Worum geht’s? Wie der Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer (WBO) mitteilt, hat der Enzkreis am 11. Mai 2021 zusammen mit den Landkreisen Karlsruhe und Böblingen sowie der Stadt Pforzheim drei Vergabeverfahren mit einem Umfang von 2,3 Millionen Fahrplankilometer pro Jahr veröffentlicht. Den Vergabeunterlagen sei zu entnehmen, dass der aktuell vom Land veröffentlichte Baden-Württemberg-Index bewusst umgangen werde. Der vom Land mitentwickelte Baden-Württemberg-Index soll insbesondere die Bezahlung des Fahrpersonals über die lange Vertragslaufzeit (im konkreten Fall acht Jahre) nach Tarif gemäß Landestariftreuegesetz (LTMG-BaWü) sicherstellen. Tarifentwicklungen über einen Zeitraum von acht Jahren zu prognostizieren, sei selbst für den WBO eine Herausforderung. Daher wurde aus dem vom Landtag heraus beschlossenen Bündnis für den Mittelstand auch der Kostenindex für Baden-Württemberg (Baden-Württemberg-Index ÖPNV Straße) entwickelt. Dieser garantiert volle Kostenfortschreibung über den gesamten Vergabezeitraum hinweg.

Doch im aktuellen Vergabeverfahren werde die Kostenindexierung nach einem Bundestarif vorgenommen, der in Baden-Württemberg keinerlei Relevanz habe, ist der Verband verärgert: „Busunternehmer, Landtagsabgeordnete und Kreisräte in der Region haben im Vorfeld der Vergabe mehrfach auf den neuen Landesindex hingewiesen“, betont die stellvertretende WBO-Geschäftsführerin Yvonne Hüneburg. Auch der Verkehrsverbund Pforzheim-Enzkreis (VPE) soll sich explizit für die Anwendung des Baden-Württemberg-Index ausgesprochen haben – dieser sei aber nicht gehört worden. Für den WBO ist die Sache klar: Der Enzkreis boykottiert den Baden-Württemberg-Index. „Ein Unding“, kommentiert Hüneburg. Zumal Landesverkehrsminister Winfried Hermann sich öffentlich für den Baden-Württemberg-Index ÖPNV Straße starkmache.

Der WBO habe umgehend reagiert und diesen Umstand unmittelbar nach Veröffentlichung der Vergabeverfahren am 12. Mai gerügt und Abhilfe eingefordert – bislang ohne Konsequenz. „Für uns ist klar, dass sich die Verantwortlichen in der Verwaltung absichtlich gegen den Landesindex ausgesprochen haben“, meint Yvonne Hüneburg. Gründe sieht die stellvertretende WBO-Geschäftsführerin, die den Kostenfortschreibungsindex mitverhandelt hatte, in der Sparwut und dem mangelnden sozialen Verantwortungsbewusstsein der Aufgabenträger: „Die öffentliche Hand kauft Verkehrsleistungen ein und ist nicht bereit, den angemessenen Preis dafür zu bezahlen“, kritisiert sie.

Wenn die Vergabe so bestehen bleibe, dann sei Sozialdumping beim Fahrpersonal vorprogrammiert“, prophezeit Hüneburg. Noch sei Zeit, um die Vergabeunterlagen entsprechend abzuändern und die Indexierung durch den Baden-Württemberg-Index zu ersetzen; verbunden mit einer Verlängerung der Angebotsfrist. Doch Hüneburg bedauert, dass es dazu bislang schlicht „am guten Willen und an Verantwortungsbewusstsein fehlt.“