas, Elektro), die große Gefahr, sobald es zu einem Busbrand kommt, dass durch die hohe Hitzeentwicklung und Strahlungswärme, die daneben abgestellten Fahrzeuge ebenfalls in Brand geraten.

Wie lautet die Lösung des Problems?
Wichtig ist nun, dass umfangreiche Weiterentwicklungen und Forschungen hinsichtlich der Vermeidung und dem effektiven Löscheinsatz bei Busbränden betrieben werden. Dazu müssen die Elektroomnibusse so ausgestattet werden, dass frühzeitig ein Temperaturanstieg in den einzelnen Zellen der Batterien bewertet und entsprechende Maßnahmen automatisch eingeleitet werden. Dabei könnten Löschsysteme in die Batterien integriert werden, die z.B. bei bestimmten Temperaturanstiegen das System abschalten und ggf. Kühlmittel wie z.B. CO2 in die Batterien einblasen. Parallel dazu müssen alle Feuerwehren in Deutschland hinsichtlich des Umgangs mit Elektrofahrzeugen unterwiesen und ausgebildet werden. Dabei müssen auch neue Löschgeräte für die Feuerwehren beschafft werden. Somit kann abschließend festgestellt werden, dass von Elektrobussen keine größeren Brandgefahren als von Dieselomnibussen ausgehen.

Was löst die Brände bei Elektrofahrzeugen aus?
Elektrobrände entstehen meist beim Ladevorgang. Der Ladestrom ist bei vielen Elektrofahrzeugen bis zu 15 Mal so hoch, wie der Entnahmestrom. Dadurch sind die Brandgefahren beim Laden auch erheblich höher als beim Entladevorgang, der im Fahrbetrieb erfolgt.

Das heißt konkret?
Es sind unterschiedliche Ursachen zu betrachten, die Brände an Elektrofahrzeugen auslösen können. Durch Schwingungen im Fahrbetrieb können sich Kabelverbindungen lösen oder einzelne Stromkabel brechen. Dadurch steigen die Widerstände in den Stromleitungen an und die Stromleitungen erhitzen sich stark. Diese Erwärmung kann bis zum Glühen der Stromleitungen und Verschmoren der Isolationen führen. Letztendlich können sich daran angrenzende brennbare Materialien entzünden. Fehler in der Ladeinfrastruktur können ebenfalls zu einer Erhöhung der Widerstände und damit zu einem massiven Temperaturanstieg führen, auch diese Fehler können nachfolgend zum Busbrand führen. Ebenso können überhitzte oder beschädigte Ladekabel zu einem Busbrand während des Ladevorganges führen.
Aufgrund von mechanischen Beschädigungen von einzelnen Zellen in der Batterie kann es auch lange Zeit nach einem Schadenereignis noch zu Kurzschlüssen in der Batterie kommen, mit der Folge, dass ein Batteriebrand eintritt, der sich nachfolgend auf das gesamte Fahrzeug ausdehnt. Diese Beschädigungen können z.B. durch einen Unfall entstehen. Daher kann eine durch einen „Unfallschaden“ beschädigte Zelle auch erst Wochen oder Monate später zu einem Folgeschaden führen und dabei einen Busbrand auslösen.
Ein weiteres Problem stellt die Situation dar, dass nicht alle Batteriezellen ständig temperaturtechnisch überwacht werden. Dadurch können einzelne Batteriezellen überhitzen und nachfolgend eine Kettenreaktion auslösen, die zu einem Brand der Batterie führt. Auch beim Laden der Batterie werden heute noch nicht bei allen Herstellern alle Batteriezellen und Stromleitungen temperaturtechnisch überwacht und beim Überschreiten einer bestimmten Grenztemperatur der komplette Ladevorgang abgeschaltet. Letztendlich können geschädigte und defekte Relais zu Lichtbogenbildungen im Steuerstromkreis führen und einen Fahrzeugbrand auslösen.
Da heute noch nicht alle Bauteile, die im Zusammenhang mit dem Ladevorgang stehen, vollständig auf Überschreitung einer definierten Grenztemperatur überwacht werden, kann man vorsichtig die Aussage treffen, dass diese Systeme noch nicht vollständig für den Einsatz am Markt ausgereift sind.

Wie gefährlich ist ein Elektrobrand tatsächlich? Und inwiefern unterscheidet sich das Brandverhalten von E-Fahrzeugen im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren?
Ein Elektrobusbrand ist genauso gefährlich und giftig wie ein Brand eines konventionell angetriebenen Fahrzeuges. Es besteht jedoch beim Brand eines Elektrofahrzeugs die Problematik, dass derzeit die Batterie nicht einfach und schnell gekühlt werden kann. Da bei Pkws derzeit die Batterien üblicherweise im Bodenbereich verbaut sind, è besteht die Möglichkeit, den Pkw mit einer Seilwinde in einen Havarie-Container zu ziehen und diesen teilweise mit Wasser zu füllen. Dabei kühlt das Wasser, die überhitzte bzw. brennende Batterie. Aufgrund der Größe eines Kraftomnibusses gibt es heute noch keine vergleichbaren transportablen Löschbehälter am Markt. An vergleichbaren Systemen für Omnibusse muss aufgrund der notwendigen Größe noch entwickelt und geforscht werden.

