Für seine Zurückhaltung in Sachen Elektromobilität hat Daimler in der Vergangenheit viel Kritik geerntet und zum Teil für Verständnislosigkeit in der Busbranche gesorgt. Nun bringt Daimler Buses mit dem E-Citaro ein erstes vollelektrisches Busmodell auf den Markt.

Konkrete Pläne hat der Hersteller auch schon für die nächsten E-Stadtbusse. Ein Modell mit Brennstoffzelle als Range-Extender ist auch schon in der Entwicklung ebenso wie ein E-Citaro in Gelenkbusausführung.

Daimler wollte nicht warten, bis ein Elektrobus für alle Lebenslagen zur Verfügung steht, um dann erst damit auf den Markt gehen, so Daimler. „Wir glauben, das ist jetzt genau der richtige Startpunkt“, sagte Till Oberwörder, Chef von Daimler Buses. Die Kunden sollten wissen, wie der weitere Weg aussehe und damit auch Planungssicherheit bekommen. Daimler setzt bei seiner Elektrobus-Strategie auf schnelle Fortschritte in der Batterietechnik und auf die Brennstoffzelle. Mit einer Kombination aus beidem werde es in einigen Jahren dem Bushersteller gelingen, herkömmliche Stadtbusse mit Verbrennungsmotor nahezu vollständig zu ersetzen, war bei der Präsentation des E-Citaro am Dienstag (10. Juli) in Mainz zu hören. Das ist der erste komplett batteriebetriebene Stadtbus von Mercedes-Benz, der Ende des Jahres im Werk in Mannheim in Serie gehen soll. Auf der IAA wird er seine Weltpremiere feiern.

Till Oberwörder, Chef von Daimler Buses: „Der neue Mercedes-Benz E-Citaro ist der Auftakt für eine Innovationsoffensive zur Elektrifizierung des ÖPNV. Dabei bieten wir unseren Kunden mehr als nur ein Batteriekonzept, sondern ein komplettes E-Mobility System. Unser hauseigenes E-Mobility Consulting berät unseren Kunden auf dem Weg zur Elektromobilität.“ Plattform des neuen E-Busses ist der Citaro. Das Außendesign wurde zwar optisch angelehnt an den Bestseller aus dem Hause Mercedes-Benz, jedoch haben die Designer dem E-Citaro mit Elementen aus dem Future Bus eine futuristische Optik verpasst.

Zum Einstieg soll der E-Citaro laut Daimler rund 150 Kilometer schaffen (im Sommer und somit unter Volllast der Klimaanlage) – ohne Zwischenladung. Bei der Angabe dieses Werts orientiert sich Mercedes-Benz nach eigenen Angaben an ein Worst-Case-Szenario und daher am normierten Stadtfahrzyklus SORT 2. Zum Serienanlauf ist eine Ladung über Stecker vorgesehen. Hierfür verfügt der Stadtbus serienmäßig über einen Anschluss für Combo 2 Stecker. Ist zur Vergrößerung der Reichweite eine Zwischenladung gewünscht, kann der E-Citaro außerdem optional per Dachstromabnehmer aufgeladen werden.

Schritt für Schritt will Daimler die Reichweite von rund 150 Kilometern in den kommenden Jahren steigern. Dahinter steckt eine plausible Strategie mit modularem Ansatz: Die Batterietechnologie entwickelt sich rasant. Daher will Daimler zweigleisig fahren und bietet in Zukunft verschiedene Batteriekonzepte an. Zum Batterieportfolio des Herstellers gehört zum einen die Lithium-Ionen-Technologie, die Daimler vom Darmstädter Batteriesystemlieferanten Akasol bezieht. Verbaut sind in diesen Batterien Zellen von Samsung. Die Lithium-Ionen-Technologie soll stetig verbessert und dadurch die Batterieleistung deutlich gesteigert werden, so dass sich der E-Citaro dann für 50 Prozent (in der heutigen Version 30 Prozent) der für Stadtbusse möglichen Einsätze eignen wird, rechnete Daimler vor. Durch das modulare System ermöglicht der Hersteller seinen Kunden, die Batteriesysteme problemlos auszutauschen – ohne großen Aufwand.

Lithium-Polymer-Batterien (Feststoff-Batterien) ist dann der nächste Schritt, den Daimler anstrebt in Sachen Leistungssteigerung. Mit einem Umstieg auf diese Batterietechnologie könnte sich der E-Citaro dann für 70 Prozent der für Stadtbusse möglichen Einsätze eignen, so Daimler weiter. Das letzte Stück zu annähernd 100 Prozent soll dann eine zusätzlich eingebaute Brennstoffzelle bringen, die ebenfalls Strom erzeugt und damit die Reichweite erhöht.

Ausgestattet ist der neue Stromer mit Lithium-Ionen-Batterien mit einer Gesamtkapazität von bis zu 243 kWh. Die Batterien teilen sich in maximal zehn Module mit jeweils etwa 25 kWh. Neben zwei Batteriemodulen auf dem Fahrzeugdach gehören vier Batteriemodule im Heck zur Grundausstattung. Hinzu kommen, je nach Kundenwunsch, zwei oder vier weitere Batteriemodule auf dem Dach des E-Citaro. Mit minimal sechs bis maximal zehn Batteriemodulen könnten Verkehrsbetriebe laut Daimler ihre Einsatz- und Ladestrategie dem individuellen Bedarf anpassen.

200 Millionen Euro steckt Daimler Buses bis 2020 in die Weiterentwicklung des elektrischen Antriebs, aber auch in vernetztes und automatisiertes Fahren. Die Stuttgarter wollen Ende des Jahres mit der Serienfertigung des neuen E-Citaro beginnen und dann die ersten Busse ausliefern. Die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH wird der erste Kunde sein und die Fahrzeuge im Alltagsbetrieb erproben. Auch Hamburg und Berlin haben aber schon Busse bestellt. Als größtes Problem bei Elektrobussen gilt nicht das Fahren an sich, sondern vor allem die Klimatisierung des Innenraums: Heizung im Winter, Kühlung im Sommer, dazu das ständige Auf und Zu der Türen. Hier habe man es geschafft, den Energiebedarf im Vergleich zu einem mit Verbrennungsmotor angetriebenen Citaro-Bus um 40 Prozent zu senken, betonte Daimler.

Prinzipiell ließen sich auch die E-Citaros unterwegs nachladen und nicht nur im Depot, allerdings würde das für Städte und ihre Verkehrsbetriebe weitere Kosten für die Umrüstung von Haltestellen bedeuten – und Zeit. Daimler will darauf setzen, mit potenziellen Kunden vor dem Kauf gemeinsam die Anforderungen zu analysieren.