Bei der Verbändeanhörung zur Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie in deutsches Recht, die gestern im Bundesjustizministerium in Berlin stattfand, kritisierte der Hotelverband Deutschland (IHA) den Gesetzesentwurf als unangemessen und unverhältnismäßig.
„Auf die ohnehin schon überzogenen Vorgaben der EU-Richtlinie sattelt der Referentenentwurf noch drauf. So erklärt die Bundesregierung auch Einzelreiseleistungen wie Hotelbuchungen zu Pauschalreisen“, moniert Otto Lindner, Vorsitzender des Hotelverbandes. Auch der RDA und der DRV sehen beim Referentenentwurf einigen Nachholbedarf.
Der Gesetzentwurf, der das Regelwerk der gesamten Tourismuswirtschaft reformieren soll, enthalte zudem eine Fülle „schwammiger und schlicht unverständlicher Vorschriften". Selbst Tagesreisen mit einem Wert von mehr als 75 Euro gelten demnach als Pauschalreisen. „Wenn Gäste im Hotel vor Ort noch einen Tagesausflug dazu buchen, müssten sie demzufolge denselben bürokratischen Formalismus über sich ergehen lassen, als ob sie ihren Jahresurlaub erneut buchten. Dafür haben weder Gäste noch wir als Gastgeber Verständnis“, kritisiert Lindner.
Aufgrund der unklaren Rechtslage könne der Hotelier nicht einmal wissen, ob es sich bei seinem Angebot um eine Pauschalreise handele. Rechtstreitigkeiten, Bürokratie und Zusatzkosten seien unweigerlich vorprogrammiert. Demzufolge legt der IHA der Bundesregierung nahe, den Entwurf noch einmal grundlegend zu überarbeiten. Der Hotelverband ist dabei nicht der einzige Verband, der gegen die EU-Pauschalreiserichtlinie Sturm läuft.
RDA kritisiert Rechtslücken und Mehraufwand
Auch der RDA positioniert sich in einer Stellungnahme zum Referentenentwurf kritisch: Der RDA kritisiert in seiner Stellungnahme unter anderem, dass die EU-Richtlinie v. 25.11.2015 - 2015/2302/EU für Pauschalreisen ein Musterbeispiel für eine überschießende und zu weit konkretisierende Richtlinie darstellt: Statt sich auf die wesentlichen Bestimmungen zum Schutz des Reisenden und die dazu erforderlichen Schritte der Unternehmen zu beschränken, verliere sich die EU in der Richtlinie in überflüssigen Details.
„Das führt zu Überbürokratisierung und zum Wegfall möglicher Entbürokratisierungsmaßnahmen in den einzelnen Mitgliedstaaten", so Prof. Dr. Harald Bartl, Vorsitzender des Rechtsausschusses des RDA. „Leider lässt die EU-Richtlinie auch die erforderliche Klarheit und Richtungsweisung vermissen, was sich dann konsequent im Referentenentwurf fortsetzt. Die jetzige EU-Richtlinie enthält wiederum zahlreiche unklare und auszulegende Rechtsbegriffe, was zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit für mehrere Jahre führen wird. Zudem führt der jetzige Referentenentwurf zu einer erheblichen Mehrbelastung speziell kleinerer und mittlerer Unternehmen nicht nur als Reisevermittler, sondern auch als Veranstalter und deren Partnern, den Leistungsträgern."
DRV sieht Bevorteilung von „Schwarztouristikern"
In der Stellungnahme des DRV zum Entwurf der Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie in deutsches Recht kritisiert der Branchenverband auch die Bevorteilung der sogenannten. „Schwarztouristiker“ - etwa Schulen, Kirchen oder Vereine. Der DRV hält es im Sinne eines fairen Wettbewerbs für äußerst problematisch, wenn Schwarztouristik vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen wird. Wörtlich heißt es in der DRV-Stellungnahme: "Die Herausnahme ist nicht akzeptabel, da zum einen eine Reduzierung des Verbraucherschutzes erfolgt, zum anderen gewerblich tätige Reiseunternehmen benachteiligt werden. Es handelt sich dabei auch nicht um eine 'Petitesse'. Gemäß dem RDA vorliegendem Zahlenmaterial betrug der Anteil dieser Veranstalter am Gesamtmarkt 2001 schon ca. 10 Prozent. Die komplette Stellungnahme von Mathias Hirsch, Vorsitzende des DRV-Ausschusses Gruppenreisen, ist hier nachzulesen.