Können Sie das weiter ausführen?
Es ist nicht auszuschließen, dass langfristig faltbare Systeme zum Einsatz kommen die um den Omnibus aufgestellt werden und die eine gezielte Kühlung der Batterien zulassen. Sicherlich werden auch Elektrobusbrände zukünftig besser und schneller gelöscht werden können. Vorstellbar wären beispielsweise definierte Löschwassereinspeisungen, die durch die Hersteller am Omnibus angebracht werden, in die die Feuerwehr Löschwasser einspeist, das direkt die Batterie kühlt und den Brand in der Batterie löscht. Werden z.B. die Batterien für Omnibusse im Bodenbereich verbaut, dann könnten möglicherweise die bereits heute für Pkw entwickelten hydraulischen Systeme verwendet werden, die einen „Fognail“ in die Batterie und anschließend Löschmittel hineindrücken. Abschließend kann die Aussage getroffen werden, dass es keinen Unterschied hinsichtlich der Gefährlichkeit des Brandverhaltens von Elektrofahrzeug zu Dieselfahrzeug gibt. Beim dieselbetriebenen Fahrzeug ist die Kühlung des brennenden Fahrzeuges einfacher. Wenn dieser gelöscht ist, besteht eine minimale Gefahr, dass dieser sich noch einmal entzündet. Bei elektrisch betriebenen KOMs besteht noch die große Gefahr, dass in den Batteriezellen weitere Reaktionen ablaufen und sich die Batterie später nochmals erwärmt und das Fahrzeug sich dadurch in den folgenden Tagen erneut entzündet.
Unabhängig von den Energieformen entstehen bei einem Brand von Fahrzeugen oder Omnibussen immer giftige Verbindungen, wie z.B. Dioxine und Furane, durch nicht korrekte Verbrennung der eingesetzten Kunststoffe- und Gummibauteile.

Warum ist das Löschen eines Elektrofahrzeugs wesentlich aufwendiger und komplizierter als bei einem Verbrenner? Worauf kommt es an?
Das Hauptproblem liegt darin, dass innerhalb der Batterie weiterhin chemische Reaktionen ablaufen und zusätzlich weiterhin Energie in Form von Strom abgegeben wird. Eingriffe in die chemischen Reaktionen der Batterie ist durch die Feuerwehr heute noch nicht zielführend möglich. Die einzige Möglichkeit besteht derzeit im Kühlen der Batterie. Die Batterien sind an eher schwer zugänglichen Bereichen angebracht, daher ist das Kühlen der Batterie durch die Feuerwehr eine schwierige Aufgabe. Den Feuerwehren fehlen noch Erfahrungen und gesicherte Vorgehensweisen, um einen Brand einer Lithium-Ionen-Batterie gefahrlos zu löschen. Es gibt derzeit vereinzelte Feuerwehren die über einen Havarie-Container verfügen, in den ein Pkw gezogen und dann dieser teilweise mit Wasser befüllt werden kann, so dass die Fahrzeugbatterie gekühlt werden kann. Ist dieser Container nicht vorhanden oder das Fahrzeug ist zu groß, wie es bei einem Omnibus oder Lkw der Fall ist, dann kann nur mit großen Wassermengen die Batterie gekühlt werden.
Erst wenn flächendeckend isolierte „Fognails“, hydraulische Systeme zum Einbringen von Löschlanzen, in die Fahrzeugbatterien oder Havarie-Container bereitstehen, wird die Feuerwehr Elektrofahrzeuge sicher löschen können. Dabei ist zu beachten, dass zusätzlich alle deutschen Feuerwehren mit den Besonderheiten von Lithium-Ionen-Batterien im Brandfall vertraut gemacht werden müssen. Beim Fahrzeug mit Verbrennungsmotor kann relativ einfach mit Wasser und Schaum der Brand unterbrochen werden und ein schneller und dauerhafter Löscheffekt erzielt werden. Dies funktioniert mit Lithium-Ionen-Batterie betriebenem Fahrzeug nicht, da in diesem Fall der Brand und die weitere Energiezufuhr vom „Treibstoff“, also der Batterie, ausgeht. Hier muss sehr lange weiter gekühlt werden und selbst nach Tagen können durch die in der Batterie weiterablaufenden Reaktionen, erneut ein Brand ausbrechen.

Welche Rolle spielt der Batterietyp in E-Bussen, was die Brandanfälligkeit angeht?
Bereits eine 12 Volt Pkw- oder 24 Volt Nutzfahrzeugbatterie stellt so viel Energie bereit, dass Isolationsprobleme zu einem Fahrzeugbrand führen können. Daher ist die Hochvolttechnik, unabhängig, ob man eine Feststoffbatterie oder eine Lithium-Ionen-Batterie betrachtet, eine weitere große Gefahrenquelle, da diese eine wesentlich höhere Energiemenge langfristig bereitstellt. Solange eine Batterie in sich chemisch reagiert und zusätzlich Energie in Form von Wärme und Strom abgibt, besteht eine große Gefahr hinsichtlich der Brandanfälligkeit eines Elektrobusses, da durch diese Energie die brennbaren Kunststoffe im Fahrzeug so weit aufgeheizt werden, bis diese sich selbst entzünden.

Wie sieht die Lage bei Hybridbussen oder anderen alternativ angetriebenen Fahrzeugen aus?
Hybridbusse beinhalten in der Regel zwei verschiedene Antriebssysteme, d.h. der Omnibus kann elektrisch und konventionell betrieben werden. Somit entstehen auch hier bei einem Busbrand die giftigen Dioxine und Furane. Zusätzlich ist die Schwierigkeit beim Kühlen der Batterien zu betrachten. Somit kann ein Hybridbus wie ein Elektrobus beim Löschvorgang betrachtet werden.
Betrachtet man alternativ hier einen mit Wasserstoff angetriebenen Omnibus, dann ist dieser in der Regel mit gasförmigem Wasserstoff als Primärenergie ausgestattet, der in einer Brennstoffzelle zu Strom umgewandelt wird. Dieser erzeugte Strom wird meist in einer Lithium-Ionen-Batterie zwischengespeichert und dann an die elektrischen Verbraucher abgegeben. Wenn es bei so einem Fahrzeug schadenbedingt zu einem Brand kommen sollte, dann entstehen beim Brand ebenfalls giftige Dioxine und Furane durch die im Omnibus verbauten Kunststoffbauteile. Als Zusatzgefahr ist dann der im Bereich von Überdruckentlastungssystemen verbrennende Wasserstoff zu betrachten, der nicht gelöscht, sondern nur gekühlt werden darf, um anschließende Explosionen von Wasserstoff Luftgemischen zu vermeiden.

Worauf muss man bei der Infrastruktur auf dem Betriebshof und im Gebäude achten, wenn man Elektrofahrzeuge anschafft?
Eine besondere Gefahrenquelle in einem heutigen Busdepot ist die Situation, dass die Omnibusse in sehr geringem Abstand ohne Brandwand zueinander abgestellt werden. Bei den konventionell angetriebenen Bussen kann ein größerer Brand bereits dadurch minimiert werden, indem der Bus nicht sofort nach Linienende ins Busdepot gefahren wird, sondern erst nach einer ausreichenden Abkühlzeit. Der elektrisch betriebene Omnibus muss während der Standzeit geladen werden. Der Ladevorgang stellt heute die größte Brandgefahr für Elektrofahrzeuge dar. Aus diesem Grund wäre es aus brandschutztechnischer Sicht sehr hilfreich, wenn die Omnibusse in einzelnen Boxen abgestellt würden, die im Notfall schnell wasserdicht verschließbar und je nach Brandverlauf mit Wasser befüllbar wären. Der Vorteil dieser Systeme liegt darin, dass bei einem Schadenfall nur ein Omnibus zerstört werden würde und dass mit geringen Löschwassermengen eine große Löschwirkung erzielt werden kann, da das Löschwasser aufgefangen wird und der weiteren Kühlung dient. Nachteil dieses Systems ist der sehr große Platzbedarf für neue Depots. Weiterhin ist zu überprüfen, dass die Ladeinfrastruktur dem notwendigen Ladestrom für die Omnibusse entspricht und die Stromleitungen nicht thermisch überlastet werden.

Haben Sie noch einen Tipp für unsere Leser?
Da sich die Elektromobilität derzeit noch in der Entwicklungsphase befindet, sollte man prüfen, ob die Beschaffung von neuen Elektrofahrzeugen zeitlich noch gestreckt werden kann, damit weiter entwickelte Fahrzeuge beschafft werden können. Weiterhin sollte man prüfen, ob als „Ausfallfahrzeuge“ nach wie vor dieselbetriebene Fahrzeuge vorgehalten werden können, damit bei einem eventuell größeren und längeren Stromausfall die Linien bedient werden können.
Aufgrund der politischen Entscheidung der vergangenen Jahre, die Atomkraftwerke abzuschalten und nachfolgend auch Kohlekraftwerke herunterzufahren, den benötigten Strom aus regenerativen Systemen zu beziehen, und zusätzlich den Verkehr zu elektrifizieren, muss man nicht nur als Ingenieur an der dauerhaften Netzsicherheit und der permanenten Stromversorgung zweifeln.

 Das Interview führte Askin Bulut